Innenministeriums-Untersuchungsausschuß beschlossen  

erstellt am
04. 03. 08

 Cap: Schonungslose Aufklärung soll politische Verantwortung klären
SPÖ für Offenlegung aller Parteispenden ab 7.000 Euro
Wien (sk) - Der beschlossende Innenministeriums-Untersuchungsausschuss solle durch "schonungslose Aufklärung die politische Verantwortung klären und einen umfassenden Erneuerungsprozess" in Gang bringen, bekräftigte SPÖ-Klubobmann Josef Cap am 03.03. im Nationalrat. Der "sehr gründliche Prüfauftrag" solle auch das verloren gegangene Vertrauen der Bürger in Innenministerium und Polizei wiederherstellen, so Cap, der klarmachte: "Die SPÖ wird dafür sorgen, dass beides möglich ist: Dass das Parlament seinem Kontrollrecht nachkommt und arbeitet, und dass die Regierung arbeitet." Die SPÖ sei auch für die Offenlegung aller Parteispenden ab 7.000 Euro, so Cap, der diesbezüglich ein "großes Zittern in den Reihen der ÖVP" ortete. Die heutige "Attacke von Minister Platter auf das Instrumentarium des Parlaments, ist für die SPÖ nicht zu akzeptieren", so Cap, der unterstrich, dass auch der illegale Visa-Handel und der angebliche ÖVP-Postenschacher Prüfgegenstand seien.

Der SPÖ-Klubobmann erinnerte in Richtung ÖVP auch daran, dass sich Präsident Adamovich zuletzt im Innenausschuss "indirekt" für die Einsetzung eines U-Ausschusses ausgesprochen habe. Die SPÖ "respektiert die zügige und gute Arbeit der unabhängigen Justiz", gleichzeitig gelte es aber auch, die politische Verantwortung zu klären - und etwa ein "Sittenbild der Weisungs'kultur'" im Innenministerium darzustellen. Es könne auch nicht hingenommen werden, dass PolitikerInnen bespitzelt werden, so Cap, der sich auch vehement gegen "Postenschacher" im Innenministerium aussprach. Gerade in diesem sensiblen Bereich, wo es um Verbrechensaufklärung und um das Sicherheitsgefühl der Bürger geht, dürfe nur nach Qualifikation entschieden werden.

In Sachen Parteienfinanzierung erinnerte Cap an einen Artikel der "Kleinen Zeitung", der sich mit der Frage beschäftigte, "wie viele Millionen Raiffeisen oder Industriellenvereinigung der Partei zuschaufeln?". Cap dazu: "Darüber müssen wir einmal diskutieren, und hier tabula rasa machen." Die "SPÖ ist jedenfalls offen für jede Form der Kontrolle und Aufklärung", so Cap, der in Anspielung auf das Nein der ÖVP zum U-Ausschuss festhielt: "Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu verhindern."

 

 Schüssel: Nichts vertuschen, aber den besseren Weg gehen
"Wir schlagen einen besseren Weg vor: die Aufklärung und Ermittlung durch unabhängige Behörden und dann die politische Einbindung des Parlaments
Wien (övp-pk) - Aus den Erfahrungen der zwei Untersuchungsausschüsse vor einem Jahr hätten wir eigentlich lernen können. Damals wurde viel skandalisiert, es ist aber wenig an Resultaten herausgekommen. Der Lackmustest ist: Bieten wir einen vernünftigen, besseren Weg, oder wollen wir vertuschen? Wir von der ÖVP wollen nichts vertuschen. Wir bieten den Weg von Untersuchungen über unabhängige, weisungsfreie seriöse Persönlichkeiten wie Adamovich, Marent oder die Staatsanwaltschaft an, und dann erst ist die Frage allfälliger politischer Verantwortung zu klären. So macht man das und nicht umgekehrt. Das sagte ÖVP-Klubobmann Dr. Wolfgang Schüssel bei der Sondersitzung des Nationalrats.

Der Kern der Vorwürfe der letzten Wochen habe sich in Luft aufgelöst, verwies der Klubobmann auf zwei Bereiche:

Beim Fall Kampusch war der Vorwurf, dass Liese Prokop Ermittlungsfehler der Polizei, die vor zehn Jahren geschehen sind, vertuschen wollte. "Das ist ein völliger Unsinn." Er, Schüssel, kenne Prokop als mitfühlende Frau. Es sei absurd anzunehmen, dass Prokop etwas vertuschen hätte wollen. Im Zwischenbericht seiner Kommission erklärte Präsident Adamovich, von Vertuschung könne man nicht reden.

Schüssel wies darauf hin, dass Herwig Haidinger bereits im Jahr 2000 im Kabinett für die Kriminalpolizei tätig war, ab 2002 war er Chef des Bundeskriminalamtes. Es stelle sich daher die Frage, warum er dann erst 2006 darauf kam, dass es Ermittlungsfehler gab und dann ein weiteres Jahr, um seine Erfahrungen auch schriftlich niederzulegen. "Sieben Jahre Nachdenkpause sind nicht wirklich erklärbar".

In der Causa Bawag sei massiv der Vorwurf einseitiger parteipolitischer Ermittlungen erhoben worden - ein Vorwurf, der ernst zu nehmen sei, "aber in keiner Weise der Wahrheit entspricht". Der Auftrag für die Ermittlungen kam nicht vom Ministerbüro, sondern von der Staatsanwaltschaft. Er, Schüssel, habe sich daher gewundert, dass die Justizministerin die Staatsanwälte im Sonder-Justizausschuss nicht von der Amtsverschwiegenheit entbunden habe. "Wieso darf das nicht gesagt werden - weil es nicht in ihr Konzept passt?", so Schüssel. Natürlich seien Meldungen über den Stand der Ermittlungen auch an das Ministerbüro gegangen. Bis heute frage man sich allerdings, wie jemand drei Milliarden Euro verspekulieren konnte, wieso der ÖGB 20 Stiftungen in Liechtenstein eingerichtet und wieso lange nicht einmal Rechtshilfeansuchen nach Liechtenstein gerichtet wurden. Wieso wurden zudem Honorare in Millionenhöhe (Schilling) ohne erkennbare Gegenleistungen an ehemalige Spitzenpolitiker bezahlt? Und wieso finden sich in einem Computer des Ex-BAWAG-Aufsichtsratschefs und Ex-ÖGB-Finanzchefs Günter Weningers zwei Millionen Schilling ohne Gegenleistung an die SPÖ? Jetzt seien außerdem Unterlagen aufgetaucht, wonach eine Milliarde Schilling an ÖGB, SPÖ und Konsum gegangen sei. Es sei dies ein Vermögenstransfer unglaublichen Ausmaßes. Auch hier stehe die ÖVP dafür, dass die Justiz das unbeeinflusst objektiv erheben soll. Erst dann sollte im Parlament besprochen werden, wie man mit der politischen Verantwortung umgehe. Es sei dies der bessere Weg, als gleich nach einem Untersuchungsausschuss zu rufen, erinnerte der Klubobmann daran, dass auch beim BAWAG-Untersuchungsausschuss in acht Monaten nichts Neues herausgekommen sei. Erst jetzt, durch die Justiz, würden Sachen zutage treten.

Der Klubobmann ging auch auf das Büro für interne Angelegenheiten ein - eine "höchst sinnvolle und notwendige Einrichtung", das bereits einiges aufklärt hat, erinnerte Schüssel unter anderem auf den Wiener Polizeiskandal. Natürlich mache man sich dadurch keine Freunde; aber jetzt das Kind mit dem Bade auszuschütten und die Ermittler zu kriminalisieren sei abzulehnen.

Schüssel ging in seiner Rede auch auf die der ÖVP immer wieder vorgeworfenen Umfärbung im Innenressort ein. "Die SPÖ, die 51 Jahre lang das Innenressort geführt hat, sollte mit diesem Vorwurf vorsichtig umgehen. Richtig ist vielmehr, dass neu balanciert wurde. Es war notwendig, ein rot-weiß-rotes Ministerium daraus zu machen." Im Jahr 2000 habe es vier Sektionen und acht Gruppen gegeben. Alle vier Sektionschefs und sieben von den acht Gruppenleitern waren Sozialdemokraten. Zudem seien sämtlich Bundespolizeidirektionen und alle acht Landesgendarmeriekommandanten mit SPÖ-Leuten besetzt gewesen. "Wenn das Bundesministerium für Inneres in ein rot-weiß-rotes Ministerium umgewandelt wurde, dann ist es fair - es sind eben nicht 90 oder 100 Prozent Sozialdemokaten."

"Wir schlagen einen besseren Weg vor: die Aufklärung und Ermittlung durch unabhängige Behörden und dann die politische Einbindung des Parlaments. Dann entscheiden wir über einen allfälligen Untersuchungsausschuss. Wenn dort etwas übrig bleibt, dann werden wir uns dem nicht verweigern." Nichts halte er, Schüssel, aber von Paralleluntersuchungen, wie sie Adamovich selbst als kritisch angesehen hat. "Seien wir wachsam mit Vorwürfen und Vorverdächtigungen. Mir ist die Arbeit der Exekutive und der Justiz viel zu wichtig, um sie solchen kurzfristigen Taktiken zu opfern", schloss der Klubobmann.

 

 Van der Bellen: "Krebsgeschwür der österreichischen Politik"
Seit Wochen vergehe kein Tag, an dem nicht neue aufklärungsbedürftige Sachverhalte ans Licht der Öffentlichkeit gelangten
Wien (pk) -
"Das Vertrauen der Bevölkerung in das Innenministerium und in die Arbeit der Polizei ist aufs Schwerste erschüttert", sagte Grünen-Klubobmann Prof. Alexander Van der Bellen. Daher habe seine Fraktion diese Sondersitzung verlangt und die dringliche Anfrage an den Innenminister gestellt. Danach werde der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung des Verdachts auf Machtmissbrauch durch ÖVP-Innenminister und durch Personen in Ministerbüros und Kabinetten zu verhandeln sein. Der ÖVP riet der Redner, der Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses zuzustimmen, da sie sich andernfalls dem Verdacht aussetze, etwas verbergen zu wollen, sagte der Klubobmann der Grünen.

Die vom ehemaligen Chef des Bundeskriminalamts Haidinger ins Rollen gebrachte Affäre habe "wie eine Bombe in das politische Österreich eingeschlagen". Seit Wochen vergehe kein Tag, an dem nicht neue aufklärungsbedürftige Sachverhalte ans Licht der Öffentlichkeit gelangten, erst jüngst etwa der Mailverkehr zwischen dem ehemaligen Innenminister Strasser und seinem Büro, der zeige, wie sehr es Strasser darum gegangen sei, im Ministerium, bei der Polizei und bei der Gendarmerie parteipolitisch motivierte Postenbesetzungen vorzunehmen und Stellenbewerber klar nach dem Motto zu unterscheiden: "Wer ist einer von uns, wer ist einer von denen?" Diese Mentalität und dieses System bezeichnete Van der Bellen als "Krebsgeschwür der österreichischen Politik".

Täglich werde die Liste der Verfehlungen und der offenen Fragen länger, die der Aufklärung bedürften, sagte Van der Bellen und listete stichwortartig auf: der politische Missbrauch von Ermittlungsergebnissen im Kriminalfall BAWAG, die erfolglose Weisung, Akten für den Banken-Untersuchungsausschuss vorweg dem ÖVP-Klub zu überlassen, politisch motivierte Unterlassung der Untersuchung schwerer Ermittlungspannen im Fall Kampusch, mutwillige strafrechtliche Ermittlungen gegen politisch nicht opportune Rechtsanwälte, Weitergabe von EKIS-Daten über AsylwerberInnen, Ungereimtheiten bei der Ausfuhr panzerbrechender Waffen und parteipolitische Postenbesetzungen im Innenressort.

Der Klubobmann der Grünen forderte die ÖVP daher dringend auf, dem Motto ihres Parteiobmanns - "Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung" - zu folgen und über interne Aufklärung und Untersuchungen durch Adamovich-Kommission, Justiz und Staatsanwaltschaft hinaus auch einem Untersuchungsausschuss zuzustimmen. Van der Bellen wandte sich gegen jede Diskriminierung parlamentarischer Kontrollinstrumente und erinnerte die ÖVP daran, dass ihr Koalitionspartner, die SPÖ, in den achtziger Jahren durchaus bereits gewesen sei, Untersuchungsausschüsse einzusetzen, die sich gegen SPÖ-Minister gerichtet haben. Dasselbe gelte auch für den Banken-Untersuchungsausschuss. Wenn die ÖVP verhindern wolle, dass das "V" in ihrem Parteikürzel künftig mit "Vertuschung" gleichgesetzt werde, sollte sie diesem Untersuchungsausschuss zustimmen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler unterstrich, es gehe nun um einen Neustart in der Zweiten Republik. Es gehe darum, wie die Selbstreinigungskräfte funktionieren, und das habe mit dem Hohen Haus zu tun. Kogler griff in diesem Zusammenhang Klubobmann Schüssel scharf an und stellte aus seiner Sicht fest, dass die beiden vorangegangenen Untersuchungsausschüsse sehr wohl konkrete Ergebnisse gebracht hätten. Der Neustart mit einem Untersuchungsausschuss sei notwendig, da in Hinblick auf Korruption Österreich im internationalen Ranking immer stärker zurückfalle. Es sei nun auch zu klären, inwieweit die Akten von Regierungsstellen zurückgehalten bzw. manipuliert übermittelt worden seien. Zum Großreinemachen sei es höchste Zeit, betonte Kogler abschließend.

 

 Strache: Untersuchungsausschuss muss alle schäbigen Muster aufklären
ÖVP betrachtet Österreich als Selbstbedienungsladen
Wien (fpd) - Was in den letzten Wochen ans Licht gekommen sei, habe selbst für unser skandalgewohntes Land eine neue negative Qualität, meinte FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache in Sondersitzung des Nationalrats. Die ÖVP betrachte Österreich als eine Art Selbstbedienungsladen, als eine Art Erbpacht. Die ÖVP habe nicht davor zurückgeschreckt, einen der sensibelsten Bereiche der Republik, nämlich das Innenressort, zu instrumentalisieren. Und jetzt sei geradezu beleidigt und verschnupft, weil das Parlament es wage, seine Kontrollrechte geltend zu machen und seiner Kontrollverpflichtung nachzukommen. Der Vizekanzler habe am Wochenende angekündigt, dass er jetzt wieder intensiver über ein Mehrheitswahlrecht nachdenke, nach dem Motto "Wenn die Demokratie nicht tut, was die ÖVP will, dann schaffen wir sie ab." Dieses Land gehöre aber nicht der ÖVP, sondern allen Österreichern. Strache bezeichnete Molterer als demokratiepolitischen Geisterfahrer.

Wenn die SPÖ heute einem Untersuchungsausschuss zu den Skandalen rund um das Innenministerium zustimme, sei das zwar ein Schritt in die richtige Richtung, meinte Strache. Aber die SPÖ habe gemeinsam mit der ÖVP den Banken-Untersuchungsausschuss und den Eurofighter-Untersuchungsausschuss abgedreht, als es heiß geworden sei. Die Menschen in diesem Land hätten den Eindruck, dass der Kanzler noch immer Schüssel heiße und nur eine Gusenbauer-Maske aufhabe. Strache thematisierte auch die Unterlagen über die BAWAG-Milliarde, die letzte Woche gefunden worden sind. Er begrüßte deren Auffinden natürlich, fand es aber interessant, dass sie just vor der Sondersitzung aufgetaucht seien. Man müsse sich die Frage stellen, was bei SPÖ und ÖVP gegenseitig noch an Schmutzkübeln verborgen sei. Im Fall Kampusch ortete der FPÖ-Obmann ein Nest von Widersprüchen. Man müsse alle diese schäbigen Muster aufklären. Heute werde man den Untersuchungsausschuss sicherstellen, und das sei viel wert für die Demokratie in diesem Land.

 

 Westenthaler: Macht braucht Kontrolle!
Skandalproporz in Schwarz und Rot
Wien (bzö) - "Soviel Ende war noch nie", so beschreibt BZÖ-Chef Klubobmann Peter Westenthaler am Beginn seiner Rede bei der Sondersitzung des Parlaments den derzeitigen Zustand der Großen Koalition. "SPÖ und ÖVP teilen sich nicht nur das Land in Rot und Schwarz auf, sondern mittlerweile auch die Skandale - man könnte es einen Skandalproporz nennen". Den Menschen werde angesichts der Streitereien nur mehr schlecht dabei und mit dem heutigen Bruch des Koalitionsabkommens durch die SPÖ gebe es einen neuen Höhepunkt. "Die Koalition geht auseinander - deshalb eine kleine Hilfe für SPÖ und ÖVP", so Westenthaler, der Vizekanzler Molterer in Vertretung des abwesenden Bundeskanzlers ein Buch mit dem Titel "Wenn der Partner geht - Wege zur Bewältigung von Trennung und Scheidung - mit den Ratschlägen: Schmerz und Verzweiflung abbauen, Hass und Verbitterung aufheben, Selbstvertrauen und Freude am Leben entwickeln, warum die Partnerschaft gescheitert ist, sich auf eine neue und erfolgreichere Partnerschaft vorbereiten" - überreichte.

"Wenn manche Kommentatoren von italienischen Verhältnissen in Österreich sprechen, so sind beispielsweise beim Amtsmissbrauch eher sizilianische Verhältnisse angebracht. Aber SPÖ und ÖVP leben weiter nach dem Motto - Ist der Ruf erst ruiniert, regiert sich’s völlig ungeniert", so Westenthaler, der dies massiv kritisierte. Während die Regierung außer des Koalitions-Dauerkriegs nur mehr Arbeitsverweigerung betreibe, wüssten die Menschen nicht mehr wie sie sich das Leben angesichts der Teuerungswelle bei Lebensmitteln, Heizen und Energie leisten sollen. Das BZÖ habe hier einen konstruktiven Ansatz und bringe deshalb heute Anträge auf ein Vorziehen der Steuerentlastung - wie inzwischen von 25 SPÖ-Spitzenfunktionären öffentlich gefordert - auf den 1. Jänner 2009, einen Teuerungsausgleich und einen Heizkostenzuschuss ein. (Mittlerweile von SPÖ-Parlamentspräsidentin Prammer parteipolitisch motiviert nicht zugelassen.) Gusenbauer sei in der Sandkiste gestartet und jetzt wieder dorthin zurückgekehrt - denn "diese Regierung ist nur mehr am völlig Sand". Das BZÖ interessiere hingegen nur, ob sich die Menschen in Österreich wieder das Leben leisten können.

Westenthaler sprach sich zum Thema Untersuchungsausschuss gegen die parteipolitisch motivierte Vorverurteilungsmaschinerie und gegen den parteipolitisch motivierten Postenschacher aus. Als Beispiel nannte Westenthaler den unwürdigen Streit zwischen FPÖ und Grünen um den Vorsitz im U-Ausschuss. Das BZÖ beantragt hier, dass unabhängige Richter den Vorsitz führen, um den U-Ausschuss aus dem Würgegriff der parteipolitischen Vorsitzführung zu befreien.

Unverzichtbar sei für das BZÖ die Auflösung des BIA. Westenthaler forderte Innenminister Platter auf, dieses aufzulösen, ansonsten sei Platter in Zukunft für dessen Fehlverhalten mitverantwortlich. "Es ist mittlerweile offensichtlich, dass das BIA ohne Auftrag ermittelt hat. Es stellt sich hier die Frage wer alles vom BIA abgehört, observiert oder sonst wie bespitzelt worden ist. Das BZÖ wird hier im U-Ausschuss diese Liste verlangen", so Westenthaler. Das BIA habe auch bewusst Ermittlungen gegen Beamte missbraucht, um missliebige Personen bei Bewerbungen im Vorhinein auszuschalten, denn gegen wen ermittelt wird, der darf sich nicht um Posten bewerben. So habe es 2004 1.124 Ermittlungen aber nur 11 Schuldsprüche gegeben. "Deshalb - schaffen wir dieses schwarze Instrument BIA ab!", so Westenthaler.

 

Zach kündigt aktive Mitarbeit an
"U-Ausschuss ist weder Showbühne für Einzelne noch Wechselstube für parteipolitisches Kleingeld"
Wien (lif) - "Wir sind es der politischen Kultur in Österreich schuldig, den Machtmissbrauchsvorwürfen in einem Untersuchungsausschuss nachzugehen", so der liberale Abgeordnete Alexander Zach. Er werde daher der Einsetzung zustimmen und sich auch aktiv an der Ausschussarbeit beteiligen: "Sowohl die Vorgänge im Innenministerium der letzten Jahre, als auch die offenen Fragen zum SPÖ-Bawag-Komplex müssen restlos politisch aufgeklärt werden", ist Zach überzeugt. Der Erfolg des Ausschusses werde jedoch daran gemessen werden können, in welchem Stil dieser abläuft. "Ein Untersuchungsausschuss ist weder Showbühne für Einzelne noch Wechselstube für parteipolitisches Kleingeld", erklärte der LIF-Chef. "Ein selbstbewußtes Parlament ist der erste Schritt, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik wiedergewinnen zu können", so der Liberale abschließend.

 

Prammer: U-Ausschuss Kein politisches Tribunal
Nationalratspräsidentin will sachbezogenen U-Ausschuss mit klaren Spielregeln
Wien (sk) - Im ORF-Morgenjournal vom 04.03. stellte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer klar, dass der Innenministeriums-U-Ausschuss kein politisches Tribunal wird. "Sondern hier müssen Fakten auf den Tisch und Dinge beim Namen zu nennen, ist nicht automatisch Vernaderung", so Prammer. Wichtig sei es, dass Spielregeln eingehalten würden.

Die Nationalratspräsidentin will einen fixen Sitzungsrhythmus, also ein-, zwei- oder dreimal pro Woche ein Sitzungstermin. Eine Sommerpause wäre möglich, das hänge davon ab, wie weit man gekommen sei. Wesentlich sei, dass die Sitzungen "überschaubar" sind. So sollte man aus den beiden letzten U-Ausschüssen gelernt haben, dass die Auskunftspersonen, die Zeugen, nicht ewig warten müssen.

Deutlich sprach sich Prammer gegen ein Ablaufdatum aus. Denn es sei kein gutes Signal, wenn die Auskunftspersonen, sobald feststeht, dass die U-Ausschüsse ihre Tätigkeit einstellen werden, nicht mehr erscheinen, wie das in den beiden letzten U-Ausschüssen der Fall war. "Das ist kein gutes Signal", so Prammer.

U-Ausschüsse seien immer eine heikle Angelegenheit, waren das auch in der Vergangenheit. Die Nationalratspräsidentin garantiert "natürlich" einen sach- und fachbezogenen U-Ausschuss. Sie habe auch nie behauptet, dass es jemals einen anderen Ausschuss als einen sach- und fachbezogenen gegeben habe.

 

Nationalrat: Politische Verantwortung im Innenministerium klären!
Dringliche an Minister Platter, S-G-F-B setzen U-Ausschuss ein – Eine Zusammenfassung der Sondersitzung durch die Parlamentskorrespondenz
Wien (pk) - "Missbrauch des Innenministeriums für parteipolitische Zwecke" - das ist der Titel der Dringlichen Anfrage, mit der die Grünen Innenminister Günter Platter in der Sondersitzung des Nationalrates am 03.03. konfrontierten. Nach knapp fünfstündiger Debatte setzte der Nationalrat mit den Stimmen von Sozialdemokraten, Grünen, Freiheitlichen und BZÖ einen Untersuchungsausschuss ein, der vor allem die politische Verantwortung für Vorgänge im Innenministerium klären soll.

Eröffnet wurde die Sitzung von Nationalratspräsidentin Mag. Prammer, die zunächst G-Klubobmann Dr. VAN DER BELLEN das Wort zur Begründung der Anfrage gab. "Das Vertrauen der Bevölkerung in das Innenministerium und in die Arbeit der Polizei ist aufs Schwerste erschüttert", sagte Van der Bellen. Daher habe seine Fraktion die heutige Sondersitzung verlangt und die dringliche Anfrage an den Innenminister gestellt. Danach werde der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung des Verdachts auf Machtmissbrauch durch ÖVP-Innenminister und durch Personen in Ministerbüros und Kabinetten zu verhandeln sein. Der ÖVP riet der Redner, der Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses zuzustimmen, da sie sich andernfalls dem Verdacht aussetze, etwas verbergen zu wollen, sagte der Klubobmann der Grünen.

Die vom ehemaligen Chef des Bundeskriminalamts Haidinger ins Rollen gebrachte Affäre habe "wie eine Bombe in das politische Österreich eingeschlagen". Seit Wochen vergehe kein Tag, an dem nicht neue aufklärungsbedürftige Sachverhalte ans Licht der Öffentlichkeit gelangten, erst jüngst etwa der Mailverkehr zwischen dem ehemaligen Innenminister Strasser und seinem Büro, der zeige, wie sehr es Strasser darum gegangen sei, im Ministerium, bei der Polizei und bei der Gendarmerie parteipolitisch motivierte Postenbesetzungen vorzunehmen und Stellenbewerber klar nach dem Motto zu unterscheiden: "Wer ist einer von uns, wer ist einer von denen?" Diese Mentalität und dieses System bezeichnete Van der Bellen als "Krebsgeschwür der österreichischen Politik".

Täglich werde die Liste der Verfehlungen und der offenen Fragen länger, die der Aufklärung bedürften, sagte Van der Bellen und listete stichwortartig auf: der politische Missbrauch von Ermittlungsergebnissen im Kriminalfall BAWAG, die erfolglose Weisung, Akten für den Banken-Untersuchungsausschuss vorweg dem ÖVP-Klub zu überlassen, politisch motivierte Unterlassung der Untersuchung schwerer Ermittlungspannen im Fall Kampusch, mutwillige strafrechtliche Ermittlungen gegen politisch nicht opportune Rechtsanwälte, Weitergabe von EKIS-Daten über AsylwerberInnen, Ungereimtheiten bei der Ausfuhr panzerbrechender Waffen und parteipolitische Postenbesetzungen im Innenressort.

Der Klubobmann der Grünen forderte die ÖVP daher dringend auf, dem Motto ihres Parteiobmanns - "Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung" - zu folgen und über interne Aufklärung und Untersuchungen durch Adamovich-Kommission, Justiz und Staatsanwaltschaft hinaus auch einem Untersuchungsausschuss zuzustimmen. Van der Bellen wandte sich gegen jede Diskriminierung parlamentarischer Kontrollinstrumente und erinnerte die ÖVP daran, dass ihr Koalitionspartner, die SPÖ, in den achtziger Jahren durchaus bereits gewesen sei, Untersuchungsausschüsse einzusetzen, die sich gegen SPÖ-Minister gerichtet haben. Dasselbe gelte auch für den Banken-Untersuchungsausschuss. Wenn die ÖVP verhindern wolle, dass das "V" in ihrem Parteikürzel künftig mit "Vertuschung" gleichgesetzt werde, sollte sie diesem Untersuchungsausschuss zustimmen.

Bundesminister PLATTER hielt zunächst fest, die von seinem Vorredner genannten Vorwürfe richteten sich nicht gegen Vorfälle in seiner Amtszeit und wandte sich entschieden dagegen, selbst in die Verdächtigenliste aufgenommen zu werden. BKA-Chef Haidinger habe er deshalb nicht wiederbestellt, weil er mit dessen Amtsführung nicht einverstanden gewesen sei und weil ihm die unabhängige Bestellungskommission einen wesentlich geeigneteren Kandidaten vorgeschlagen habe. Daraufhin habe Haidinger beschlossen, sich zu rächen, worin Abgeordneter Pilz die Chance seines Lebens gesehen habe, "den größten Skandal seit der Ermordung Julius Cäsars auszurufen", sagte Platter pointiert. Eine "unheilige Allianz der Oppositionsparteien mit dem Koalitionspartner SPÖ" habe sich daraufhin gebildet, wobei Platter der SPÖ vorwarf, die Affäre nützen zu wollen, "um aus schlechten Umfragedaten herauszukommen".

Der Innenminister warnte davor, das Ansehen von Menschen irreparabel zu beschädigen, die zufällig in die Schusslinie von Pilz und Co. geraten, und sah sich bei der Untersuchung der Vorwürfe am "Scheideweg" zwischen Aufklärung und Skandalisierung. Haidinger habe jedenfalls unter Eid beim BAWAG-Prozess ausgesagt, es habe keine Beeinflussung der Soko BAWAG gegeben. Es habe auch keine Vertuschung auf Weisung von oben im Fall Kampusch gegeben, vielmehr sei die Staatsanwaltschaft lange vor der Nationalratswahl 2006 informiert worden, womit die Vorwürfe Haidingers widerlegt seien.

Das "Büro für interne Angelegenheiten" sei von Minister Strasser eingerichtet worden, um Missstände aufzuklären und falsche Anschuldigungen gegen Polizisten zu klären. Das BIA leiste ausgezeichnete Arbeit, betonte der Minister und wandte sich entschieden gegen Verschwörungstheorien um diese Einrichtung.

Vieles sei schon aufgeklärt worden, teilte der Minister den Abgeordneten mit und meinte, es wäre nun richtig, die mit der Aufklärung betrauten Stellen in Ruhe arbeiten zu lassen und seitens der Politik zur Sacharbeit zurückzukehren. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses lasse, so seine Erfahrung der letzten Untersuchungsausschüssen, monatelangen Stillstand in der politischen Sacharbeit befürchten. Wiederholt appellierte der Minister daher an die Abgeordneten, Justiz, Adamovich-Kommission und Staatsanwaltschaft arbeiten zu lassen und nach Vorliegen der Untersuchungsergebnisse zu bewerten, ob eine Klärung der politischen Verantwortung notwendig sei.

Auf die 28 Detailfragen der Grünen eingehend, führte der Innenminister aus, der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit und Bundesministerin Prokop seien über den Fortgang der Ermittlungen im Fall BAWAG laufend informiert wurden, wie dies in allen großen Kriminalfällen üblich sei.

Den Vorwurf, der hinweisgebende Polizeihundeführer im Fall Kampusch sei auf Weisung des Ministerbüros nicht einvernommen worden, wies Platter als falsch zurück. Einerseits sei die Staatsanwaltschaft lange vor der Nationalratswahl 2006 informiert und der Hundeführer befragt worden. Dem entsprächen auch die Zwischenergebnisse der Adamovich-Kommission.
   

In diesem Zusammenhang warnte der Innenminister davor, allfällige Bewertungsfehler der Polizei zum Anlass für politische Skandalisierungen zu nehmen und teilte mit, der Endbericht der Adamovich-Kommission zum Fall Kampusch sei bereits in vier Monaten zu erwarten. Niemand habe in diesem Fall absichtlich Fehler gemacht, zeigte sich der Minister überzeugt. Vielmehr sei die größte polizeiliche Suchaktion aller Zeiten gestartet worden, um Natascha Kampusch zu befreien. In der Frage allfälliger Schadenersatzansprüche habe er bereits ein Gespräch mit dem Rechtsanwalt von Natascha Kampusch geführt, sagte Platter, er sei interessiert daran, diese Frage in aller Transparenz zu behandeln.

Wiederholt wies der Minister die Behauptung zurück, der E-Mail-Verkehr des Innenressorts lasse den Schluss zu, Heidinger habe rechtswidrige Weisungen erhalten. Heidinger selbst habe klar zugegeben, nie rechtswidrige Weisungen erhalten zu haben.

Es sei immer unbestritten gewesen, im Fall Kampusch eine Evaluierung durchzuführen, allerdings erst dann, "wenn der Aktendeckel geschlossen" und keine weiteren Hinweise mehr zu erwarten seien.

Im Asylfall Zogaj habe er in der Öffentlichkeit nur über Fakten gesprochen, die in der Medienöffentlichkeit bereits bekannt gewesen seien. Auch ÖVP-Landesgeschäftsführen Mag. Karner habe nur medial bereits bekannte Daten zur Familie Zeqaj erwähnt - die Weitergabe von EKIS-Daten schloss der Innenminister dezidiert aus.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) meinte in Richtung des Innenministers, Platter werde im Untersuchungsausschuss Gelegenheit bekommen, auf die 28 Fragen, die er heute nicht beantwortet hat, einzugehen und dies unter Wahrheitspflicht. Es sei unrichtig, dass alles vor der Amtszeit von Platter passiert sei. Persönlich fand es Pilz unfair, den beiden ehemaligen Regierungsmitgliedern Strasser und Prokop die Affäre einer Partei und von drei Innenministern in die Schuhe zu schieben. Platter sollte zu seiner Verantwortung stehen. So wies Pilz etwa darauf hin, dass bis zur ersten Aussage von Dr. Haidinger im Innenausschuss die Evaluierung des Falles Kampusch verhindert und Frau Kampusch auch nicht über ihre Ansprüche informiert wurde. Wir haben gefragt, so Pilz wörtlich, wieso man Frau Kampusch, die ohnehin genug Schaden erlitten hat, nicht darüber informiert habe, dass sie möglicherweise wichtige und große Ansprüche gegenüber der Republik Österreich hat. Platter habe persönliche Gründe, warum er diese Frage nicht beantwortet hat, so Pilz.

Der Minister werfe der SPÖ und den drei Oppositionsparteien vor, man ziele auf Personen, die in "unsere Schusslinie geraten" sind. Der Ressortchef habe unter Missbrauch kriminalpolizeilicher Daten öffentlich auf eine Person gezielt, die zu den schwächsten Personen in dieser Republik zählt, nämlich auf Arigona Zogaj. Platter habe versucht, ihr durch missbräuchliche Verwendung von EKIS-Daten öffentlich zu schaden. Es gibt eine Menge Vorwürfe, an denen laut Pilz "etwas dran" sei, die ÖVP müsse nicht erst angeschüttet werden. Es handle sich auch nicht um die Spitze eines Eisberges, man stehe "zum ersten Mal am Ufer eines schwarzen Sumpfes und man erhalte zum ersten Mal das Gefühl über die ungefähre Ausdehnung dieses Sumpfes". Der Nationalrat und die Öffentlichkeit haben gemäß Pilz das Recht zu erfahren, wie groß ein politischer Sumpf ist, in dem eine Zeitlang sogar das Innenministerium als eines der sensibelsten Ressorts verschwunden ist. Im Untersuchungsausschuss werde nicht nur die politische Verantwortung der ÖVP untersucht werden, sondern auch die Frage, wie es möglich war, mit den Methoden der niederösterreichischen ÖVP den sensibelsten Beamtenapparat dieser Republik zu missbrauchen.

Die Vorsitz führende Präsidentin Mag. PRAMMER teilte mit, dass die Abgeordneten Pilz (G), Strache (F) und Westenthaler (B) beantragt haben, einen Untersuchungsausschuss hinsichtlich der Vertuschung von Polizeiaffären und des Missbrauchs der politischen Macht insbesondere im BM für Inneres, aber auch in den BM für Justiz, für Finanzen und für Äußeres einzusetzen. – Die Debatte und Abstimmung über den Antrag finden nach Erledigung der Tagesordnung statt.

Abgeordneter Dr. CAP (S) stellte mit Genugtuung fest, dass in den letzten Wochen die Medien schonungslos berichtet und somit ihre Aufgabe in einer Demokratie wahrgenommen haben. Im Prüfauftrag sei laut Cap alles enthalten, was den BürgerInnen "auf den Geist geht". Die SPÖ will, dass es einen umfassenden Erneuerungsprozess gibt, und dafür sei schonungslose Aufklärung notwendig, so Cap. Wenn man einen Untersuchungsausschuss, wie das Platter heute gemacht hat, als "schmutziges Schauspiel" heruntermache, dann handle es sich dabei um eine Attacke auf ein Instrumentarium des Parlaments, und das könne nicht akzeptiert werden.

Unverständnis zeigte Cap gegenüber der ÖVP, warum sie der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht zustimme. Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion spreche sich einstimmig für diesen umfassenden Prüfauftrag aus, der auch die Ereignisse der letzten Tage umfasst. Der Abgeordnete, der die Verhandlungen im Innenausschuss verfolgt hat, strich heraus, es gebe nun "mehr Fragen als Antworten". Adamovich habe sich bemüht und sich indirekt mit seinen Schlussbemerkungen für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ausgesprochen. Es gab keine schriftliche rechtswidrige Weisung, sondern eine, wie im Ausschuss gesagt wurde, "rechtswidrige Bitte". Ein Mitglied des Kabinetts äußert eine Bitte, der, der das hört, glaubt, das ist eine Art Weisung und macht es. Tatsache ist auch, dass niederösterreichische ÖVPler im Ministerium tätig waren. Wieso fordert Landeshauptmann Pröll, der unentwegt die Bundesregierung kritisiert, nicht die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses? Bezüglich Parteienfinanzierung sollte einmal "Tabula rasa" gemacht werden: Offenlegung ab 7.000 €. Die SPÖ sei offen für jede Form der Kontrolle, der Aufklärung und der Reform, strich Cap heraus.

Abgeordneter Dr. SCHÜSSEL (V) vertrat die Ansicht, man hätte aus den Erfahrungen der letzten beiden Untersuchungsausschüsse lernen können. Es wurde damals "sehr viel skandalisiert und es ist sehr wenig an Resultaten herausgekommen". Die ÖVP will nichts vertuschen, sondern bietet an, dass unabhängige, weisungsfreie, seriöse Persönlichkeiten wie Präsident Adamovich oder Direktor Marent oder die Staatsanwaltschaft untersuchen und man dann die Frage einer allfälligen politischen Verantwortung klärt. Der Kern der Vorwürfe der letzten Wochen habe sich nach Ansicht von Schüssel in Luft aufgelöst. Es sei absurd anzunehmen, dass Liese Prokop im Fall Kampusch irgendetwas vertuschen hätte wollen; es sei jetzt bewiesen, dass es keine Vertuschung gibt. Zu Dr. Haidinger meinte Schüssel, dieser sei im Jahr 2000 ins Innenministerium gekommen und war im Kabinett für die Kriminalpolizei zuständig. Er hätte bereits damals die Möglichkeit gehabt, alles aufzuklären, ab 2002 war er sogar Chef des Bundeskriminalamtes. Warum hat er bis 2006 gebraucht, um draufzukommen, dass es Ermittlungsfehler gegeben hat? Warum hat er dann noch einmal ein Jahr bis 2007 gebraucht, um seine Erfahrungen schriftlich niederzulegen?, fragte Schüssel und schloss daraus: Sieben Jahre Nachdenkpause sind nicht wirklich erklärbar. Adamovich habe sicher Recht, so der Abgeordnete, dass damals Fehler passiert sind, und die gehören aufgeklärt, aber es sei nichts vertuscht worden.

Im Zusammenhang mit dem Fall BAWAG machte der Klubobmann darauf aufmerksam, dass der Auftrag, diese Geldflüsse nachzuweisen, nicht aus dem Ministerbüro kam, sondern von der Staatsanwaltschaft. Aber der Staatsanwalt wurde im Justizausschuss von der Justizministerin nicht von seiner Amtsverschwiegenheit entbunden, obwohl das alle Fraktionen wollten. Er hätte das dort sagen können! Bis heute weiß man nicht, wo das Geld ist, hob Schüssel hervor. Warum hat der ÖGB 20 Stiftungen in Liechtenstein eingerichtet? Warum wurden Millionenhonorare in Schilling ohne erkennbare Gegenleistung an Spitzenvertreter der Sozialdemokraten bezahlt? Warum ist im Computer von Weninger, der Finanzchef des ÖGB gewesen ist, ein Betrag von 2 Mill. Schilling ohne Gegenleistung an die SPÖ ausgewiesen?, fragte Schüssel und machte darauf aufmerksam, dass es Unterlagen geben soll, dass 1 Mrd. Schilling an ÖGB, SPÖ und "Konsum" gegangen sein soll. Die Justiz solle das unbeeinflusst und objektiv erheben, und dann solle mit den Parlamentariern darüber gesprochen werden, wie mit der politischen Verantwortung umgegangen wird, sagte Schüssel.

Das BIA sei eine sinnvolle und notwendige Einrichtung geworden, so habe es etwa den Wiener Polizeiskandal um Horngacher und den Verein der Wiener Polizei aufgedeckt. Damit mache man sich keine Freunde, aber jetzt die Ermittler zu beschimpfen, komme nicht in Frage, betonte der Redner.

Im Hinblick auf die "Umfärbung" meinte Schüssel, es sei richtig, dass "neu balanciert" wurde. Es sei notwendig gewesen, "aus einem roten Ministerium ein rot-weiß-rotes Ministerium" zu machen. Im Jahr 2000 habe es vier Sektionen und acht Gruppen gegeben; alle vier Sektionschefs sowie sieben von acht Gruppenleitern waren Sozialdemokraten. Heute sind noch immer drei Sozialdemokraten. Im Jahr 2000 habe es von 48 Abteilungen nur fünf gegeben, in denen nicht ein eingeschriebener Sozialdemokrat tätig gewesen ist. Sämtliche 14 Bundespolizeidirektionen und alle acht Landesgendarmeriekommandanten sind SPÖ-besetzt gewesen. Es sei daher fair gewesen, neu zu balancieren, lautete die Rechtfertigung Schüssels.

Abgeordneter STRACHE (F) meinte, es stehen konkrete Vorwürfe wie Amtsmissbrauch, Korruption und Spitzelwesen im Raum. Es wurde der Eindruck erweckt, die Republik wäre ein Selbstbedienungsladen. Auch die SPÖ habe in der Vergangenheit danach gehandelt, fügte Strache hinzu. Österreich habe keine "große Koalition", sondern eine "große Kollision" mit Streitereien und Belastungen. Wenn es aber um die Einsetzung eines Kontrollinstruments gehe, dann heißt es seitens der ÖVP, es sei böse, so etwas zu machen. Alles, was nicht von der ÖVP komme, sei eine Kritik am Land, aber das Land sei kein Parteieigentum der ÖVP. Die ÖVP brauche daher nicht verschnupft reagieren, dass es das Parlament wagt, seiner parlamentarischen Aufgabe und Verpflichtung nachzukommen.

Die SPÖ signalisierte Zustimmung zum Untersuchungsausschuss, aber mit dieser Zustimmung allein sei es nicht getan, so Strache, denn auch den vorhergegangenen Untersuchungsausschüssen habe die SPÖ zugestimmt, aber letztlich gab es gemeinsam mit der ÖVP nur Theaterdonner. Eigenartig empfand Strache, dass, wenn es der ÖVP schlechtgehe, "andere schmutzige Geschichten" auftauchen, die vielleicht vorher schon bekannt waren und man sich fragen müsse, warum das jetzt erst öffentlich gemacht wurde. Daher sagte Strache, es müssten die Machtmuster in unserem Land hinterfragt werden. Wenn der ehemalige BKA-Chef Haidinger einmal darüber spricht, habe man sich sehr wohl zu fragen, wie viele tausende kleine Beamte unter diesem Politapparat des Innenministeriums leiden mussten, weil es ihnen nicht anders ergangen ist, sie aber nicht den Mut gehabt haben und haben, auszupacken, weil sie sonst keine Karrierechance mehr vorfinden.

Abgeordneter WESTENTHALER (B) sagte, man habe eine Regierung, die nach wenigen Monaten "so viel Ende ausstrahlt". Als Opposition brauche man gar keine scharfen Worte mehr finden, man könne sich auf das Wesentliche konzentrieren, weil die beiden Regierungsparteien einander bekämpfen. Rot und Schwarz teilen sich nicht nur das Land, sondern auch die Skandale auf. Den Menschen "wird ja schlecht", wenn sie von den roten und schwarzen Skandalen hören. Erstmals breche die SPÖ das Koalitionsübereinkommen und stimme heute gegen die ÖVP für einen Untersuchungsausschuss. Westenthaler überreichte Vizekanzler Molterer das Buch "Wenn der Partner geht – Wege zur Bewältigung von Trennung und Scheidung".

In Österreich gebe es zurzeit süditalienische Verhältnisse, sagte er: Machtmissbrauch, Vertuschung, Vernaderung, Bespitzelung, also "Sodom und Gomorrha in rot und schwarz" – und die Regierung mache weiter nach dem Motto: Ist der Ruf erst ruiniert, regiert es sich völlig ungeniert. Es gebe keine Reformen in einer Zeit, in der es die höchste Inflation gibt. Das BZÖ spiele nicht mit, sagte Westenthaler und brachte einen Entschließungsantrag betreffend Steuersenkung mit Wirkung 1. Jänner 2009 ein. Nicht nur der Steuersenkung sollen aus Sicht des BZÖ die Sozialdemokraten zustimmen, sondern auch dem Teuerungsausgleich, den das BZÖ heute noch beantragen wird. Zurückkommend zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses hob Westenthaler hervor, dieser Untersuchungsausschuss dürfe nicht parteipolitisch missbraucht werden. Obmann des Untersuchungsausschusses sollte daher ein unabhängiger Richter werden.

Nationalratspräsidentin Mag. PRAMMER unterbrach sodann die Sitzung für eine kurze Stehpräsidiale. Sie gab danach bekannt, dass sie derzeit nicht entscheiden könne, ob der von Klubobmann Westenthaler eingebrachte Entschließungsantrag zugelassen wird, zumal noch nicht alle den Antrag erhalten haben.

Abgeordneter WESTENTHALER (B) zeigte sich verwundert über das Vorgehen der NR-Präsidentin und beantragte, den seiner Meinung nach geschäftskonformen Antrag seiner Partei zuzulassen, weil er sich ganz klar auf den Verhandlungsgegenstand bezieht.

In einer weiteren Wortmeldung zur Geschäftsordnung wies Abgeordneter Dr. CAP (S) darauf hin, dass seine Fraktion einen selbständigen Antrag einbringen wird. Westenthaler könne das gleiche mit seinem Antrag machen und es sei daher nicht notwendig, über die Geschäftsordnung zu streiten.

Auch die FPÖ werde sowohl einen selbständigen als auch einen Entschließungsantrag einbringen, kündigte Abgeordneter Dr. STRACHE (F) an. Es müsse nach Maßgabe der Geschäftsordnung eine Beurteilung getroffen werden.


Aus seiner Sicht spreche viel dafür, diese Anträge nicht zuzulassen, meinte Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G), da kein Zusammenhang mit dem Tagesordnungspunkt erkennbar sei; aber die Entscheidung darüber liege selbstverständlich bei der Nationalratspräsidentin.

Abgeordneter Dr. SCHÜSSEL (V) gab seinem Vorredner insofern recht, als es manchmal Grenzfälle geben könne; im Zweifel könne man durchaus großzügig sein. Da die Letztentscheidung aber bei der amtsführenden Präsidentin liege, vertraue er voll auf ihre Weisheit.

Nationalratspräsidentin Mag. PRAMMER entschied sodann auf Nicht-Zulassung des eingebrachten Antrags.
   

Vizekanzler Mag. MOLTERER erinnerte daran, dass er bei Bekanntwerden der ersten Vorwürfe sofort und ganz klar für eine lückenlose Aufklärung eingetreten ist. Die Frage, die heute zur Entscheidung anstehe, sei, welcher Weg nun beschritten werden soll. Nach reiflicher Überlegung und langer Diskussion gemeinsam mit den Parteifreunden habe man sich für eine Vorgangsweise entschieden, die auf einem Grundvertrauen in die unabhängige Justiz und in die Staatsanwaltschaft basiert. Außerdem solle man Adamovich und seine Kommission in Ruhe arbeiten lassen. Selbstverständlich haben die Parlamentarier das Recht, in diese Diskussion miteingebunden zu werden, bekräftigte er, weshalb die Mandatare im Innen- und Justizausschuss regelmäßig über die Fortschritte, auch unter Aufhebung der Amtsverschwiegenheit, informiert werden sollen. Er frage sich jedoch, warum dies nur der Innenminister für seine Beamten tut und die Justizministerin die Amtsverschwiegenheit bei der Staatsanwaltschaft nicht aufhebt. Sollten sich nach dieser Vorgangsweise noch weitere Fragen ergeben, dann sei es für ihn selbstverständlich, dass – zum richtigen Zeitpunkt – über einen Untersuchungsausschuss zu entscheiden ist.

Dem Abgeordneten Cap gegenüber merkte er an, dass er sich in der Oppositionsrolle offensichtlich sehr wohl fühle. Er habe die tiefe Sorge, dass ein Untersuchungsausschuss in der aktuellen Situation der Wahrheitsfindung nicht diene und die konkrete Arbeit für Österreich erschwere. Wenn die SPÖ heute einen Antrag bezüglich Steuerreform und Inflationsbekämpfung einbringt, dann frage er sich, ob die Sozialdemokraten ihrem eigenen Vorsitzenden die erforderliche Durchschlagskraft in der Regierung nicht zutrauen. Es werde eine Steuerreform geben, betonte Molterer, aber – so wie mit dem Bundeskanzler vereinbart – zum richtigen Zeitpunkt. Aus Verantwortung gegenüber den jungen Menschen dürfe es jedoch keine Maßnahmen geben, die mit Schulden finanziert werden. Es werde eine Steuerreform geben, die den Mittelstand und die Familien entlastet, erklärte der Vizekanzler.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) ging auf die Aussagen des Vizekanzlers ein, der dem Parlament offensichtlich ausrichtete, dass es nicht legitimiert sei, einen Untersuchungsausschuss einzurichten. Wenn Schüssel davon spricht, dass kompetente, unabhängige und seriöse Persönlichkeiten die Vorwürfe aufklären sollen, dann bedeute dies, dass die Abgeordneten, die einem solchen Untersuchungsausschuss angehören würden, abhängig, unseriös und inkompetent sind. Dies weise sie aufs Schärfste zurück, betonte Glawischnig-Piesczek (G). Auch die Aussage von Schüssel, wonach die Besetzung von Spitzenpositionen in der Verwaltung zu einer Neubalancierung führe, sei das unverschämteste Bekenntnis zur Parteipolitik, das sie in ihrer gesamten politischen Karriere gehört habe.

Einer der schwersten Vorwürfe, der im Zuge der Befragungen von Haidinger aufgetaucht ist, sei, dass das Innenministerium missbraucht wurde, um gezielt einer politischen Partei im Rahmen des Nationalratswahlkampfs 2006 zu schaden, hob Abgeordneter PARNIGONI (S) hervor. Neben der strafrechtlichen Aufklärung gehe es um die Frage, wer die politische Verantwortung für diese ungeheuerlichen Vorgänge zu tragen hat. Auch angesichts der starken Zunahme der Strafdelikte (plus 100.000) seit dem Jahr 2000 und der sinkenden Aufklärungsrate (von 54 % auf 38 %) müsse sich der Innenminister wirklich fragen, ob er eine richtige Auswahl bei seinen Mitarbeitern trifft. Seiner Auffassung nach müsse auch das "System BIA" hinterfragt werden und man soll sich überlegen, ob dieses Büro nicht besser der Korruptionsstaatsanwaltschaft unterstellt werden soll.

Die heutige Debatte zeige wieder, dass die SPÖ einen Vorsitzenden hat, dem das Parlament, die Zusammenarbeit im Hohen Haus und auch das heutige Thema offenbar keine Anliegen sind, urteilte Abgeordneter Mag. KUKACKA (V). Es fehle aber nicht nur der Bundeskanzler, sondern auch die Justizministerin, die nur kurz im Parlament erschienen ist, kritisierte der Redner. Er sah keinen Grund dafür, einen Untersuchungsausschuss einzurichten, zumal von den Vorwürfen Haidingers im Innen- und Justizausschuss nichts übrig geblieben sei. Bis heute fehlten konkrete Beweise, monierte Kukacka, und auch wenn Unterstellungen ständig wiederholt werden, würden sie dadurch nicht wahrer. Der SPÖ und den Grünen ging es nie um Aufklärung, sondern um eine politische Begleitstrategie zum laufenden "negative campaigning" gegen die ÖVP.

Abgeordnete ROSENKRANZ (F) fand vor allem die Frage des Visahandels für äußerst untersuchungswürdig. Mittlerweile wurden auch schon Beamte wegen Amtsmissbrauch, Schlepperei und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verurteilt. In der Urteilsbegründung sei nachzulesen, "dass der illegale Visahandel der österreichischen Behörden nicht zu übersehen war und in ganz Serbien bekannt gewesen ist. In Wien habe man aber überhaupt nichts unternommen, obwohl in einigen Fällen das Botschaftspersonal gewarnt hat." Der Richter habe auch gesagt, dass er während des Verfahrens darüber benachrichtigt wurde, dass diese rechtswidrigen Praktiken weitergehen.

Bundesministerin Dr. PLASSNIK dankte für die Gelegenheit, zum Visathema Stellung nehmen zu können. Die Frage der Missbrauchsfestigkeit des Visasystems sei für jedes Schengen-Ministerium ein Dauerthema, betonte die Ministerin, zumal allein Österreich 400.000 Visa pro Jahr ausstellt. Es gelte hier die sehr heikle Balance zu finden zwischen dem Argument der Sicherheit und der Tatsache, dass Österreich in Bezug auf die Wirtschaft und den Tourismus ein offenes Land ist. Seit ihrem Amtsantritt habe sie eine breite Palette an praktischen Maßnahmen gesetzt und ihr Ressort arbeite unaufhörlich daran, das Visasystem noch besser vor Missbrauch zu schützen. Es sei richtig, dass in der angesprochenen Causa ein Urteil vom Gericht, mit dem ihr Ressort eng zusammengearbeitet habe, gefällt wurde. Eine Konsequenz sei z.B., dass der nunmehr verurteilte Mitarbeiter des Außenministeriums entlassen wurde, und zwar schon vor zwei Jahren. Im November 2005 wurde von ihr eine mit ausgewiesenen Experten besetzte Visakommission eingerichtet, führte Plassnik weiter aus, die von ihr entwickelten Empfehlungen werden 1 : 1 umgesetzt. Als weitere Schritte führte sie den Ausbau der Schulungsmaßnahmen, die Verstärkung der Kontrollen, die Erweiterung der Inspektionsteams des Generalinspektors sowie zusätzliche Infrastruktur- und Personalmaßnahmen an. Eine weitere Überprüfung der Botschaft in Belgrad habe ergeben, dass dort nun ein missbrauchsfestes System etabliert wurde.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) meldete sich zur Geschäftsordnung zu Wort und stellte fest, die Außenministerin habe sich zu einer Materie gemeldet, die im Rahmen der Dringlichen Anfrage, die sich nur an den Innenminister wendet, nicht zur Debatte stehe.

Daraufhin entgegnete Klubobmann Dr. SCHÜSSEL (V), die Ministerin habe das Recht zu einem Thema Stellung zu nehmen, das von Abgeordneten angesprochen werde, und Abgeordnete Rosenkranz habe sich in ihrem Debattenbeitrag mit der Visa-Affäre beschäftigt.

In der weiteren Diskussion kritisierte Abgeordneter Mag. DARMANN (B) zunächst die Nationalratspräsidentin, weil sie den Antrag des BZÖ zur Steuersenkung nicht zugelassen hat. Damit sei die SPÖ davon entbunden zu entscheiden, ob sie dem Antrag zustimmt oder nicht. Was die Vorwürfe gegen das Innenministerium betrifft, so meinte Darmann, es sei notwendig, weit in die Vergangenheit zurückzugehen. Interessant sei auch, das Zusammenwirken des BIA mit der Staatsanwaltschaft zu durchleuchten. Er verstehe die ÖVP nicht, dass sie nicht daran interessiert sei, die im Antrag zum Untersuchungsausschuss aufgelisteten Fragen aufzuklären. Darmann warb noch einmal für den Vorschlag des BZÖ, den Vorsitz im Untersuchungsausschuss einem unabhängigen Richter zu übertragen. So wäre es möglich, ein von der ÖVP befürchtetes "Tribunal" zu verhindern.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) unterstrich, es gehe nun um einen Neustart in der Zweiten Republik. Es gehe darum, wie die Selbstreinigungskräfte funktionieren, und das habe mit dem Hohen Haus zu tun. Kogler griff in diesem Zusammenhang Klubobmann Schüssel scharf an und stellte aus seiner Sicht fest, dass die beiden vorangegangenen Untersuchungsausschüsse sehr wohl konkrete Ergebnisse gebracht hätten. Der Neustart mit einem Untersuchungsausschuss sei notwendig, da in Hinblick auf Korruption Österreich im internationalen Ranking immer stärker zurückfalle. Es sei nun auch zu klären, inwieweit die Akten von Regierungsstellen zurückgehalten bzw. manipuliert übermittelt worden seien. Zum Großreinemachen sei es höchste Zeit, betonte Kogler abschließend.

Abgeordnete Mag. WURM (S) griff nochmals die Vorgänge um illegale Visaerteilungen auf und hegte Zweifel daran, dass man im Außenministerium davon nichts gewusst hat. Hier müsse man aufklären, denn dabei gehe es um Schlepperei, um Zwangsprostitution und illegale Einwanderung, sagte sie. Man könne daher nicht den Mantel des Schweigens darüber breiten, sondern man müsse alles tun, um das Vertrauen in den Rechtsstaat nicht zu gefährden, zumal laut Aussage des Richters derartige Vorfälle noch immer an der Tagesordnung sein sollen.

Abgeordneter Mag. DONNERBAUER (V) stellte aus seiner Sicht fest, die Reden der Abgeordneten Pilz, Kogler und Wurm zeigten deutlich, dass die anderen Parteien den Untersuchungsausschuss missbrauchen wollen, denn es sei ihnen nur um Vorverurteilungen gegangen. Sie hätten eine Strategie entwickelt, wie man erfolgreichen ÖVP-MinisterInnen Schaden zufügen könne. Donnerbauer wies noch einmal auf die Maßnahmen von Minister Platter zur lückenlosen Aufklärung der Vorwürfe hin. Die ÖVP sei für eine parlamentarische Kontrolle, bekräftigte er, aber nicht parallel zu den Untersuchungen durch die Justiz. Denn in diesem zeitlichen Zusammenhang könnten viele Personen vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss keine Aussagen treffen. Daher sollte man die politische Verantwortung erst dann untersuchen, wenn die Justiz Ergebnisse vorgelegt hat. Donnerbauer brachte in diesem Zusammenhang einen Entschließungsantrag ein, in dem der Innenminister und die Justizministerin aufgefordert werden, alles zu tun, das der Aufklärung der Vorwürfe dienlich ist.

Abgeordneter VILIMSKY (F) warf den Koalitionsparteien ÖVP und SPÖ vor, durch ihre "Nabelschau" der Politikverdrossenheit noch mehr Nahrung zu geben. Die Spitzen der Sicherheitspolitik sollten nicht nur auf Bundesebene untersucht werden, sondern auch auf Landesebene, forderte Vilimsky, indem er an die Vorgänge bei der Wiener Polizei erinnerte. Vor dem Hintergrund, dass die Gespräche in Richtung eines Ausschussvorsitzenden aus den Reihen der FPÖ gehen, meinte Vilimsky, das sei gut so, da die Grünen ohnehin ein gespaltenes Verhältnis zur Sicherheit haben. Der Untersuchungsausschuss werde die Chance bieten, das System des Sicherheitsapparats zu reformieren und eine demokratische Kontrolle zu etablieren. SPÖ und ÖVP sollten beide ihre politische Vergangenheit, insbesondere die Parteipolitik im Sicherheitsapparat aufarbeiten.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) konstatierte, man erkenne nicht mehr, ob man überhaupt eine Regierung hat. Man frage sich, wo die Projekte und wo die Perspektiven sind. Die Bundesregierung mache seit einem Jahr nichts anderes als streiten und zuschauen, anstatt zu arbeiten. Damit gebe es keine Steuererleichterungen, keinen Teuerungsausgleich, keine Politik zur Sicherung der Arbeitsplätze und des Wirtschaftsstandorts. Die SPÖ verstecke sich hinter einem Präsidium, das Anträge nicht zulässt, kritisierte Scheibner und brachte zwei Entschließungsanträge ein, die auf einen Teuerungsausgleich und auf einen Heizkostenzuschuss abzielen. Scheibner sprach sich dezidiert für einen Vorsitz durch einen unabhängigen Richter aus, um zu vermeiden, dass es zu Verletzungen der Grundrechte der Auskunftspersonen kommt, wie es bei den vorangegangenen Untersuchungsausschüssen der Fall gewesen sei. Abschließend thematisierte Scheibner Geldflüsse zwischen Gewerkschaft und SPÖ und sprach sich für eine genaue Untersuchung dieser Vorgänge aus. Auch der Postenschacher müsse transparent gemacht werden, meinte er.

Der Vorsitz führende Präsident Dr. SPINDELEGGER ließ beide Anträge nicht zu, da diese in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit der heutigen Sitzung stehen.

Dagegen argumentierte Abgeordneter WESTENTHALER (B), auch unter Hinweis auf Präzedenzfälle, dass die Teuerungswelle auch kleine ExekutivbeamtInnen treffe und somit ein inhaltlicher Zusammenhang zum Innenministerium hergestellt werden könne.

Klubobmann SCHÜSSEL wies daraufhin den impliziten Vorwurf zurück, Exekutivbeamte seien korruptionsanfällig, weil sie wenig verdienten.

Klubobmann Dr. CAP machte darauf aufmerksam, dass diese Anträge auch als selbständige Anträge eingebracht werden können. Man könne sie dann im zuständigen Ausschuss gründlich behandeln.

Abgeordneter Dr. GRAF (F) erinnerte daran, dass die ÖVP einen Antrag zum Koma-Trinken im Rahmen der Agrarrechtsdebatte eingebracht hat, und da könne man auch keinen inhaltlichen Zusammenhang erkennen.

Klubobmann Dr. VAN DER BELLEN (G) unterstützte die Entscheidung von Präsident Spindelegger und mahnte die Einhaltung der Spielregeln ein.

In der weiteren Debatte meinte Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G), es stünden drei Fragen im Raum. Zum Einen die Frage, wie es die ÖVP mit der Kontrolle halte. Offensichtlich wolle sie diese nicht, so Weinzinger. Sie kritisierte auch den Umgang der ÖVP mit jenen Personen, die Missstände aufdecken. Das betreffe nicht nur Dr. Haidinger, sondern auch Abgeordneten Pilz, der ein ausgezeichneter Ausschussvorsitzender gewesen sei. Das System niederösterreichische ÖVP habe mit Bundesminister Strasser ins Innenministerium Eingang gefunden, und zwar mit Unterstützung des damaligen Bundeskanzlers Schüssel, so die weiteren Vorwürfe Weinzingers. Dieser habe heute sogar die Parteibuchwirtschaft mit dem Wort "ausbalancieren" verteidigt, kritisierte sie. Und schließlich müsse es die Bevölkerung verunsichern, dass die ÖVP nicht davor zurückscheue, persönliche vertrauliche Polizeidaten an die Öffentlichkeit zu geben, wenn ihr politisch jemand in die Quere komme.

Innenminister PLATTER nahm zu den vorangegangenen Wortmeldungen Stellung und stellte gegenüber Abgeordnetem Parnigoni fest, dass seit 2005 die Kriminalitätsrate gesunken sei. Dafür habe man auch internationale Anerkennung gefunden. Seit der Schengen-Erweiterung sei die Kriminalität nochmals gesunken, sagte er und dankte in diesem Zusammenhang der Exekutive. Zu den Vorwürfen der Abgeordneten Rosenkranz meinte der Minister, die Besserstellung von Prostituierten durch den Agenturerlass aus dem Jahr 1998 sei durch das Fremdenrechtspaket 2005 abgestellt worden. Er wies abermals darauf hin, dass die Beschuldigungen gegenüber der Familie Zogaj öffentlich bekannt gemacht worden seien, bevor er selbst diese in den Medien erwähnt hat. Darüber hinaus habe Haidinger festgestellt, dass es keine Weisungen gegeben hat, und auch Adamovich habe im Innenausschuss bestätigt, dass keine Vertuschung zu erkennen sei.

Abgeordneter PENDL (S) stellte fest, die SPÖ sei daran interessiert, Licht ins Dunkel zu bringen. Er könne sich vorstellen, dass Wünsche aus einem Kabinett als Weisung empfunden werden, und es sei eine gemeinsame Verantwortung und Verpflichtung, die Vorkommnisse im Außenamt zu untersuchen. Die öffentlich Bediensteten hätten ein Recht auf Rechtssicherheit, so Pendl. Er hoffe auf Empfehlungen, die rechtsstaatlich und demokratiepolitisch einwandfrei seien.

Abgeordneter DI MISSETHON (V) wertete es als dringend aufklärungsbedürftig, dass möglicherweise eine Milliarde Schilling von der BAWAG "ins rote Netzwerk" geflossen seien. Man sollte das, was die BAWAG-Richterin gesagt habe, ernst nehmen, forderte er. Verwundert zeigte sich Missethon über die Abwesenheit von Bundeskanzler Gusenbauer bei der Debatte.

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag der ÖVP betreffend Aufklärung von Vorwürfen in den Bereichen des Innenressorts und des Justizressorts von den anderen Fraktionen abgelehnt und blieb damit in der Minderheit.
   

Debatte über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
Nach der Dringlichen Anfrage wandten sich die Abgeordneten dem gemeinsamen Antrag von Grünen, Freiheitlichen und BZÖ auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses hinsichtlich "der Vertuschung von Polizeiaffären und des Missbrauchs der politischen Macht" im Innenministerium, aber auch im Justiz-, im Finanz- und im Außenministerium zu. Unter anderem soll der Ausschuss Postenbesetzungen im Innenressort ab dem Jahr 2000 unter die Lupe nehmen und aufklären, ob Ermittlungsergebnisse in der Causa BAWAG missbräuchlich für Wahlkampfzwecke verwendet wurden. Aber auch mit den Ermittlungspannen im Fall Kampusch, der Weitergabe von EKIS-Daten von AsylwerberInnen, illegalen Visaerteilungen von österreichischen Konsularbehörden und der möglichen Finanzierung von SPÖ und ÖGB durch die BAWAG wird sich der Untersuchungsausschuss befassen. Insgesamt wurden 32 Prüfaufträge formuliert.

In der Debatte wiederholten die Abgeordneten die bereits bekannten Argumente. So verwies Abgeordneter Dr. PILZ (G) als Erstantragssteller auf die Notwendigkeit, die Vorwürfe gegen das Innenministerium von einem unabhängigen Gremium untersuchen zu lassen. Es gehe nicht an, dass das Innenministerium die gegen das Ressort gerichteten Vorwürfe selbst prüfe, betonte er. Zudem habe der Nationalrat - neben den Gerichten - als einziger "scharfe Instrumente" zur Hand, um für Aufklärung sorgen zu können. Pilz stellte die Vermutung in den Raum, dass der frühere Bundeskanzler Wolfgang Schüssel "hinter dem systematischen Missbrauch der Macht" steht.

SPÖ-Klubobmann Dr. CAP kündigte die Zustimmung seiner Fraktion zum Untersuchungsausschuss an. Er sprach sich für eine "totale Öffentlichkeit" des Ausschusses aus, jeder solle sich selbst ein Bild davon machen können, "dass ernsthaft gearbeitet wird". Er hoffe, so Cap, dass dieses Mal keine Akten geschwärzt würden. Generell trat der SP-Klubobmann dafür ein, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als Minderheitenrecht zu verankern.

Abgeordnete Dr. KARL (V) bekräftigte, die ÖVP sage "Ja zur Kontrolle" durch die dazu berufenen Stellen, aber "Nein zu einem politischen Tribunal". Offenbar habe die SPÖ mangelndes Vertrauen in die Justiz, meinte sie. Das Instrument des Untersuchungsausschusses sei in der Theorie ein wichtiges parlamentarisches Kontrollinstrument, erklärte Karl, in der Praxis hätten Sachlichkeit, Transparenz und Objektivität in den vergangenen Untersuchungsausschüssen aber nur "eine untergeordnete Rolle" gespielt. Vielmehr sei es in erster Linie um "politische Anschüttungen" gegangen.

Abgeordneter Mag. STEINHAUSER (G) hielt fest, spätestens seit Freitag könne man erahnen, wie "das schwarze System des Machtmissbrauchs" funktioniert habe. Die ÖVP hat seiner Meinung nach nach Bekanntwerden der gegenständlichen Vorwürfe von Anfang an nur eine Strategie verfolgt: keine Aufklärung zu betreiben und den Zeugen Haidinger "anzupatzen". "Wann, wenn nicht jetzt, ist ein Untersuchungsausschuss angesagt", fragte Steinhauser und warf der ÖVP eine generelle "Kontrollphobie" vor. Ausdrückliches Lob äußerte er für den Mut Haidingers.

FPÖ-Klubobmann STRACHE unterstrich, Aufgabe der Abgeordneten sei es, ihrer Kontrollverantwortung nachzukommen. Es sei notwendig herauszufinden, ob die Vorwürfe berechtigt seien oder nicht, konstatierte er. Es gehe um Transparenz, "nicht mehr und nicht weniger". Erfreut äußerte sich Strache über die Zustimmung der SPÖ zum Untersuchungsausschuss, er appellierte aber an die sozialdemokratischen Abgeordneten, auch im Ausschuss an einer Aufklärung zu arbeiten und die Untersuchungen nicht gemeinsam mit dem Koalitionspartner zu blockieren.

BZÖ-Klubobmann WESTENTHALER sprach sich dagegen aus, Ex-BK-Chef Haidinger ausdrücklich zu applaudieren. Die Informationen Haidingers seien wertvoll und aufklärungsbedürftig, skizzierte er, Haidingers Motive aber zu hinterfragen. Für das BZÖ steht Westenthaler zufolge "eine faire und objektive Aufklärung" im Zentrum des Untersuchungsausschusses, wobei er sich insbesondere gespannt zeigte, gegen welche Personen das Büro für interne Angelegenheiten ermittelt habe, und wer observiert worden sei. Wie Cap forderte auch Westenthaler eine völlige Öffentlichkeit des Untersuchungsausschusses und trat weiters für einen unabhängigen Vorsitzenden ein.

Der G-F-B-Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wurde bei der Abstimmung nicht nur von den drei Oppositionsparteien selbst, sondern auch von der SPÖ unterstützt und erhielt damit die notwendige Mehrheit.

Im Anschluss an die Sitzung fand eine weitere (50.) Sitzung des Nationalrates statt, in der in der Geschäftsordnung vorgesehene Mitteilungen und Zuweisungen erfolgten.
     
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