Bozen (lpa) - Das Südtiroler Archäologiemuseum präsentiert von 10. März bis 25. Oktober
2009 die umfangreichste kultur- und naturgeschichtliche Ausstellung zum Thema „Mumien“ weltweit. Dies wurde am
19.02. bei einer Pressekonferenz in Bozen im Beisein von Kulturlandesrätin Sabina Kasslatter Mur bekannt gegeben.
Die Sonderausstellung wurde unter dem Titel „Mumien – der Traum vom ewigen Leben“ von den reiss-Engelhorn-Museen
in Mannheim konzipiert. Für Bozen wird die Sonderausstellung von beiden Museen gemeinsam adaptiert und um
das Thema des Mannes aus dem Eis erweitert.
„MUMIEN – Der Traum vom ewigen Leben“ ist nicht nur die größte Ausstellung zum Thema Mumien und Mumifizierung,
die es je gab. Sie ist auch die erste kultur- und naturgeschichtliche Gesamtschau dazu. 70 Mumien von allen Kontinenten
und aus einem Zeitraum von den Dinosauriern bis heute beweisen auf eindrucksvolle Weise, dass Mumifizierung ein
weltumspannendes Phänomen ist. Neben den Mumien, die noch niemals zuvor ausgestellt wurden, werden hochkarätige
Leihgaben aus dem In- und Ausland gezeigt. Darunter sind einzigartige Moorleichen, bandagierte Mumien aus Ägypten
in kunstvollen Sarkophagen, eine Familie aus der Dominikaner-Krypta in Vàc in Ungarn und weitere Mumien
aus Asien, Ozeanien und Südamerika. Für die Sonderausstellung in Bozen erweitert sich das Thema um den
Mann aus dem Eis, die älteste Gletschermumie der Welt.
„Für Südtirol ist die Ausstellung in mehrfacher Hinsicht ein Gewinn“, unterstrich Kulturlandesrätin
Sabina Kasslatter Mur bei der Vorstellung. Die Ausstellung rücke Südtirol ins Zentrum der internationalen
Mumienwissenschaft, sie festige zudem den ausgezeichneten Ruf des Archäologiemuseums und des EURAC-Instituts
für Mumienforschung und ziehe darüber hinaus auch viele Interessierte aus anderen Ländern an, wovon
der Tourismussektor profitiere. Präsentiert wird die Ausstellung vom Archäologiemuseum gemeinsam mit
den Reiss-Engelhorn-Museen Manheim. Der entsprechende Vertrag sei vor kurzem unterzeichnet worden, berichtete Landesrätin
Kasslatter Mur.
Den Anstoß für die weltweit größte Mumienausstellung und das damit verbundene rem-Mumienforschungsprojekt
gab eine sensationelle Entdeckung. Bei Umstrukturierungen in den Depots der Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim
wurden im Jahre 2004 insgesamt 20 Mumien unterschiedlicher Herkunft „wiederentdeckt“, die noch niemals ausgestellt
waren. Die Inventarbücher enthielten nur wenige Informationen zu den Objekten. Durch Untersuchungen im Rahmen
des rem-Mumienforschungsprojekts wurde unter anderem nachgewiesen werden, dass die Mumien aus Afrika, Asien, Ozeanien
und Südamerika stammten.
Mumifizierungen sind nicht nur der Versuch, einen Verstorbenen für die Ewigkeit zu bewahren, sie sind oft
auch das Resultat natürlicher Prozesse: Im trockenen, heißen Wüstensand, im ewigen Eis, in Mooren,
ja selbst in trockenen Dachböden oder Kellern können Körper zu Mumien werden. Die Ausstellung stellt
die unterschiedlichen Milieus vor, die einen Körper über den Tod hinaus konservieren können. Die
Ausstellung macht aber nicht im Heute Halt, sondern weist auch in die Zukunft der Mumifizierung. Der Traum von
„Unsterblichkeit“ ist nämlich immer noch aktuell. Als Möglichkeit, sich für die Ewigkeit konservieren
zu lassen, wird beispielsweise die Kryonik, ein Einfrieren in flüssigem Stickstoff, vorgestellt.
Zudem befasst sich die Mumien-Sonderausstellung aber auch mit Aspekten der Pharmaziegeschichte, die bisher noch
nie in diesem Zusammenhang beleuchtet wurden. Das europäische Interesse an Mumien stand in engem Zusammenhang
mit der starken Nachfrage nach dem Heilmittel „Mumia vera“, einem Erdwachs, das man auch in Mumien vermutete. Dies
führte dazu, dass unzählige Mumien aus Ägypten nach Europa gebracht wurden, um den Nachschub an
„Mumia vera“ sicherzustellen.
Die Besucher der großen Mumien-Sonderausstellung erwarten ab 10. März 2009 viele, in dieser Komplexität
noch nie behandelte Aspekte rund um das Thema Mumien und Mumifizierung. Abgerundet wird das Ganze durch die multimediale
Präsentation modernster Forschungsergebnisse. Sie werfen erhellende Schlaglichter auf das Leben der Verstorbenen
und liefern Antworten auf Fragen nach Herkunft, Lebensumständen, Essgewohnheiten, Krankheiten und Todesursache.
Um der großen Sonderausstellung entsprechend Platz zu bieten, wird die gesamte 1200 Quadratmeter große
Ausstellungsfläche des Südtiroler Archäologiemuseums mit einbezogen. Die Dauerausstellung mit Funden
aus dem südlichen Alpenraum vom Neolithikum bis zur Karolingerzeit ist deshalb (außer dem Stockwerk
mit dem Mann aus dem Eis) bis zum Ausstellungsende am 25. Oktober 2009 nicht zu besichtigen.
Kuratoren der Ausstellung in Bozen sind Wilfried Rosendahl, Sammlungsleiter und Leiter des rem-Mumienforschungsprojektes
in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim und Angelika Fleckinger, Direktorin des Südtiroler Archäologiemuseums.
Auch im Südtiroler Archäologiemuseum setzt sich die Erforschung der Mumien auf wissenschaftlicher Ebene
fort. Die Sonderausstellung wird in Zusammenarbeit mit dem EURAC-Institut für Mumien und den Iceman von einem
internationalen Fachsymposium Ende März 2009 begleitet. Wissenschaftliche Ergebnisse zu den ausgestellten
Mumien, zum Mann aus dem Eis und zu neuen Mumien-Forschungsprojekten des Instituts vertiefen und ergänzen
die Kenntnis über Mumien und ihren kulturellen Kontext sowie über die Weiterentwicklung von Konservierungstechniken. |