EP verabschiedet Binnenmarktpaket   

erstellt am
21. 02. 08

Straßburg (ep.europa) - Das Parlament hat am 21.02. das so genannte "Binnenmarktpaket" (Goods Package) verabschiedet, das die gegenseitige Anerkennung von Produkten, die Marktüberwachung und die Produktkennzeichnung regelt. Das Paket zielt u.a. auf die Stärkung des Binnenmarkts, die Vereinfachung der Produktzulassung und die Erhöhung der Produktsicherheit ab. Die CE-Kennzeichnung wird in Zukunft strengeren Kriterien unterworfen und als Symbol für Sicherheit und EU-Konformität stehen.

In Verhandlungen konnten sich Parlament und Ministerrat auf einen gemeinsamen Text verständigen, so dass das Verfahren in Erster Lesung abgeschlossen werden kann.

CE-Kennzeichnung für sichere und EU-konforme Produkte
Die CE-Kennzeichnung soll garantieren, dass ein Produkt sicher ist und den EU-Normen entspricht. Die Mitgliedstaaten sorgen für die ordnungsgemäße CE-Kennzeichnung und leiten im Falle einer missbräuchlichen Verwendung rechtliche Schritte ein. Etwaige Sanktionen können bei "schweren Verstößen" strafrechtlicher Natur sein.

Auch sieht das Gesetzespaket vor, dass das CE-Zeichen nur durch den Hersteller oder seinen Bevollmächtigten angebracht werden darf. Mit der Anbringung übernimmt der Hersteller die Verantwortung für die Konformität des Produkts mit allen geltenden Anforderungen. Zur Erhöhung des Bekanntheitsgrads der CE-Kennzeichnung soll die EU-Kommission eine Informationskampagne in Gang setzen.

Das Anbringen von Kennzeichnungen, Zeichen oder Aufschriften, deren Bedeutung oder Gestalt mit der Bedeutung oder Gestalt der CE-Kennzeichnung verwechselt werden kann, ist untersagt. Jede andere Kennzeichnung darf auf Produkten angebracht werden, sofern sie "Sichtbarkeit, Lesbarkeit und Bedeutung" der CE-Kennzeichnung nicht beeinträchtigt.

Die dänische Abgeordnete Christel SCHALDEMOSE (SPE), Berichterstatterin des Parlaments, sagte hierzu: "Verbraucher werden besser über die Bedeutung der CE-Kennzeichnung informiert sein. Wir wollen verhindern, dass die Verbraucher von skrupellosen Händlern und Herstellern irregeführt werden".

Wirtschaftsakteure verantwortlich für Sicherheit der Produkte
Produkte aus Drittländern, die in die EU gelangen, müssen den geltenden EU-Anforderungen genügen. Für die Konformität der in Verkehr gebrachten Produkte mit den EU-Vorgaben sind die Wirtschaftsakteure verantwortlich, "je nach dem welche Rolle sie jeweils in der Lieferkette spielen". Auf diese Weise sollen Verbraucherschutz und Umweltschutz gewährleistet werden.

Hersteller

Die Hersteller müssen, wenn sie ihre Produkte in Verkehr bringen, sicherstellen, dass diese gemäß den EU-Anforderungen entworfen und hergestellt wurden. So müssen etwa "geeignete Bewertungsverfahren" durchgeführt werden.

Die Hersteller nehmen, falls dies angesichts der von einem Produkt ausgehenden Gefahren als zweckmäßig betrachtet wird, zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher Stichproben von in Verkehr befindlichen Produkten und nehmen Prüfungen vor. Erforderlichenfalls müssen sie ein Verzeichnis der Beschwerden, der nichtkonformen Produkte und der Produktrückrufe führen und die Händler über diese Überwachung auf dem Laufenden halten.

Importeure
Importeure dürfen nur konforme Produkte in der EU in Verkehr bringen. Sie müssen dafür sorgen, dass von ihnen auf den Markt gebrachte Produkte den geltenden Anforderungen genügen, und sie nicht Produkte auf den Markt bringen, die diesen Anforderungen nicht genügen oder eine Gefahr darstellen.

Zudem müssen die Importeure dafür sorgen, dass Konformitätsbewertungsverfahren durchführt wurden und dass die Produktkennzeichnung und die von den Herstellern erstellten Unterlagen den Überwachungsbehörden zur Überprüfung zur Verfügung stehen.

Händler
Bevor sie ein Produkt auf dem Markt bereitstellen, überprüfen die Händler, ob das Produkt mit der erforderlichen Konformitätskennzeichnung versehen ist, ob ihm die Gebrauchsanleitung und die Sicherheitsinformationen beigefügt sind, und ob der Hersteller und der Importeur ihre Anforderungen erfüllt haben, etwa die Angabe der Typen-, Chargen- oder Seriennummer des Produktes oder des Namens des Herstellers bzw. Importeurs.


Prinzip der gegenseitigen Anerkennung

Grundsätzlich funktioniert der Binnenmarkt nach zwei Prinzipien: Entweder sind die technischen Vorschriften der Produkte durch EU-Richtlinien vereinheitlicht - das trifft für 75% des Warenwerts im Binnenmarkt zu. Oder es gilt das "Prinzip der gegenseitigen Anerkennung".

Dieses Prinzip bedeutet, dass ein in einem EU-Land zugelassenes Produkt auch von den Behörden der anderen Länder zugelassen werden muss. Das heute verabschiedete Binnenmarkpaket soll zur Beseitigung der Hindernisse für die ordnungsgemäße Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung beitragen.

Dazu der finnische Abgeordnete und Berichterstatter Alexander STUBB (EVP-ED): "Der harmonisierte Bereich des Binnenmarktes repräsentiert ein Volumen von 1,5 Billionen Euro, während der nicht harmonisierte Bereich, auf den der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung angewendet werden soll, ein Volumen von 500 Milliarden Euro umfasst. Die durch die Nichtanwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung entstehenden Kosten werden auf rund 150 Milliarden Euro geschätzt".

Umkehr der Beweislast für nicht harmonisierte Waren

Das Paket sieht eine Umkehr der Beweislast für nicht harmonisierte Waren vor. Mit diesem Verfahren müssen die Behörden der Mitgliedstaaten erst beweisen, warum sie einem bereits zugelassenen Produkt die Zulassung verweigern oder entziehen bzw. eine Modifizierung des Produkts fordern. Davon sollen in Zukunft vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) profitieren, für die die Einführung neuer Produkte vereinfacht wird.

"Kein Unternehmen sollte mehr die Einführung neuer Produkte auf den EU-Markt fürchten. Falls das Produkt in einem der EU-Länder genehmigt wurde, kann ihm die Zulassung in keinem der anderen Mitgliedstaaten verweigert werden, es sei denn, die zuständigen Behörden beweisen, dass die Anwendung einer nationalen Regelung notwendig ist. Die Anzahl solcher Fälle soll aber in Zukunft auf ein Minimum reduziert werden", so Stubb. In Deutschland könnten z.B. Produkte, die verbotene Nazisymbole enthalten, verboten werden.

Produkt-Infostellen
Zur Unterstützung, insbesondere von KMU, denen oftmals Fachwissen, Personal und Ressourcen fehlen, werden in jedem Land "Produkt-Infostellen" errichtet, die den Unternehmen unbürokratisch Informationen über die jeweiligen technischen Vorschriften, Sicherheitsstandards und die zuständigen Behörden zur Verfügung stellen.

Europäische Regelung für die Akkreditierung

Schließlich wird mit dem Binnenmarktpaket ein Rechtsrahmen für die Akkreditierung jener Stellen geschaffen, die überwachen, dass Produkte die geltenden Vorschriften einhalten bzw. die so genannte Konformitätsbewertung durchführen.

Hierbei weist der deutsche Berichterstatter André BRIE (Linke) vor allem auf einen Aspekt hin: "Das System der Akkreditierung war bisher nicht europäisch geregelt, obwohl es in den meisten Mitgliedstaaten existiert und wesentliche Bedeutung für die Qualität der Marktüberwachungsorganisationen hat. Angesichts des europäischen Binnenmarkts und des freien Warenverkehrs in der EU ist es für die Verbraucherinnen und Verbraucher ausgesprochen wichtig, dass die offensichtlichen Unterschiede in der Qualität und Effektivität der Marktüberwachungsorganisationen durch europäische Regelungen für die Akkreditierungsbehörden nach oben angeglichen werden".

Öffentlich-rechtlicher Charakter der zuständigen Behörden

Das Parlament hat - über den Vorschlag der Kommission hinaus - stärkere Pflichten für diese Behörden durchgesetzt. Durch die Verordnung werden die Kommerzialisierung, die Profitorientierung und der Wettbewerb der Akkreditierungsstellen untersagt und deren "öffentlich-rechtliche Charakter" betont.
 
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