InformatikerInnen der Technischen Universität Wien entwickeln einen gemeinsamen, virtuellen
Datenraum, der die Kommunikation zwischen einzelnen Programmteilen vereinfacht
Wien (tu) - Von "Space Based Computing" ist die Rede, wenn in einem eigens dafür geschaffenen,
gemeinsamen, virtuellen Datenraum Systeme, Programme, Datenbanken, also einzelne Softwareteile koordiniert werden.
Gleichberechtigte Rechner, sogenannte Peer-to-Peer-Verbindungen, können in diesem Raum Daten von einem System
zum anderen austauschen und so effizienter miteinander kommunizieren. Dies geschieht in Echtzeit und erweist sich
gegenüber herkömmlichen "Client-Server-Architekturen" als weitaus unkomplizierter. "Vergleichbar
ist dieser gemeinsame Datenraum etwa mit einem Tisch, an dem alle TeilnehmerInnen sitzen und einsehen können,
welche Aktionen am Tisch getätigt werden. Im übertragenen Sinn heißt das, ich brauche nicht extra
eine Nachricht an alle TeilnehmerInnen zu schicken, wenn ich ein Glas verschiebe. Tritt ein Kommunikationspartner
erst später in den Raum, sieht er auch sofort was geschehen ist. Im alten 'Client-Server-Modell' müsste
man die Information für diesen Teilnehmer noch irgendwo aufheben", sagt Projektleiterin Eva Kühn
vom Institut für Computersprachen der TU Wien.
Das Nachrichtenschicken (message passing) gestaltet sich im "Space Based Computing" viel einfacher und
risikofreier. Jeder ist autonom und koordiniert sich selbst. Im Peer-to-Peer-Computing sind alle gleichberechtigt.
"Es ist der Beginn der Gleichberechtigung in der Kommunikation", meint Eva Kühn. Die Technologie,
die an ihrem Institut derzeit entwickelt wird, nennt sich "XVSM Space". Das steht für "extensible
virtual shared memory". Kühn: "Der gemeinsame Speicher liegt entweder bei einem oder mehreren der
verteilten Partner." Kühn und ihre MitarbeiterInnen wollen das XVSM-Modell weiterentwickeln und für
Firmen einsetzbar machen. Darüber hinaus soll es auch für das Internet adaptiert werden. Erste konkrete
Anwendungen und Implementierungen gibt es für eine Versicherungsfirma, deren mobile AußendienstmitarbeiterInnen
über einen "gemeinsamen Space" auf verwaltete Dokumente zugreifen und diese austauschen können.
Alle TeilnehmerInnen können einsehen, wer gerade woran arbeitet, wer wofür zuständig ist. Die Daten
werden in Echtzeit ausgetauscht und automatisch synchronisiert, wenn MitarbeiterInnen offline gehen.
"Unser Wunsch wäre es, noch mehr Kooperationen und Feedback von der Industrie zu bekommen. Die bereits
entwickelten Features sollen evaluiert werden. Daraus soll eine Sammlung von Infrastrukturbausteinen entstehen,
die wir gemeinsam mit IndustriepartnerInnen promoten möchten", so Kühn. Ein Beispiel ist das gemeinsam
mit der Firma Frequentis durchgeführte Forschungsprojekt FISN (Flight Information Sharing Network), das sich
mit dem für Kollaborations- und Koordinationszwecke notwendigen zuverlässigen Austausch von Informationen
zwischen komplexen, semantisch disparaten und geographisch verteilten Systemen aus der Air Traffic Management Domäne
befasst. XVSM ist außerdem eine Basis-Technologie im kürzlich an der Informatikfakultät der TU
Wien eingerichteten neuen strategischen Forschungsbereich "Komplexe Systeme". |