Pipeline Nabucco sinnvoll, Erdgas bleibt für Österreich wichtig
Wien (pk) - Energiethemen standen im Mittelpunkt der jüngsten Sitzung des Wirtschaftsausschusses.
Die Einbeziehung von Biosprit in die Treibstoffbevorratung, ein Übereinkommen zur Realisierung der Erdgaspipeline
"Nabucco" und Vorschläge zur Ökologisierung der LKW-Steuer (FPÖ) sowie für eine Totalreform
des Ökostromgesetzes (Grüne) gaben Abgeordneten und Bundesminister Bartenstein Gelegenheit zu einer umfassenden
Debatte. Im einzelnen ging es um die Verringerung der Abhängigkeit von einem einzigen Gaslieferanten, um die
Ökobilanz von Agrotreibstoffen und um die Wende von fossilen zu erneuerbaren Energieträgern.
Zunächst ging es um die Einbeziehung von Biokraftstoffen und Mischkomponenten wie Toluolen und Xylolen in
die Erdöl-Bevorratung. Die mit S-V-Mehrheit verabschiedete Regierungsvorlage 436 d.B. sieht zudem vor, das
Tanklager der Transalpinen Ölleitung in Triest in die österreichische Pflichtnotstandsreserve einzubeziehen.
In der Debatte kritisierte Abgeordneter Alois Gradauer (F) die Einlagerung österreichischer Ölreserven
in Triest mit dem Hinweis auf Sicherheitsfragen und Arbeitsplätze im Inland.
Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) brachte einmal mehr die schlechte Ökobilanz von Agro-Treibstoffen zur
Sprache und verlangte Vorkehrungen gegen Mehrfachbuchungen des Reservetanklagers in Triest.
Abgeordneter Veit Schalle (B) erkundigte sich im Rahmen von Detailfragen nach allfälligem "Körberlgeld"
bei der Lagerhaltung infolge steigender Ölpreise.
Energieminister Martin Bartenstein begründete die beabsichtigte - subsidiäre - Ölreservehaltung
in Triest mit mangelnden Lagerkapazitäten in Österreich. Eine Aufstockung im Inland würde zwar Arbeitsplätze
bringen, aber auch hohe Kosten verursachen. Die Frage der Ökobilanz von Agro-Treibstoffen versprach der Minister
sorgfältig zu prüfen. Eine Erhöhung der Mineralölsteuer sei nicht beabsichtigt. Das Halten
von Ölreserven koste Geld, das dem Konsumenten verrechnet werde, das System sei aber notwendig und sinnvoll,
bekräftigte der Minister. "Doppelbuchungen" beim Lager in Triest, wie sie die Grünen befürchteten,
schloss Bartenstein aus.
Regierung will Übereinkommen für "Nabucco"-Gaspipeline abschließen
Zur Sicherstellung des Erdgaspipeline-Projektes "Nabucco" will die Bundesregierung Übereinkommen
mit anderen Ländern abschließen; ein diesbezügliches Ermächtigungsgesetz ( 437 d.B.) passierte
den Wirtschaftsausschuss mit S-V-F-B-Mehrheit. Mit der selben Mehrheit begrüßte der Ausschuss auf Antrag
des Abgeordneten Hubert Kuzdas (S) die Beteiligung von RWE am "Nabucco"-Projekt. Das Erdgasfernleitungsprojekt
zielt auf eine 3.300 km lange Pipeline von der osttürkischen Grenze durch die Türkei, Bulgarien, Rumänien
und Ungarn bis Baumgarten in Niederösterreich. Im Endausbau soll die Leitung 31 Mrd. m3 Gas pro Jahr transportieren.
Abgeordneter Bernhard Themessl (F) eröffnete die Debatte mit der Feststellung, es sei begrüßenswert,
die einseitige Importabhängigkeit bei Gas zu verringern, sprach sich aber dafür aus, mehr Geld in die
Ökostromproduktion zu investieren, außerdem warnte der Redner davor, der Türkei mit der Gaspipeline
"Nabucco" ein Druckmittel für einen EU-Beitritt in die Hand zu geben.
Auch Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) betonte die Notwendigkeit, die Quellen des Gasbezugs zu diversifizieren und
die Abhängigkeit von einem Lieferanten zu verringern. Daher sei "Nabucco" ein sinnvolles Projekt.
Die OMV investiere übrigens sehr viel Geld in erneuerbare Energieträger.
Abgeordneter Veit Schalle (B) sprach sich für wesentlich höhere Investitionen in Solarenergie und Erdwärmeprojekte
aus.
Abgeordneter Hannes Bauer (S) hielt eine zweite Erdgasleitung nach Europa für sinnvoll. "Auch wenn wir
uns von der Energiewende nicht abbringen lassen", bekräftigte Bauer, "wird der Rückzug aus
der fossilen Energie einige Jahrzehnte dauern. Öl und Gas bleiben noch lange das Rückgrat der Energieversorgung
Österreichs und Europas."
Abgeordneter Werner Kogler (G) räumte ein, die Diversifizierung des Gasimports sei gut, registrierte aber
gleichzeitig Veränderungen in der geostrategischen Lage, seit eine Annäherung zwischen Gazprom und dem
Projekt "Nabucco" zu beobachten sei, die die bisherige Konfrontation auflösen könnte. "Was
sind die politischen Hintergründe und wie schaut die US-Position aus?" wollte Kogler vom Energieminister
wissen.
Abgeordneter Peter Marizzi (S) betonte die Bedeutung des Projekts "Nabucco" für die Gasversorgung
Österreichs und Europas. Der Iran könne seine Gasreserven nicht alleine fördern, es gelte daher
zu verhindern, "dass das Rohr Richtung Norden oder Osten verlegt wird". Anlass, sich vor den USA zu fürchten,
habe Österreich nicht, meinte Marizzi.
Bundesminister Martin Bartenstein bekannte sich nachdrücklich dazu, erneuerbare Energieträger zu forcieren
und zugleich die Energieeffizienz zu erhöhen, dabei sei aber nicht zu vergessen, dass Österreich und
Europa noch jahrzehntelang von fossilen Energieträgern abhängig bleiben werden, wobei Gas der weitaus
sauberste fossile Energieträger sei. Die Türkei sei ein wichtiger Partner der EU, dessen Bedeutung als
Energietransiteur steige. Das Engagement der Türkei beim Projekt "Nabucco" sei daher zu begrüßen.
Die Diskussion über einen EU-Beitritt oder eine spezifische Partnerschaft der Türkei werde noch lange
dauern, zeigte sich Bartenstein überzeugt. Die USA unterstützen das Projekt "Nabucco", teilte
er den Abgeordneten weiters mit. Die Pipeline werde mit Gas aus dem Iran gefüllt werden können, wenn
die Nuklearfrage geklärt sein wird. Die großen Erdgasreserven des Iran müssten aber erst exploriert
werden, sagte der Minister.
Gazprom beteilige sich nicht an der Hardware von "Nabucco", sondern am Gashandelsplatz Baumgarten, erfuhren
die Abgeordneten weiter. Russland werde das Rückgrat für die Erdgasversorgung Österreichs und Europas
bleiben, es sei aber sinnvoll, eine zweite Leitung zu bauen, da die "Bruderschaftspipeline" durch die
Ukraine mittlerweile sehr veraltet sei. Die EU brauche "Nabucco", zugleich aber auch die russischen Pipeline-Projekte
"Southstream" und "Northstream".
FPÖ für Ökologisierung von LKW-Steuer und -Maut
F-Abgeordneter Bernhard Themessl klagte über hohe Kfz-Steuern und Mauten gegenüber Deutschland, wodurch
heimische Transportunternehmen im internationalen Wettbewerb geschwächt würden. Zur Entlastung der heimischen
Verkehrswirtschaft beantragte er ( 503/A(E))eine Staffelung von Kfz-Steuer und Mauten für LKW nach Schadstoffausstoß
und Motorklasse sowie eine Steuersenkung bis auf EU-Mindestniveau für schadstoffarme Fahrzeuge. - Die Vertagung
des Antrages erfolgte mit S-V-Mehrheit.
Nachdem Abgeordneter Franz Hörl (V) seinen Vertagungsantrag mit der erst kürzlich erfolgten Anpassung
der LKW-Steuer und Problemen bei der Ökologisierung der LKW-Maut begründet hatte, machte Antragsteller
Bernhard Themessl (F) darauf aufmerksam, dass das "Ausflaggen" österreichischer LKW nach Tschechien
hohe Steuerausfälle und den Verlust vieler Arbeitsplätze nach sich ziehe.
Abgeordneter Konrad Steindl (V) erinnerte Themessl daran, dass nicht die KFZ-Steuer, sondern Lohnnebenkosten und
arbeitsrechtliche Gründe für das "Ausflaggen" von österreichischen LKW verantwortlich
sei.
Grüne für ein neues Ökostromgesetz
Ebenfalls mit der Mehrheit der Koalitionsparteien wurde Entschließungsantrag 424/A[E] zur Totalreform des
Ökostromgesetzes auf Antrag von Abgeordnetem Hannes Bauer (S) vertagt. Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G)
hatte eine Verlängerung der Förderdauer für Ökostromanlagen auf 20 Jahre und angemessene Tarife
mit Indexanpassung, eine generelle Abnahmepflicht für Ökostrom, die Aufhebung der Deckelung der Fördermittel
und festgelegte Energieeffizienzkriterien für die Umsetzung der einzelnen Projekte vorgeschlagen, um Förderkosten
in vertretbarem Rahmen zu halten und die Technologieentwicklung zu unterstützen. Strom aus fossilen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen
und mittelgroßen Wasserkraftwerken wollen die Grünen künftig nicht mehr als Ökostrom gelten
lassen.
Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) hielt den Antrag für überholt, da ein Novellenentwurf des Energieministers
längst in Begutachtung gegangen und der Gesetzgebungsvorgang mit der Evaluierung der Ergebnisse bereits im
Gange sei. Die Produktion von Ökostrom sei in Österreich eine Erfolgsgeschichte. "Wir brauchen uns
vor Deutschland nicht zu verstecken", sagte Kopf.
Energieminister Bartenstein erläuterte auf eine diesbezügliche Frage des Abgeordneten Werner Kogler (G)
den weiteren Fahrplan für die geplante Ökostromgesetz-Novelle, die der Minister noch vor dem kommenden
Sommer beschließen möchte. Bartenstein meinte, die Ökostromproduktion in Österreich komme
der deutschen Entwicklung gleich, was auch darin seinen Ausdruck finde, dass die EU Deutschland einen Anteil erneuerbarer
Energien an der Stromproduktion von 18 %, Österreich aber von 34 % vorschreibe. Der weitere Ausbau der Ökostromproduktion
werde es aber notwendig machen, den Widerstand gegen Wasserkraft- und Windkraftprojekte zu überwinden, hielt
der Minister fest. |