Neue Erkenntnisse zur Steuerung des Herzrhythmus
Jülich (universität) - Wie genau funktioniert die Regulation des Herzschlags? Welche Moleküle
sind an der Steuerung beteiligt? Den Antworten auf diese Fragen sind Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich,
einem Zentrum der Helmholtzgemeinschaft, mit Kollegen des Universitätsklinikums Münster ein Stück
näher gekommen. Ihre Ergebnisse sind in der renommierten Fachzeitschrift "The EMBO Journal" (Vol.
27, Nr. 4, Februar 2008) nachzulesen.
Die Forscher aus Jülich, einem Zentrum der Helmholtz-Gemeinschaft, konzentrierten sich bei ihren Experimenten
auf die Funktion eines bestimmten Eiweißmoleküls, das maßgeblich an der Ausbildung des Herzschlags
beteiligt ist. Dabei handelt es sich um einen Ionenkanal, den so genannten HCN4-Kanal. Diese Kanäle sind im
Herzen und im Gehirn daran beteiligt, dass Zellen rhythmisch aktiv sind. Sie werden deshalb auch Schrittmacher-Kanäle
genannt. Die Aktivität des Kanals wird direkt durch den Botenstoff cAMP reguliert: Diesen Botenstoff produzieren
die Herzzellen vermehrt, wenn das Herz schneller schlagen soll, beispielsweise in Stresssituationen. Bisher war
aber unklar, ob cAMP über den Schrittmacher-Kanal oder über andere Signalwege eine Beschleunigung des
Herzschlags bewirkt.
Gentechnisch veränderte Mäuse halfen den Jülicher Wissenschaftlern, diese Frage zu beantworten.
Die Forscher veränderten in Mäusen das molekulare Aussehen des Schrittmacherkanals, so dass dieser das
cAMP nicht mehr binden konnte. Überraschenderweise sterben die Mäuse, welche die Mutationen auf beiden
Chromosomen tragen, früh in der Embryonalentwicklung. Vor ihrem Tod schlägt das Herz der Tiere viel langsamer
als das normaler Tiere. Die Herzfrequenz erhöht sich auch nicht, wenn vermehrt cAMP produziert wird.
In diesem Stadium der Entwicklung ist also der Schrittmacherkanal das wesentliche Zielprotein, über das cAMP
den Herzschlag in Stresssituationen beschleunigt. Die Beobachtung, dass darüber hinaus aber auch der Grundrhythmus
des Herzschlags nur in Anwesenheit von cAMP die Versorgung des Organismus gewährleistet, war für die
Forscher völlig überraschend. Die Regulation der HCN4-Kanalaktivität durch cAMP ist damit weitreichender
als ursprünglich angenommen.
Eine weitere Entdeckung machten die Wissenschaftler bei ihren Experimenten: Mäuse, die die Mutation nur auf
einem Chromosom tragen, sind lebensfähig. Ihr Herzschlag ist zwar während der Embryonalentwicklung langsamer
als der von normalen Tieren, jedoch schneller als der von Tieren mit der Mutation auf beiden Chromosomen. Mit winzigen
telemetrischen Sendern analysierten die Forscher nun den Herzrhythmus der Tiere im Erwachsenenalter. Überraschenderweise
unterscheiden sich die Herzfrequenzen der erwachsenen Mäuse nicht mehr von denen der "normalen"
Geschwistertiere. Auch die Regulation des Herzrhythmus ist normal, selbst unter Stressbedingungen. Allerdings beobachtet
man bei diesen Tieren gelegentlich den sogenannten Sinusknotenblock. Das bedeutet, dass ein einzelner Herzschlag
einfach ausfällt, das Herz aber anschließend normal weiter schlägt.
Die Wissenschaftler folgern daraus, dass in verschiedenen Entwicklungsphasen der Maus unterschiedliche Schrittmacher
wichtig sind. Der HCN4-Kanal ist maßgeblich an der Regulation des Herzrhythmus während der Embryonalentwicklung
beteiligt und sichert so das Überleben des Organismus. Im Erwachsenenalter scheint seine Bedeutung - zumindest
in der Maus - in den Hintergrund zu treten. Mit ihren Ergebnissen ist den Forschern ein wichtiger Beitrag zum Verständnis
der Regulation des Herzens gelungen. |