Wien (öj) - "Mißbrauch des Innenministeriums für parteipolitische Zwecke" - das
war der Titel der Dringlichen Anfrage an Innenminister Günter Platter in der Sondersitzung des Nationalrates
am 03. 03., eingebracht von den Grünen. Die Begründung: Das "Vertrauen der Bevölkerung
in das Innenministerium und in die Arbeit der Polizei" sei aufgrund der in den letzten Wochen publik gewordenen
Vorwürfe über parteipolitisch motivierte Vorgänge im VP-geführten Ressort "aufs Schwerste
erschüttert". Grünen-Chef Alexander Van der Bellen listete eine Reihe von Fragen auf, die Innenminister
Günther Platter zu beantworten hatte. Während der ÖVP-Club im Plenum ihren Ressortchef mit anhaltendem
Applaus bedachte und mit dessen Antworten sichtlich zufrieden war, waren sie für die Abgeordneten von Koalitionspartner
SPÖ und der Opposition (Grüne, FPÖ und BZÖ) unzureichend.
Nach einer Reihe von diesbezüglichen Wortmeldungen folgte ein gemeinsamer Antrag von Grünen, Freiheitlichen
und BZÖ auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses hinsichtlich "der Vertuschung von Polizeiaffären
und des Mißbrauchs der politischen Macht" im Innenministerium, aber auch im Justiz-, im Finanz- und
im Außenministerium. Unter anderem soll der Ausschuß Postenbesetzungen im Innenressort ab dem Jahr
2000 unter die Lupe nehmen und aufklären, ob Ermittlungsergebnisse in der Causa BAWAG mißbräuchlich
für Wahlkampfzwecke verwendet wurden. Aber auch mit den Ermittlungspannen im Fall Kampusch, der Weitergabe
von EKIS-Daten von AsylwerberInnen, illegalen Visaerteilungen von österreichischen Konsularbehörden und
der möglichen Finanzierung von SPÖ und ÖGB durch die BAWAG wird sich der Untersuchungsausschuß
befassen. Nach knapp fünfstündiger Debatte setzte der Nationalrat mit den Stimmen von Sozialdemokraten,
Grünen, Freiheitlichen und BZÖ einen Untersuchungsausschuß ein, der – mit insgesamt 32 Prüfaufträgen
formuliert – vor allem die politische Verantwortung für Vorgänge im Innenministerium klären soll.
Immer wieder war in den vergangenen Tagen aus der ÖVP zu hören, eine SPÖ-Zustimmung zum Untersuchungsausschuß
würde einen Koalitionsbruch bedeuten, was vor allem die zahlreichen Spekulationen über eine bevorstehende
Neuwahl auslöste. Trotz vieler Beteuerungen von beiden Parteispitzen, es würde weitergearbeitet werden,
an eine Regierungsaufösung sei keineswegs gedacht, ließen die Formulierungen in der Sondersitzung eher
an Wahlkampfstimmung denken. Wozu es – zumindest am 03.03. – nicht gekommen ist, war eine Äußerung der
ÖVP, welche Auswirkung die Abstimmung gegen ihren Willen auf die weitere Zusammenarbeit mit der SPÖ haben
würde.
Ein BZÖ-Entschließungsantrag zu Steuersenkung, Teuerungsausgleich und Heizkostenzuschuß wurde
von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, wie diese erklärte, aufgrund der parlamentarischen Geschäftsordnung
nicht zugelassen.
Es ist davon auszugehen, daß dieser bei nächster Gelegenheit neuerlich gestellt wird – was zu einer
weiteren Abstimmung führen könnte, bei welcher die SPÖ gegen die ÖVP stimmt: Es geht hier in
erster Linie um die "Vorverlegung" der für 2010 geplanten Steuerreform, die Bundeskanzler Alfred
Gusenbauer vor wenigen Tagen forderte, der aber seitens der ÖVP nicht zugestimmt wird. BZÖ-Klubobmann
Peter Westenthaler hat bereits die SPÖ aufgerufen, durch Zustimmung zu diesen Anträgen zu beweisen, daß
es ihr nicht um den Erhalt der Regierung, sondern um die Sache selbst und ums Land gehe. Es darf gespannt darauf
gewartet werden, wie sich die SPÖ dann verhalten wird. Vor der Landtagswahl in Niederösterreich am 09.03.
stehen wohl aber keine tiefschürfenden Veränderungen in der heimischen Innenpolitik bevor. |