Kiel (idw) - Antikörper sind Eiweißstoffe im Dienst des Immunsystems,
die zur Abwehr von Krankheitserregern dienen. Im Labor künstlich hergestellte Antikörper, die bösartige
Zellen binden, sind bereits etablierter Bestandteil in der Behandlung von Tumorerkrankungen. Ein wichtiger Wirkmechanismus
besteht darin, spezialisierte Zellen des Immunsystems (sog. Natürliche Killerzellen und Makrophagen) zur Abwehr
von Tumorzellen heran zu ziehen. Die über den Antikörper an die Tumorzelle gebundenen Immunzellen sind
dann in der Lage, diese abzutöten. Inwieweit durch neuartige Antikörpervarianten zusätzliche im
Körper vorhandene Killerzellen (Granulozyten) gezielt zur Tumorzell-Abtötung herangezogen werden können,
untersucht jetzt die Arbeitsgruppe um Roland Repp und Matthias Peipp am Dr. Mildred-Scheel-Haus in Kiel. Ziel ist
es, antikörper-basierte Therapieansätze weiter zu entwickeln. Unterstützt wird diese Arbeit von
der Wilhelm Sander-Stiftung.
Zielgerichtete Therapien, die vornehmlich Tumorzellen attackieren und gesundes Gewebe verschonen stellen neuartige
potente Ansätze im Kampf gegen Tumorerkrankungen dar. Antikörper sind durch ihre hohe Bindegenauigkeit
definierter Zielstrukturen für einen solchen Einsatz ideal geeignet. Eine ganze Reihe an therapeutisch wirksamen
Antikörpern hat daher Eingang in den klinischen Alltag gefunden. Derartige Therapien sind in der Regel gut
verträglich, jedoch ist in der Zukunft eine Verbesserung der Effektivität wünschenswert. In den
letzten Jahren wurde in Tierexperimenten sowie durch Daten klinischer Studien im Menschen Einblick in die Wirkungsweise
therapeutischer Antikörper gewonnen. Das heranholen (rekrutieren) von spezialisierten Zellen des Immunsystems
über bestimmte Oberflächenmoleküle (sog. Fc- Rezeptoren) spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Die momentan in der Klinik zugelassenen Antikörper zielen bedingt durch ihr Konstruktionsprinzip und den damit
verbundenen biologischen Eigenschaften vor allem auf die Rekrutierung von Natürlichen Killerzellen und Makrophagen
ab. Um die Effektivität therapeutischer Antikörper zu erhöhen könnten deshalb Strategien erfolgreich
sein, die weitere geeignete Zelltypen an den Tumor rekrutieren. Dabei kommen neben T-Zellen vor allem spezialisierte
Fresszellen des Immunsystems (Granulozyten) in Frage. Dieser Zelltyp kommt in sehr großer Anzahl im Körper
vor und ist in der Lage hocheffizient antikörperabhängig Tumorzellen zu binden und abzutöten. Granulozyten
werden jedoch durch den überwiegenden Anteil der momentan klinisch eingesetzten Antikörper nicht oder
nur ungenügend aktiviert. In dem durch die Wilhelm Sander-Stiftung geförderten Projekt werden deshalb
neuartige antikörperabgeleitete Moleküle generiert, die besonders zur Rekrutierung von Granulozyten geeignet
sind. In Laborversuchen zeigen derartige Moleküle hochpotente Antitumoraktivität. Im Rahmen des Projekts
werden diese Moleküle auf ihre Aktivität gegen frisch isolierte Tumorzellen aus Patienten und in verschiedenen
Tier-Modellen untersucht. Langfristig können aus den gewonnenen Erkenntnissen möglicherweise neuartige
Therapieansätze abgeleitet werden. |