Sauerstoffversorgung von Tumoren   

erstellt am
27. 02. 08

Ansatz für neue Behandlungsstrategien
Halle (idw) - Dass Tumore, die schlecht mit Sauerstoff versorgt sind, eine hohe Rückfallrate nach der Behandlung aufweisen, ist in der Onkologie seit Jahren bekannt, in aktuellen Therapiekonzepten aber nicht umgesetzt. Eine Arbeitsgruppe um Prof. Dr. med. Dirk Vordermark und Dr. rer. nat. Matthias Bache von der Universitätsklinik für Strahlentherapie in Halle (Saale) will nun untersuchen, ob der Nachweis des Tumorproteins Osteopontin genutzt werden kann, um einerseits Patienten mit einer Sauerstoffunterversorgung zu identifizieren und ob andererseits spezifische gegen Osteopontin gerichtete Behandlungsansätze die Effekte einer Strahlentherapie verstärken.

Große Studien haben gezeigt, dass eine Messung der Sauerstoffversorgung in einem Tumor, z. B. des Kopf-Hals-Bereichs oder des Gebärmutterhalses, geeignet ist, die Prognose nach Therapie abzuschätzen. Hierzu musste bisher über mehrere Stichkanäle eine Sonde direkt in den Tumor eingeführt werden, was eine weite Verbreitung der Sauerstoffmessung verhindert hat. Zudem gab es bis vor einigen Jahren keine überzeugenden Strategien, Patienten mit schlecht mit Sauerstoff versorgten Tumoren gezielt zu behandeln. Neuere Ansätze beinhalten die Messung von Proteinen im Tumorgewebe, die im Rahmen der normalen Reaktion von Tumorzellen auf niedrige Sauerstoffkonzentrationen gebildet werden. Das Protein Osteopontin, das - wie der Name andeutet - eine Rolle im Knochenstoffwechsel hat, nimmt hier eine Sonderstellung ein. Es wird nicht nur im Tumorgewebe gebildet, sondern auch in das Blutplasma freigesetzt und ist somit in einer normalen Blutprobe messbar. Untersuchungen aus Dänemark und von der Stanford University (USA) zeigten, dass bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren ein hoher Osteopontin-Wert im Plasma mit einer schlechten Sauerstoffversorgung in der Sondenmessung sowie mit höheren Rückfallraten nach Strahlentherapie verbunden war.

Hier setzen die Arbeiten von Vordermark und Bache an: "Einerseits ist bisher nicht überzeugend nachgewiesen worden, dass Osteopontin wirklich bei niedriger Sauerstoffkonzentration direkt aus den Tumorzellen freigesetzt wird", so Vordermark. "Unsere eigenen experimentellen Vorarbeiten sprechen eher dafür, dass es sich hier um einen komplizierteren Mechanismus handelt, der möglicherweise den in Tumoren häufigen regelmäßigen Wechsel zwischen schlechter und besserer Sauerstoffversorgung beinhaltet. Andererseits bestehen auch bei der Messung von Osteopontin im Patientenplasma viele offene Fragen, z. B. ob ein Abfall des Wertes während einer Strahlentherapie eine Tumorrückbildung voraussagen kann."

Die Forschung in der Strahlentherapie ist stets auf der Suche nach Proteinen, durch deren Beeinflussung eine erhöhte Strahlenempfindlichkeit von Tumorzellen erreicht werden kann. Osteopontin stellt hier einen interessanten Kandidaten dar. Die Hallenser Arbeitsgruppe wird mit Methoden der RNA-Interferenz prüfen, ob eine Herabregulation von Osteopontin die Strahlenempfindlichkeit beeinflusst. Bei dem Hallenser Vorhaben handelt es sich um ein typisches "translationales" Forschungsprojekt, in dem also direkte Verbindungen von der Grundlagenforschung und der Anwendung am Patienten geknüpft werden sollen. Langfristiges Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung einer Kombination aus Diagnostik und Therapie zur verbesserten Behandlung von Patienten mit Tumoren, die schlecht mit Sauerstoff versorgt sind.
 
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