Wien (tu) - Wenn aus nanoskaligen Oxid-Drähten durch oberflächenchemische Veränderungen plötzlich
kleine "Cannelloni" entstehen, ändert sich nicht nur die Gestalt sondern mit ihr auch die photoelektronischen
Eigenschaften. MaterialchemikerInnen der Technischen Universität (TU) Wien nutzten diesen vielversprechenden
Effekt für ihre Untersuchungen und versprechen sich dadurch neue Konzepte für die Photokatalyse und die
Energiegewinnung durch Solarzellen.
Aus dünnen Schichten aufgebaute Titanoxid-Drähte lassen sich durch die Behandlung mit Säure in Nanoröhren,
vergleichbar mit der Form von Cannelloni, umwandeln und viceversa. Mit der gezielten Modifizierung der Festkörpergestalt
können auch die photoelektronischen Eigenschaften verändert und für verschiedenste Nutzungen erforscht
werden. "Wir konnten feststellen, dass sich Na2Ti3O7-Nanodrähte durch Säure in Nanoröhren umwandeln
und dieser Vorgang durch Basen umgekehrt werden kann. Bei den Drähten zeigt sich Photolumineszenz, d.h. Lichtemission,
die auf die Deaktivierung eines photoangeregten Zustandes zurückzuführen ist. Im Unterschied dazu ist
bei den Röhren die Photolumineszenz unterdrückt und dafür die Ladungstrennung stärker. Mit
letzterem ist die räumliche Trennung von entgegengesetzten Ladungen gemeint, wodurch diese chemisch verwertet
werden können", erläutert Oliver Diwald, Universitätsdozent am Institut für Materialchemie
der TU Wien.
Der gegenläufige Zusammenhang von Ladungstrennung und Photolumineszenz, den Alexander Riss und Oliver Diwald
in Kooperation mit Johannes Bernardi (Universitäre Service-Einrichtung für Transmissions-Elektronenmikroskopie)
beobachten konnten, ist nur ein Beispiel für das große Potenzial von solchen Nanomaterialien, die als
Modellsysteme zur Aufklärung chemischer Prozesse dienen. Riss: "Die Tatsache, dass die photoelektronischen
Eigenschaften von Titanoxid-Materialien kontrollierbar gemacht werden können, erhöht ihre Bedeutung bei
konkreten photokatalytischen Anwendungen. Sie spielen beim Abbau von Schadstoffen in Abwässern und Abgasen
eine entscheidende Rolle. Außerdem werden Titanoxid-Elektroden zur Energiegewinnung aus dem Sonnenlicht in
Form von Solarzellen oder für elektrolytische Zellen zur Wasserstoffherstellung eingesetzt."
Die Forschungsgruppe um Oliver Diwald möchte mit dem Projekt "Ladungstrennung an Titandioxid-Nanokristallen"
in erster Linie wichtige Erkenntnisse für die Grundlagenforschung liefern. Das Vorhaben wird vom Fond zur
Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) unterstützt.
Der Zusammenhang zwischen Gestalt und photoelektronischen Eigenschaften der Nanometer-großen Oxid-Teilchen
konnte Anfang des Jahres (Riss et al. Angew. Chem. Int. Ed. 47 (2008) 1496-1499) in der internationalen Ausgabe
der renommierten Zeitschrift "Angewandte Chemie" veröffentlicht werden. |