Heidelberg (idw) - Autophagie oder "Selbstverzehr" ist ein Vorgang,
bei dem Zellen eigene Bestandteile abbauen. In Tumorzellen wird dieser Mechanismus häufig durch eine Krebstherapie
angekurbelt. Weshalb die Zellen in diesem Fall den Selbstverzehr aktivieren, ist bisher nicht geklärt. Jetzt
konnten Forscher im Deutschen Krebsforschungszentrum zeigen, dass die Blockade des Selbstverzehrs die Krebszellen
anfälliger für eine Strahlentherapie macht.
Zellen besitzen ihr eigenes Recycling-System: Ausrangierte Zellbestandteile, von einzelnen Eiweißen bis hin
zu ganzen Zellorganen, werden abgebaut und die Bausteine an anderer Stelle wieder verwendet. Wissenschaftler bezeichnen
dieses Recycling als Autophagie, zu deutsch "Selbstverzehr". In stark beschädigten Zellen kann der
Selbstverzehr auch eine Form des programmierten Zelltodes darstellen. Dann nutzt die Zelle den Mechanismus, um
sich vollständig aufzulösen.
Auch Krebszellen bedienen sich der Autophagie - besonders stark nach einer Bestrahlung oder Chemotherapie. Unklar
ist jedoch, weshalb der Selbstverzehr in diesem Zusammenhang aktiviert wird. Möglicherweise trägt der
Vorgang zum Absterben der behandelten Tumorzellen bei. Der Selbstverzehr könnte aber auch einen Versuch der
Zellen darstellen, ihr Überleben zu retten. "Die Autophagie wird auch gezielt eingeschaltet, beispielsweise
wenn die Zelle zu wenig Nährstoffe zur Verfügung hat", erklärt Professor Ingrid Herr, Leiterin
der Arbeitsgruppe Molekulare Onkochirurgie des Deutschen Krebsforschungszentrums.
Gemeinsam mit Dr. Anja Apel und Wissenschaftlern der Universität Tübingen hat Ingrid Herr die Rolle der
Autophagie bei der Behandlung von Krebs untersucht. Dafür schalteten die Forscher in den Tumorzellen eine
Reihe von Genen aus, die für die Autophagie essentiell sind. Anschließend bestrahlten sie die Zellen
und ermittelten, wie viele der Zellen die Behandlung überlebten. Sie stellten fest, dass Zellen, die zuvor
nahezu strahlenresistent waren, durch die Blockade des Selbstverzehrs anfälliger für die Bestrahlung
wurden. Krebszellen, die bereits vorher gut auf die Bestrahlung ansprachen, wurden nicht beeinflusst. Die Forscher
gehen deshalb davon aus, dass die besonders aggressiven Krebszellen die Autophagie benutzen, um einer Tumortherapie
widerstehen zu können. Die Forscher in Heidelberg wollen jetzt prüfen, ob eine Blockade des Recycling-Systems
sich eignet, um Krebstherapien zu unterstützen. |