Umfassende Mietrechtsreform im Herbst  

erstellt am
12. 03. 08

 Berger: Sofort 2,2 Prozent statt 3,6 Prozent Mietsteigerung
350.000 Familien werden unmittelbar entlastet
Wien (sk) - Justizministerin Maria Berger präsentierte am 11.03. in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Wirtschaftsminister Bartenstein als Maßnahme zur Inflationsbekämpfung eine Neuregelung der jährlichen Mietanhebungen. Anstatt der bisherigen Praxis, dass der Dezemberwert der Inflation zugrunde gelegt wird, sollen die Richtwertmieten mit 1. April mit dem Durchschnittswert der Inflation 2007, also 2,2 Prozent angehoben werden. Damit ersparen sich die MieterInnen bei einer Richtwertmiete von 500 Euro bis April 2009 92 Euro brutto. "Ich denke, der Effekt ist erheblich", so Berger. Als zweiter Schritt ist im Herbst ein größere Reform des Wohnrechts und die Abschaffung der jährlichen automatischen Inflationsanpassung vorgesehen.

Für Altbaumieten gilt ein Richtwertsystem für seit 1.3.1994 vermietete Wohnungen, für die nicht der "freie" oder "angemessene" Mietzins gilt. Diese Richtwertmieten gelten für 350.000 Haushalte. Nach derzeitiger Rechtslage ist die Justizministerin verpflichtet, jedes Jahr im April eine Inflationsanpassung der Richtwerte mit dem Indexwert des Dezembers des Vorjahres vorzunehmen. Die Erhöhung ist mit 1. April jedes Jahres gültig und wirkt sich ab Mai auf die Mieten aus. Nach derzeitiger Rechtslage würden die Mieten ab 1. Mai um 3,6 Prozent ansteigen. Bis Jahresende würden so zusätzliche Kosten von 144 Euro für eine Wohnung mit einer 500-Euro-Miete anfallen.

Das von Berger initiierte Mietrechtliche Inflationslinderungsgesetz sieht vor, dass statt des hohen Inflationswertes vom Dezember 2007 die durchschnittliche Jahresinflation, das sind 2,2 Prozent, als Basis der Berechnungen dienen.

Als nächster Schritte soll die im Regierungsprogramm vorgesehene Wohnrechtsreform umgesetzt werden. Diese umfassende Reform, die mit den Maßnahmen der Justizministerin bereits begonnen wurden, soll im Herbst erarbeitet und bis 2009 wirksam werden. Geplant ist dann ein Schwellenwertsystem anstatt der jährlichen Inflationsanpassung. Erst wenn der Schwellenwert überschritten wird, kommt die Mietanhebung. Die Mieten werden dadurch seltener angehoben. Dazu gebe es bereits eine Einigung mit dem ÖVP-Bautensprecher Sonnberger. Bedenken, wonach die Ersparnis der Mieter für dieses Jahr im nächsten wieder aufgefressen wird, zerstreute Berger: "Uns war wichtig, dass es nicht jetzt einen schnellen Effekt geben soll, und dann kommt das dicke Ende."

Auch in Hinsicht der Zuschläge zum Richtwert sind Anpassungen geplant. So sei eine Begrenzung der Zuschläge auf höchstens 50 Prozent denkbar. Weiters soll die OGH-Judikatur im Herbst in das Reformpaket zum Mietrecht eingearbeitet werden sowie die Sozialpartnereinigung bei den Erhaltungskosten.

Sowohl im Paket der SPÖ als auch im Paket des Koalitionspartners zur Mietrechtsreform ist eine Reduktion der Kosten für die Vergebührung der Mietverträge für Mietverträge von mehr als drei Jahren vorgesehen.

Ebenfalls eine Einigung wurde bei der Neuordnung des Bauträgerrechts erzielt. Heute wird das Bauträgervertragsgesetz im Parlamentsplenum beschlossen. Damit gibt es bessere Sicherungsmaßnahmen für Konsumenten, die bereits an einen Bauträger Geld bezahlt haben, wenn dieser etwa in Konkurs geht und daher nicht weiterbauen kann.

Auf Anfrage betonte Berger, dass diese gemeinsame Präsentation der Neuregelung im Mietrecht "das Ergebnis kontinuierlicher Arbeit" sei. "Die Motivation, das alles zu erarbeiten ist aus der Sache heraus entstanden."

 

 Bartenstein: Gemeinsame Maßnahmen gegen hohe Inflation
Derzeit finden Gespräche mit den Vertretern der Berufsgruppe der Wohnungsmakler statt
Wien (bmwa)
- "Inflation ist ein wichtiges Thema, das den Menschen unter den Fingernägeln brennt. Es ist ein globales Problem, das auch künftig Sorgenkind Nummer eins bleiben wird", betonte Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein am 11.03. bei einer Pressekonferenz, bei der er gemeinsam mit Justizministerin Maria Berger Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung im Bereich Wohnen präsentierte. "Wir zeigen, dass wir arbeiten. Wer arbeitet, findet schnell zu Zusammenarbeit. Wer zusammenarbeitet, findet wenig Zeit für Streit." Der Appell von Vizekanzler und Finanzminister Wilhelm Molterer für einen Neustart und konstruktive Zusammenarbeit habe jedenfalls im Bereich Teuerungsbekämpfung Wirkung gezeigt.

Konkret kündigte Bartenstein dabei für Ende dieser Woche einen Verordnungsentwurf zur Reduktion der Provisionsobergrenze für Mietverträge an. Derzeit finden Gespräche mit den Vertretern der Berufsgruppe der Wohnungsmakler statt. Es ist geplant, dass die Neuregelung mit 1. Juli in Kraft tritt. Bartenstein möchte bei Mietverträgen mit einer Dauer von drei Jahren oder länger die Maklerprovision mit zwei statt bisher drei Bruttomonatsmieten begrenzen. Bei einer Mietdauer von 3 bis fünf Jahren wäre das eine Ersparnis von 2 bis 3 Prozent, so Bartenstein.

"Gemeinsam mit der vom Justizministerium ausgearbeiteten Neuregelung für die jährliche Anpassung der Wohnungsmieten - statt des Dezember-Inflationswertes, der zuletzt mit 3,6% einen Ausreißer nach oben darstellt, wird der Jahresdurchschnitt 2007 im Ausmaß von 2,2% als Basis für die Mieterhöhung herangezogen - werde im Bereich Wohnen an verschiedenen Schrauben gedreht, um die Teuerung zu dämpfen", so Bartenstein.

In Hinblick auf den Ministerrat am 12.03. verwies Bartenstein auch auf die Roadmap zur Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie, für die die österreichische EU-Ratspräsidentschaft eine Einigung erzielt hat. "Bei den Ämtern der Landesregierungen schaffen wir one-stop-shops, wodurch bürokratische Hürden weiter abgebaut werden. Damit wird der freie Dienstleistungsverkehr endgültig verwirklicht und ermöglicht einen europäischen Markt für Dienstleistungen. Etwa 70 Prozent der Wirtschaftsleistung der EU sowie zwei Drittel der Arbeitsplätze entfallen auf den Dienstleistungssektor."

"Die Inflation ist jedenfalls als ein globales Phänomen zu sehen, denn wegen der steigenden Nachfrage wird der Preis für Nahrungsmittel auch ohne Missernten hoch bleiben, und auch der Ölpreis wird wohl nicht wieder nennenswert sinken", erklärte Bartenstein. Der starke Euro dämpfe zwar die Teuerungseffekte daraus, schaffe aber andererseits Probleme für die Exportwirtschaft. Jedenfalls gelte es, die jüngsten Preissteigerungen zu analysieren. Daher habe auch die Wettbewerbskommission eine WIFO-Studie in Auftrag gegeben, die bis Mai feststellen soll, ob es in Österreich zur Teuerung Zusatzeffekte in der Größenordnung von Zehntelprozentpunkten gibt, so Bartenstein.

 

 Steinhauser: Regierungs-Kompromiss ist nur halbherziger Schritt
Auf rund 400.000 Kategoriemietzinswohnungen wurde überhaupt "vergessen"
Wien (grüne) - "Der Kompromiss der Regierungsparteien zur Mietpreisdämpfung ist halbherzig", kritisiert Albert Steinhauser, Justizsprecher der Grünen. Ursprünglich war ja vorgeschlagen worden, dass es im April zu gar keiner Anhebung der Mieten kommen soll. "Das wäre angesichts der hohen Inflation und der rasanten Mietzinsentwicklung in den letzten Jahren angemessen gewesen. Zudem gilt die Kompromissregelung zudem nur für Wohnungen, die nach dem Richtwertmietzins berechnet werden. Damit ist auf rund 400.000 Kategoriemietzinswohnungen 'vergessen' worden", so Steinhauser.

Positiv ist die Absicht, die Maklergebühren abzusenken. Notwendig wäre aber auch die Streichung der Vergebührung von Mietverträgen, so Steinhauser.

 

 Vilimsky: Mieten müssen billiger und wieder leistbar werden
Ziel müsse eine deutliche Verbilligung von Mieten sein
Wien (fpd) -
FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky kommentierte die an 11.03. vereinbarte Erhöhung der Miet-Richtwerte schlicht als Alibiaktion. Im Sinne der Entlastung der, von den immensen Teuerungen betroffenen Menschen in Österreich, könne man der fadenscheinigen "Einigung" zwischen Justizministerin Berger und Wirtschaftsminister Bartenstein überhaupt nichts abgewinnen. Auch hier habe sich die SPÖ - fast schon klassisch - von der ÖVP über den Tisch ziehen lassen. Denn diese "Lösung" stünde in krassem Gegensatz zu den Entlastungs-Vorhaben, die die SPÖ immer so vollmundig ankündige, so der freiheitliche Konsumentensprecher Vilimsky. Ziel müsse eine deutliche Verbilligung von Mieten sein, damit das Wohnen für die Menschen in Österreich wider leistbar werde.

 

 Ettl: Wohnkostendämpfung für MieterInnen nur "kosmetisch"
Starke Mieterhöhungen belasten heuer rund 1,1 Millionen MieterInnen und ihre Familien - Maklerprovisionen noch immer um ein Viertel teurer als in Deutschland
Wien (ak) - Wohnen wird wieder teurer: Enttäuscht zeigt sich die AK über das mietrechtliche Inflationslinderungsgesetz der Regierung, um Wohnkosten und Inflation zu dämpfen. Ab 1. April werden die viel zu hohen Richtwertmieten um 2,2 Prozent steigen. Aber auch bei den älteren Kategoriemieten ändert sich nichts, sie werden im Herbst und mindestens fünf Prozent teurer. Und auch viele GenossenschaftsmieterInnen zahlen dadurch heuer mehr. "Insgesamt werden heuer noch etwa 1,1 Millionen Mieter und ihre Familien mit höheren Mieten belastet", sagt die stellvertretende AK Direktorin Johanna Ettl. "Durchschnittsverdiener geben schon 40 Prozent von ihrem Einkommen allein nur für die Miete aus. Gar nicht zur reden von Essen und Strom." Daher muss Wohnen wieder leistbarer werden.

Konkret verlangt die AK:

  • Keine Kategoriemietenanhebung im Herbst und Erhöhung erst bei einer Zehn-Prozent-Inflationsgrenze
  • Erhöhungen von Richtwertmieten künftig erst bei einem Zehn-Prozent-Schwellenwert
  • Klare Begrenzung der Richtwermieten: Zuschläge sollen auf 30 Prozent begrenzt werden und Streichung des Lagezuschlages
  • Senkung der auf MieterInnen überwälzbaren Hausverwalterkosten
  • Keine Überwälzung der Grundsteuer auf MieterInnen

Die Richtwertmieten steigen ab April nun um 2,2 Prozent. Davon betroffen sind rund 350.000 MieterInnen. Bei einer Miete von 500 Euro beträgt die Erhöhung rund 12,10 Euro im Monat inklusive Mehrwertsteuer. Aufs Jahr gerechnet sind das 145 Euro Mehrbelastung. Überhaupt keine Verbesserung gibt es für rund 400.000 MieterInnen mit Kategoriemieten. Im Herbst werden ihre Mieten um mindestens fünf Prozent teurer. Das sind bei einer 80 Quadratmeter Kategorie A Wohnung inklusive Mehrwertsteuer monatlich 12,80 Euro mehr - aufs Jahr gerechnet sind das rund 154 Euro mehr. Aber damit nicht genug: Es werden im Herbst auch die überwälzbaren Hausverwaltungskosten um mindestens fünf Prozent steigen. Und natürlich heizt das wieder die Inflationsrate an, mit der auch wieder die Mieten erhöht werden.

Zusätzlich sind auch viele Genossenschaftswohnungen an die Richtwerte oder Kategoriewerte gebunden. Das bedeutet zusätzlich für rund 400.000 GenossenschaftsmieterInnen, dass für sie Wohnen ebenfalls noch im Herbst teurer wird.

Auch die Maklerprovisionen werden zu wenig gesenkt. Nach Aussagen von Wirtschaftsminister Bartenstein sollen die auf die MieterInnen überwälzbaren Maklerprovisionen nur auf zwei Bruttomonatsmeiten gesenkt werden. Damit bleiben die Maklerkosten noch immer die teuersten in ganz Europa und liegen 25 Prozent über denen in Deutschland. Es ist nicht erklärbar, warum die MieterInnen in Österreich viel höher belastet werden. Außerdem dürfen in Österreich im Unterschied zu Deutschland auch Hausverwalter und Makler, an denen Vermittler beteilt sind, Provisionen von den MieterInnen verlangen. "Weg damit", sagt Ettl. Denn es ist absurd, Provisionen für eine Vermittlung zu verlangen, wenn überhaupt keine Vermittlungstätigkeit vorliegen kann.

 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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