Paris / Wien (esa) - Wenn 2012 Alphasat, Europas größter und mit zukunftsweisenden Schlüsseltechnologien
ausgestatteter Kommunikationssatellit in den geostationären Orbit befördert wird, befindet sich auch
ein System zur superschnellen Datenübertragung mittels Laserlicht an Bord. Es wird im Auftrag der ESA und
des DLR in Deutschland entwickelt.
Ein weltweites Problem: Die in allen Lebensbereichen gigantisch steigenden Datenmengen müssen in kürzester
Zeit verteilt und an das Ziel gebracht werden. Bisher gelang es den Ingenieuren durch höhere Funkfrequenzen
und den Einsatz neuer Elektroniksysteme die Bandbreite der Übertragungswege zwischen Erde und Satellit kontinuierlich
zu steigern. Dem sind jedoch aus physikalischen Gründen Grenzen gesetzt.
Höheres Tempo auf Datenautobahn
Der Schlüssel zur Lösung des anstehenden Problems könnte Laserlicht sein. Es hat den Vorteil, dass
die Frequenz, also die Schwingungszahl der Lichtwelle pro Zeiteinheit, wesentlich höher als bei Funkwellen
ist. Dementsprechend können mehr Informationen in der gleichen Zeit übertragen werden. Das Verfahren
hat jedoch momentan noch einen Nachteil: Es ist gegenüber Wolken und Schmutzpartikeln in der Atmosphäre
störempfindlich. Doch dieses Problem glauben die Experten in den nächsten Jahren lösen zu können.
Ein weiterer Vorteil dieser Übertragungsart besteht in der recht scharfen Bündelung des Laserstrahls.
Er hat bei der Fokussierung durch ein Teleskop mit 25 Zentimetern Durchmesser in 42 000 Kilometern Entfernung lediglich
einen Durchmesser von wenigen hundert Metern. Die ausgestrahlten Informationen kommen so nur im nahen Umfeld des
Empfängers an. Abhörmöglichkeiten sind damit stark eingeschränkt. Die Daten „rasen“ also über
die Datenautobahn nicht nur schneller, sondern auch sicherer. Außerdem ist ein geringerer Energieaufwand
nötig als bei Lösungen mit Funkwellen.
Erste Tests im Weltraum
Entsprechende Versuche mit Laserlicht werden bereits im Weltraum durchgeführt. Die Arbeiten auf europäischen,
japanischen und amerikanischen Satelliten sollen ab 2012 auf Alphasat, dem größten und modernsten europäischen
Kommunikationssatelliten mit einem wesentlich leistungsfähigeren System fortgeführt werden. Der sechs
Tonnen schwere Alphasat basiert auf Alphabus, Europas neuer Generation von Hochleistungsplattformen.
Das als Laser-Terminal (eng. laser communication terminal - LCT) bezeichnete Gerät wird eine der drei von
der ESA entwickelten Nutzlasten zur Technologiedemonstration(TDP) an Bord des ersten Alphasat sein. Die TDPs ergänzen
die kommerzielle Hauptnutzlast des Satelliten, der von dem weltweiten Satellitenkommunikations-Dienstleister Inmarsat
bestellt wurde.
Vielfältige Übertragungswege
Mit Laser können vielfältige Übertragungswege realisiert werden. Laserlicht ermöglicht in Echtzeit
Fernerkundungsdaten eines in einem niedrigen Erdorbit (LEO) arbeitenden Satelliten über eine Relaisstation
in der geostationären Umlaufbahn (GEO) zur Erde zu schicken. Und zwar auch dann, wenn sich die Bodenstationen
außerhalb des Sichtfeldes des Satelliten im LEO befinden. Neben LEO-GEO-Verbindungen sollen mit dem Laser-Terminal
auf Alphasat folgende Möglichkeiten erprobt werden:
* Übertragungen zwischen Alphasat und anderen GEO-Satelliten
* Verbindungen zwischen Flugzeugen und GEO-Satelliten
* optische Übertragungen von Alphasat zu Bodenstationen und umgekehrt
Damit können völlig neue Anwendungen Realität werden, beispielsweise die Versorgung von Flugzeug-Passagieren
mit breitbandigen Internetanschlüssen und Telefonverbindungen.
Europa ist führend
Europa spielt bei der Entwicklung der optischen Datenübertragung mittels Laserlicht eine führende Rolle
in der Welt. So wurde bereits im November 2001 eine Laserverbindung zwischen dem im GEO stationierten ESA-Technologiesatelliten
Artemis und dem im LEO agierenden französischen Fernerkundungssatelliten SPOT 4 hergestellt. Das war die erste
optische Datenkommunikation mit Lasersignalen zwischen zivilen Satelliten. Damals wurden erst bescheidene 50 Mbps
(Megabits pro Sekunde) erreicht.
Das für Alphasat geplante Laser-Terminal LCT kommt ebenfalls aus Europa. Es wird in Deutschland von der TESAT
Spacecom GmbH & Co. KG entwickelt und gebaut. Ansässig in Backnang (Baden-Württemberg), kann das
traditionsreiche Unternehmen – es ging aus der AEG Telefunken hervor – seine umfangreichen Erfahrungen in der Satellitenkommunikationstechnik
einbringen. Unterstützt wird TESAT von der Schweizer Firma Oerlikon Space, die das Teleskop für die Strahlfokussierung
liefert.
Die bei TESAT entwickelten LCTs sollen Datenübertragungsraten von bis zu 5 Gbit/s erreichen. Das entspricht
der Übertragung von etwa 200 000 voll geschriebener DIN A4-Seiten pro Sekunde. Als erstes Testobjekt im niedrigen
Erdorbit wurde der deutsche Radar-Fernerkundungssatellit Tandem-X ausgewählt, dessen Start 2009 geplant ist.
Alphasat soll dann von ihm Radardaten mit einer Geschwindigkeit von bis zu 2,8 GBit/s empfangen.
Bald Live-Übertragung vom Mars?
Noch steht die Hochgeschwindigkeits-Datenübertragung mit Laserstrahlen am Anfang ihrer Entwicklung. Doch bereits
jetzt ist absehbar, dass dieses zukunftsträchtige Feld, an dessen Entwicklung die ESA großen Anteil
hat, in den nächsten Jahren eine stürmische Entwicklung nehmen wird. Die Forscher denken dabei an kühne
Projekte in der bemannten Raumfahrt. Datenübertragungen zu Stationen auf dem Mond oder dem Mars dürften
schon in wenigen Jahren keine Science Fiction mehr sein. Wenn die ersten Abgesandten des Planeten Erde auf dem
Mars arbeiten werden, können die Erdlinge dann die Arbeit ihrer Artgenossen per Live-Video verfolgen. |