Columbus, das fortschrittliche orbitale Wissenschaftslabor
der ESA, ist am 07.02. in den Weltraum gestartet worden und befindet sich nun auf dem Weg zur ISS
Paris (esa) - Sein Start erfolgte an Bord des Raumtransporters „Atlantis“ der NASA um 20:45 Uhr MEZ
vom Kennedy Space Center in Cape Canaveral, Florida. Bei seiner Beförderung in die Erdumlaufbahn befindet
sich Columbus in den erfahrenen Händen einer siebenköpfigen Astronautenmannschaft, zu der auch zwei Mitglieder
des europäischen Astronautenkorps gehören: Léopold Eyharts aus Frankreich und Hans Schlegel aus
Deutschland.
Während Schlegel nach der 12-tägigen Shuttle-Mission wieder zur Erde zurückkehrt, wird Eyharts mehr
als zwei Monate auf der ISS bleiben, um die orbitale Einsatzerprobung des Columbus-Labors der ESA und seiner Versuchseinrichtungen
zu überwachen und eine Reihe von Experimenten durchzuführen.
Am Samstag, den 9. Februar um 18:23 Uhr MEZ wird das Space Shuttle „Atlantis“ an die ISS andocken, woraufhin das
Columbus-Modul am darauffolgenden Tag vom Roboterarm Canadarm-2 der Raumstation aus der Ladebucht des Raumtransporters
herausgehoben und an der Steuerbordseite des Harmony-Moduls (Verbindungsknoten Nr. 2) befestigt wird. Zwei Astronauten,
darunter Hans Schlegel, werden durch einen Außenbordeinsatz bei diesem Manöver Unterstützung leisten.
Sobald das Modul sicher angedockt ist, beginnt seine Einsatzerprobung unter der Verantwortung von Léopold
Eyharts, der Teil der ständigen ISS-Mannschaft wird. Innerhalb von Stunden werden die ersten wissenschaftlichen
Experimente an Bord von Columbus anlaufen.
Während der Andockphase von „Atlantis“ sind zwei weitere Außenbordeinsätze geplant, wozu der zweite
Ausstieg von Hans Schlegel zusammen mit einem NASA-Astronauten zur Installation wissenschaftlicher Außenbordversuchseinrichtungen
sowie von Handläufen am Columbus-Modul gehört.
Ein fortschrittliches Labor für orbitale Wissenschaftsexperimente
Das Columbus-Labor, eine Spitzenforschungseinrichtung, ist der wichtigste Beitrag Europas zur ISS. Nach seiner
Befestigung an dem orbitalen Außenposten wird dieses 7 Meter lange und 12,8 Tonnen schwere Modul den Astronauten
eine druckgeregelte Arbeitsumgebung zum Betrieb wissenschaftlicher Geräte und zur Durchführung von Versuchen
unter Schwerelosigkeit in einer breitgefächerten Palette von Bereichen wie Lebenswissenschaften, Humanphysiologie,
Biologie, Fluidphysik, Werkstoffwissenschaften, Technologie und Bildung bieten. An seiner Außenseite sind
darüber hinaus Einrichtungen für Experimente auf den Gebieten der Weltraumwissenschaften, Erdbeobachtung,
Werkstoffwissenschaften und fortschrittlichen Weltraumtechnologie angebracht.
Mit dem Start und Andocken von Columbus übernimmt die ESA auch Verantwortung für den Betrieb und die
Nutzung der ISS und ist damit berechtigt, ihre eigenen Astronauten als Mitglieder der ständigen Besatzung
für Langzeitmissionen zur ISS zu entsenden, wobei ihr Anteil an der Nutzungszeit den Investitionen Europas
in diese internationale Einrichtung entspricht.
Columbus führt 2,5 Tonnen wissenschaftliche Nutzlast mit, die aus fünf internen Nutzlastschränken
mit integrierten oder modularen Mehrnutzer-Forschungseinrichtungen bestehen: Biolab, das Fluidwissenschaftliche
Labor, die europäischen Physiologiemodule, der europäische Schubladenschrank und das europäische
Transportmodul. Zwei weitere Nutzlasten werden separat in der Ladebucht des Shuttle transportiert und anschließend
an der Außenseite von Columbus angebracht: das Sonnenobservatorium SOLAR und die europäische Einrichtung
für technologische Außenversuche. Weitere interne und externe Nutzlasten kommen zu einem späteren
Zeitpunkt hinzu.
Nach seinem Andocken an der ISS unterliegt die Überwachung und Steuerung des europäischen Weltraumlabors
dem Columbus-Kontrollzentrum der ESA, das sich in den Einrichtungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
(DLR) in Oberpfaffenhofen befindet und für die Einsatzerprobung und Koordinierung des wissenschaftlichen Betriebs
verantwortlich ist. Dieses spezialisierte Kontrollzentrum ist auch für die Verwaltung des europäischen
Bodenkommunikationsnetzes zuständig, das Verbindungen zu den amerikanischen und russischen Kontrollzentren
sowie zu anderen europäischen Kontroll- und Betriebszentren bereitstellt. In ganz Europa wurde ein Netz von
Nutzerunterstützungs- und Betriebszentren (USOC) eingerichtet, um als Nahtstelle zwischen den Forschern und
den wissenschaftlichen Nutzlasten an Bord von Columbus zu fungieren und es den Experimentatoren zu ermöglichen,
ihre Experimente zu überwachen und Echtzeitdaten über deren Ergebnisse zu erhalten.
Europäische Stationskomponenten
Columbus ist der größte Beitrag der ESA zur ISS, aber nicht der erste und auch nicht der letzte. Die
ESA hat bereits das Datenmanagementsystem für das russische Segment (DMS-R) sowie zahlreiche schon genutzte
Forschungseinrichtungen, etwa den Handschuhkasten für Schwerelosigkeitsforschung und die Gefriereinrichtung
bis -80 °C, bereitgestellt. Im Rahmen einer Tauschvereinbarung mit der NASA hat die ESA außerdem das
Verbindungsmodul „Harmony“ (Verbindungsknoten Nr. 2) geliefert, das auf dem letzten Shuttle-Flug im Oktober mitgeführt
wurde. Anfang März wird eine Ariane-5 das unbemannte Frachtschiff „Jules Verne“, das erste einer Reihe Automatischer
Transferfahrzeuge, die zur Versorgung der Station, aber auch zur Anhebung ihrer Bahnhöhe eingesetzt werden,
auf seine Reise zur ISS schicken. Weitere künftige europäische Beiträge sind der Europäische
Roboterarm, der Verbindungsknoten Nr. 3 und die Beobachtungskuppel.
„Der Start von Columbus markiert den Beginn einer neuen Ära. Auf diesen Moment in der europäischen bemannten
Raumfahrt und der mit dem Weltraum zusammenhängenden Wissenschaften haben wir lange gewartet“, freute sich
Daniel Sacotte, der Direktor der ESA für Programme für Bemannte Raumfahrt, Schwerelosigkeitsforschung
und Exploration. „1985 wurde erstmals beschlossen, Untersuchungen zu Columbus durchzuführen. Damals war das
Labor als Beitrag zum NASA-Raumstationsprojekt ‚Freedom‘ geplant. Die Welt veränderte sich, und die Station
wurde neu entworfen und entwickelte sich zu einem wirklich internationalen Programm. Die volle Entwicklung von
Columbus konnten wir vor zwölf Jahren in die Wege leiten. Heute ist Columbus Realität, ein Labor im Weltraum,
das mehr kann, als wir 1985 vorgeschlagen und sogar noch 1995 geplant hatten, da wir die Verzögerungen bei
der ISS-Montage für Verbesserungen unseres Entwurfs und unserer Ausrüstung genutzt haben. Columbus ist
nun ein Weltklasse-Raumlabor und bereit für zehn Jahre spannender wissenschaftlicher Experimente.“
„Wenn die Luke geöffnet wird und die Astronauten das Labor betreten, um seine wissenschaftlichen Nutzlasten
einzuschalten und zu überprüfen - das wird ein großer Tag für Europa, und dieser Tag steht
nun unmittelbar bevor“, sagte der Generaldirektor der ESA, Jean-Jacques Dordain. „Von den frühen Tagen unseres
Spacelab-Labors an Bord des Space Shuttle bis heute war es ein langer Weg. Mit Columbus und den demnächst
startenden ATV sind wir nicht mehr nur Passagiere, sondern vollwertige Partner. Erstmals wird eine europäisch
bemannte Einrichtung unter der Kontrolle eines europäischen Zentrums dauerhaft im All betrieben. Das Know-how,
das wir auf dem Weg dorthin erworben haben, wird bei der Vorbereitung der Zukunft der bemannten Raumfahrt in Erdumlaufbahnen
und darüber hinaus mit unseren internationalen Partnern von immenser Bedeutung sein. Ich möchte allen
Teams in der ESA und den industriellen Auftragnehmern in Europa zu diesem Erfolg gratulieren und den ESA-Mitgliedstaaten,
die trotz der zahlreichen Änderungen der ISS-Konfiguration über die Jahre das Vorhaben unterstützt
und somit der ESA die Möglichkeit gegeben haben, ein äußerst vertrauenswürdiger Partner bei
der ISS zu werden, meine Anerkennung aussprechen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich außerdem der NASA,
ihrem Administrator und all ihren an dieser außergewöhnlichen Leistung beteiligten Teams für ihre
Entschlossenheit Tribut zollen, bei ihrer schwierigen Aufgabe, dem Zusammenbau der Internationalen Raumstation,
an einem soliden Zeitplan festzuhalten.“
Das Space Shuttle „Atlantis“ soll am 16. Februar von der ISS ablegen und zwei Tage später in Florida landen.
Léopold Eyharts wird nicht mit den anderen Astronauten des Flugs STS-122 zur Erde zurückkehren, sondern
den Platz von NASA-Astronaut Dan Tani als Mitglied der 16. ständigen ISS-Bordmannschaft einnehmen. Während
seines Aufenthalts wird er die Einsatzerprobung von Columbus und die ersten Experimente in dem Labor fortsetzen.
Eyharts wird mit der gegenwärtig für den 11. März geplanten nächsten Shuttle-Mission, STS-123,
nach einem Aufenthalt von fast zwei Monaten zur Erde zurückfliegen.
Je nach den ISS-Missionsplanungen könnte Eyharts noch an Bord sein, wenn das ATV „Jules Verne“ mit einer ersten
Nachschublieferung - Güter, Treibstoff und Flüssigkeiten - für die Station andockt. Dies wird eine
weitere große Premiere für Europas Präsenz im Weltraum sein. |