Linz (market) - Vergleichsweise gelassen sieht die österreichische Bevölkerung die Causa Haidinger:
Nur knapp die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher sieht darin einen Skandal, ebenso viele
empfinden die Aufregung als übertrieben. Für die Verfehlungen machen Herr und Frau Österreicher
die Polizei verantwortlich, kaum Kritik trifft die Politik. Die ÖVP verliert in der aktuellen Sonntagsfrage
etwas an Boden, liegt aber weiterhin vor dem Koalitionspartner. Wenig Vertrauen hat man in die eingesetzte Expertenkommission.
Im Fall Natascha Kampusch gibt es Diskussionen um etwaige Verfehlungen der Polizei und deren Vertuschung.
Damit eng verbunden wird ein Machtmissbrauch im Rahmen der Ermittlungs - und Polizeiarbeit diskutiert, um daraus
politischen Nutzen zu ziehen, z.B. im Bawag-Skandal oder vor den Nationalratswahlen 2006. Was würden Sie sagen:
handelt es sich dabei wirklich um einen Skandal oder wird eher übertrieben?
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Nur 45 Prozent der österreichischen Bevölkerung bezeichnen das innenpolitische Thema, die Causa Haidinger,
als Skandal, vor allem junge Österreicherinnen und Österreicher, Bildungseliten und die Bewohnerinnen
und Bewohner der ländlichen Regionen sehen die Sache gelassen und empfinden die Aufregung als übertrieben.
Analysiert man die Stimmungslage nach Parteipräferenzen, so sind es vor allem die Wählerinnen und Wähler
der SPÖ und der Grünen, die in den aktuellen Vorkommnissen einen Skandal sehen, gelassen reagiert man
hingegen im Lager der ÖVP.
Ganz eindeutig ist die Zuordnung der Verantwortung - die Verfehlungen werden den ermittelnden Polizeibeamten und
der Leitung der Polizei vorgeworfen, kaum Kritik erhalten die politischen Verantwortungsträger: Innenminister
Platter wird nur von 3 Prozent verantwortlich gemacht, seine Vorgänger Prokop und Schlögl tragen nach
Meinung von etwa einem Zehntel der österreichischen Bevölkerung die Verantwortung. Und auch bei den parteinahen
Mitarbeitern im Innenministerium sieht man nur vereinzelt Verfehlungen - die Hauptlast der aktuellen Diskussion
trifft damit ganz eindeutig die Polizei.
Innenpolitische Auswirkungen der aktuellen Diskussion lassen sich in der Sonntagsfrage erkennen - es kommt zu keinerlei
dramatischen Verschiebungen, dennoch muss die ÖVP leichte Abstriche von ihrem zuletzt spürbaren Stimmungshoch
hinnehmen: In den letzten Wochen lag die Partei von Vizekanzler Molterer durchwegs auf etwa 37 Prozent und damit
deutlich vor der SPÖ, so auch in der KW 5, also kurz vor dem Start der Diskussion. In der aktuellen Messung
verliert die ÖVP nun 2 Prozentpunkte und kommt auf 35 Prozent, die SPÖ hingegen legt tendenziell zu -
von 32 auf 33 Prozent. Somit hat sich der Abstand zwischen den beiden Regierungsparteien verringert, die ÖVP
liegt aber weiterhin vor der SPÖ. Die beiden großen Oppositionsparteien konnten bis dato aus der Causa
Haidinger keine Gewinne verbuchen und liegen bei 15 Prozent (FPÖ) und 13 Prozent (Grüne), das BZÖ
liegt bei 3 Prozent.
Wenig Vertrauen hat man derzeit in die Lösungskompetenz der Expertenkommission, nur ein Zehntel der Bevölkerung
ist davon überzeugt, dass es der Expertenkommission auf jeden Fall gelingen wird, die Causa Haidinger zu klären,
vor allem die jungen Österreicherinnen und Österreicher zeigen sich skeptisch.
Fazit: Die Verfehlungen in der Ermittlungsarbeit rund um die Entführung der Natascha Kampusch werden klar
der Polizei zugeordnet, vergleichsweise gelassen beurteilt man die Rolle der politisch Verantwortlichen. Dennoch
zeigt die aktuelle politische Stimmungslage einen leichten Abschwung in der Zustimmung für die ÖVP -
allerdings reicht es derzeit für Platz 1 und kann die SPÖ aus der Causa Haidinger noch kaum Profit schlagen.
Dokumentation der Umfrage P.MA508.0802.P2:
n=400 telefonische CATI-Interviews repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ab 18
Jahren; Erhebungszeitraum: 12. und 13. Februar 2008. |