„Kluger Föderalismus“ zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sowie „Arbeitseifer und Problemlösungsfähigkeit“
auf Regierungsebene gefordert
Wien (pwk) - Die von Finanzminister Molterer geäußerten Sorgen bezüglich des Finanzierungsspielraums
für die geplante Steuerreform 2010 werden von WKÖ-Präsident Christoph Leitl sehr ernst genommen.
„Ein budgetärer Spielraum von 3 Mrd Euro sind dafür und damit für die Wettbewerbsfähigkeit
Österreichs und unser Ziel nach mehr Wachstum und Beschäftigung unterste Grenze und absolut notwendig.“
Die Wirtschaft leiste für das Staatsbudget einen hohen Beitrag, der auch die Steuereinnahmen des Bundes von
2006 auf 2007 um über 4,3 Mrd Euro mehr reichlich sprudeln ließ. Mit 7,3 % Plus stiegen diese stärker
als das nominelle Wirtschaftswachstum von 5,8 %. Stärker als erwartet haben wegen der guten Konjunktur vor
allem die Körperschaftssteuer (KöST) und die Lohnsteuer zugelegt. Unter den Erwartungen blieb dagegen
die Umsatzsteuer, was aus einem relativ schwachen Konsum resultiert.
Trotz Milliarden-Mehreinnahmen blieb das staatliche Defizit um 0,7 Prozent im Minus. Leitl zu den Hauptursachen:
„Während der Bund in den letzten drei Jahren seit dem Stabilitätspakt 2005 diesen mit 4,4 Mrd Euro übererfüllt
hat, haben die Länder ihr Budgetziel um den gleichen Betrag verfehlt.“ Auch die Gemeinden trugen um 1,7 Mrd
Euro mehr zur Konsolidierung bei als vorgesehen, lobt Leitl und tritt auf Länderseite für einen „klugen
Föderalismus“ ein, damit die riesigen Synergiepotentiale dort rasch und energisch erschlossen werden. Am Weg
zur „modernsten Verwaltung Europas“ (MVE) sei man nur „mit Veränderung erfolgreich“ (MVE), fordert Leitl eine
umfassende und strukturierte Verfassungs- und Verwaltungsreform ein. „Kompetenzzersplitterung und Unübersichtlichkeit
verursachen unnötig hohe Kosten. Wir brauchen eine klare Trennung zwischen EU-, nationalen und regionalen
Agenden.“ Damit werde der derzeit angewendete „Faktor 10“ in der Gesetzgebung aufgelöst und auch die Nähe
am Bürger besser erfüllt, sieht Leitl als Vorteile.
Allein durch die bessere Zusammenarbeit der einzelnen Verwaltungsebenen kann viel Zeit und Geld Jahr für Jahr
gespart werden. Mit sechs konkreten Beispielen aus der Praxis verdeutlicht der Wirtschaftskammerpräsident
die vielfältigen Einsparungsmöglichkeiten. Diese reichen von interkommunaler Zusammenarbeit von mehreren
Gemeinden, über den vermehrten Einsatz neuer Technologien – Stichwort: e-government – und die Beschleunigung
von Verwaltungsverfahren bis hin zur Einführung von privatwirtschaftlichen Managementmethoden (New Public
Management) in der Verwaltung. Gleichzeit pocht Leitl auch auf die Umsetzung des Regierungsziels zur Verwaltungskosteneinsparung
für Unternehmer: „Mit dem Standardkostenmodell kann und muss die Formularflut für unsere Betriebe bis
2010 um 25 Prozent eingedämmt werden.“ Liegt die Belastung, die aus 561 Rechtsvorschriften 5.687 (!) Informationsverpflichtungen
ergibt, derzeit bei rund 4,3 Mrd Euro für die Unternehmen, ergibt eine Senkung um ein Viertel eine Entlastung
um 1 Mrd Euro, rechnet Leitl vor.
In Summe werde der Standort Österreich damit attraktiver, das Budget entlastet und eine Steuerreform für
Unternehmen umsetzbar. Für diese großen Vorhaben müsse allerdings der aktuelle Koalitionsstreit
rund um das Innenministerium beendet und zur Sacharbeit zurückgekehrt werden. „Die Regierung soll tun, was
die Leute von ihr erwarten, nämlich Arbeitseifer und Problemlösungsfähigkeit zeigen, anstatt zu
streiten. Appelle sind gut, starke Achsen sind besser" spricht sich Leitl für eine konstruktive Zusammenarbeit
der Koordinatoren-Minister Pröll und Faymann aus. Allerdings müssten Appelle auch entsprechend umgesetzt
werden. |