MUSA zeigt "Matrix"   

erstellt am
12. 03. 08

Gender-Theorie mit Stadt Wien-Kunstbeständen
Wien (rk) - Basierend auf den umfangreichen, bis in das Jahr 1951 zurückreichenden, Kunstsammlungen der Stadt Wien zeigt das vor neuen Monaten eröffnete Museum auf Abruf (MUSA) seit 12.03. die Schau "Matrix. Geschlechter. Verhältnisse. Revisionen". Kuratiert von den beiden Kunsthistorikerinnen Sabine Mostegl und Gudrun Ratzinger zeigt die Schau bis 7. Juni beispielhafte Werke, die in Summe Fragen des Geschlechts, des Verhältnisses zwischen Männern und Frauen und der Identität aufwerfen. Im Rahmen eines Mediengespräches am Mittwoch betonten die beiden Kuratorinnen, dass es ihnen nicht um eine lineare Erzählung, basierend auf den Sammlungsbeständen, gehe, sondern vielmehr darum in entsprechender künstlerischer Breite den Begriff "Gender" zu beleuchten. Kulturamtsleiter Bernahrd Denscher, der ebenfalls vor Ort, erinnerte an den geschichtsträchtigen Tag - heute vor 70 Jahren kam es zum "Anschluss" - und betonte, dass im Zuge der NS-Herrschaft diverse enge faschistische Körperbilder, wie auch Geschlechterrollen aufgedrängt wurden, die bei Nichteinhaltung zu Verfolgung und Tod führen konnten. Ein Selbstporträt der Künstlerin Elke Krystufek mit dem Titel "Europa arbeitet in Deutschland" (2001), welches die Künstlerin mit blonder Perücke und einer Nazi-Broschüre in einer Spiegel- Fotografie zeigt, erinnert daran.

Die gezeigten Werke beschreiben historisch gesehen einen Bogen von den späten 1960er Jahren bis in die Gegenwart. Sehr aufschlussreich etwa das Werk "Lora Sana" (2005) von Carola Dertnig, die an die ausgeblendete Bedeutung der Performerinnen und Künstlerinnen im Rahmen des Wiener Aktionismus erinnert. Im dazu gehörenden Text, der aus Interviews besteht, heißt es etwa rückblickend von einer Künstlerin: "Ich war zu schüchtern, um in dieser Umgebung eine Existenz als kunstschaffendes Individuum zu wagen, überhaupt daran zu denken." Über die Austauschbarkeit scheinbar klarer Geschlechterverhältnisse gibt auch Christa Biedermann mit ihrer sechsteiligen Serie "Rollenbilder", entstanden zwischen 1985 und 1987, Auskunft. Die Künstlerin schlüpft in ihren schwarz/weiß-Aufnahmen in jeweils gespiegelte Rollen von Männern und Frauen, die in Summe die Brüchigkeit solcher Zuschreibungen offenbaren. Neben Fotografien, darunter Großformatiges etwa von Lois Renner aus dem Jahr 1995 "Ateliereinsicht (mit P.P.Rubens)", zeigt die Schau auch Videoarbeiten, etwa von Michaela Pöschl "Der Schlaf der Vernunft" (1999), bzw. Installationen, wie von Hans Scheirl "Hans im Bild" (2008), das auch die jüngste Arbeit der Schau darstellt.

Zu "Matrix" wurde auch ein ansprechender Katalog produziert (Verlag: SpringerWienNew York, Preis: 24.95, Euro190 Seiten), der zum einen die einzelnen Werke näher beschreibt, zum anderen aber auch brauchbare Texte zur "Gender"-Theorie im Kunstbereich liefert. Besonders stolz zeigten sich die Kuratorinnen über den Nachdruck des Aufsatzes "Dame im Bild" von Rozsika Parker und Griselda Pollock aus dem Jahr 1996, der bis heute als Schlüsseltext in der feministischen Kunsttheorie gilt. Dem gegenüber findet sich auch ein lesenswerter Aufsatz von Anja Zimmermann, der unter dem Titel "Was war feministische Kunst? Sechs Historisierungen im Lexikonformat" auf die sich automatisch ergebende Historisierung einer Kunstströmung hinweist.

Detail zum MUSA: Das voriges Jahr eröffnete Museum, welches die Kunstbestände der Stadt Wien in Ausstellungen thematisiert, konnte bislang rund 17.000 Besucherinnen und Besucher zählen.

Informationen: http://www.musa.at
 
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