Niederösterreich hat gewählt  

erstellt am
10. 03. 08

Wien (öj) - Am 9. März 2008 waren 1.387.365 Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher aufgerufen, den Landtag neu zu wählen. Das Ergebnis dieser Wahl wurde mit besonderem Interesse erwartet, als damit Auswirkungen auf die Bundespolitik bzw. auf die Bundesregierung im besonderen verknüpft wurden: es würde, je nach Ergebnis, ÖVP oder SPÖ zu einer bereits allseits erwarteten Neuwahl verleiten und damit die Zwistigkeiten in der Koalitionsregierung beenden.

Kaum jemand hat daran gezweifelt, daß Landeshauptmann Erwin Pröll wiedergewählt werden würde. Auch wurde damit gerechnet, daß die SPÖ nicht allzugroße Chancen auf Steigerung des bisherigen Mandatsstandes haben würde: Spitzenkandidatin Heidemarie Onodi konnte als LH-Stellvertreterin im Wahlkampf die mit der ÖVP gemeinsam geleistete Arbeit nur schwer attackieren, hatte doch selbst Bundeskanzler Alfred Gusenbauer kürzlich den guten Allgemeinzustand des Landes attestiert. Oppositionsparteien Grüne, FPÖ und BZÖ (letztere sind, mit anderen Parteien) erstmals in Teilen Niederösterreichs angetreten und waren mit ihrer Einschätzung der Landespolitik naturgemäß nicht so zurückhaltend. Alles in allem steht aber fest, daß der geplanterweise kurze Wahlkampf bis auf wenige „Aufreger“ sehr geordnet abgelaufen ist.

Kurz nach 17 Uhr am Abend des Wahltages veröffentlichte der ORF die erste Hochrechnung, die bereits überdeutlich das vorläufige Endergebnis vorwegnahm: LH Erwin Pröll konnte seine Mehrheit mit einem Zugewinn von 1% auf 54,29% (2003: 53,29%) ausbauen, die SPÖ muß mit einem Verlust von 7,91% eine schwere Schlappe hinnehmen und steht nun bei 25,64% (2003: 33,55%). Überraschend der Zuwachs bei der FPÖ: sie konnte 6,5% zulegen und liegt nun, mit 10,54 % (2003: 4,49) am dritten Platz vor den Grünen. Diese verloren 0,41% und halten nun bei 6,81% (2003: 7,22). Dem BZÖ bleibt mit 0,72% der Einzug in den NÖ Landtag ebenso verwehrt, wie den anderen wahlwerbenden Parteien KPÖ (0,86), Die Christen NÖ (0,84%), Tierrechtspartei (0,09%) und „Die Liste für unser Niederösterreich“ (0,22%).

Landeshauptmann Erwin Pröll erklärte in einer ersten Reaktion, er glaube, daß dieses Wahlergebnis auch ein Signal dafür sei, daß das niederösterreichische Kontrastprogramm zur Bundespolitik eine klare Bestätigung gefunden habe. Dies sei der Beweis, daß sich konsequente, harte Arbeit im Interesse eines Landes lohne. Es sei ein deutlicher "Fingerzeig" an die Verantwortlichen in der Bundesregierung: "Arbeiten statt streiten." Nun sei es an Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und der Regierung, das Signal zu verstehen. Wer es überhöre, begebe sich auf dünnes Eis, so Pröll.

Heidemaria Onodi zeigte sich vom Abschneiden der SPÖ NÖ sehr enttäuscht, deren „Politik mit Herz“ bei den WählerInnen offenbar nicht so angekommen sei, wie man gehofft habe. Nun gelte es, das Ergebnis genau zu analysieren und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Dies ging recht schnell, denn schon 24 Stunden nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses hat Onodi erkärt, alle ihre Ämter zurückzulegen.

Die erwarteten Signale aus der Bundespolitik sind aber - vorerst zumindest - ausgeblieben. In der ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“ saßen einander SP-Klubobmann Josef Cap und Landwirtschaftsminister und ÖVP-Regierungskoordinator Josef Pröll, Eva Glawischnig von den Grünen, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, und BZÖ-Abg. Herbert Scheibner, gegenüber - und man hatte alles andere als den Eindruck, daß die beiden Koalitionsparteien jetzt zu einem Neustart zurückkehren würden. Zuviel Porzellan wurde bereits zerschlagen, als daß sich dieses jetzt kitten ließe. Ein Beispiel: In der Koalitionsvereinbarung steht für eine Steuer- und Gesundheitsreform das Jahr 2010. Die SPÖ möchte diese aufgrund der Inflationsentwicklung vorziehen, wogegen sich die ÖVP sträubt. Die SPÖ sagt, man könne es sich gerade jetzt leisten, die ÖVP sagt, man könne die Entlastung nicht mit Schulden finanzieren. Beide sagen, alle führenden Wirtschaftsforscher und -fachleute würden dies bestätigen. Nämlich den jeweils eigenen Standpunkt.

Trotz aller Beteuerungen, man wolle wieder zur ernsthaften Regierungsarbeit zurückkehren, sagte Josef Cap am Abend des 09.03., man werde auf das Vorziehen der Steuer- und Gesundheitsreform jedenfalls beharren, Josef Pröll erwiderte, das werde es mit der ÖVP sicherlich nicht geben.

Besonders spannend wird es diese Woche werden: es geht um das Abstimmungsverhalten der SPÖ anläßlich vom BZÖ im Nationalrat vorbereiteten Fristsetzungsantrag, in dem eine sofortige finanzielle Entlastung gefordert wird. Wird die SPÖ die Einladung der Opposition annehmen und gegen die ÖVP ein Vorziehen der Steuerreform zustimmen?

Als diese Übersicht entstanden ist (09.03., 19.30 Uhr), begann ein „Krisentreffen“ in der Hofburg, zu dem Bundespräsident Heinz Fischer Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Vizekanzler Wilhelm Molterer eingeladen hatte. (mm)
 
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