Ergebnisse des OeNB-Konjunkturindikators vom März 2008   

erstellt am
21. 03. 08

Nur moderate Konjunkturabschwächung für Österreichs Wirtschaft im ersten Halbjahr 2008
Wien (oenb) - Trotz der internationalen Finanzmarktkrise und ihrer weltweit dämpfenden Effekte stellen sich die Aussichten für die österreichische Wirtschaft im ersten Halbjahr 2008 als erstaunlich günstig dar. Wie schon bisher erwartet, wird das reale BIP-Wachstum im Gesamtjahr 2008 merklich schwächer ausfallen als in den beiden Jahren zuvor, ein dramatischer Einbruch der Konjunktur zeichnet sich für Österreich derzeit jedoch nicht ab. Auf Basis der verfügbaren Daten – die jedoch nur die bis zu Beginn dieses Jahres eingetretenen Entwicklungen abbilden – lässt der Konjunkturindikator der OeNB ein Wachstum des realen BIP von 0,6% im ersten und von 0,5% im zweiten Quartal 2008 (saison- und arbeitstägig bereinigt, im Vergleich zum Vorquartal) erwarten.

"Konjunkturprognosen gestalten sich im derzeitigen Spannungsfeld zwischen ausgeprägten Finanzmarktturbulenzen und einer nach wie vor guten Verfassung der Realwirtschaft in Österreich als außerordentlich schwierig. Während die außenwirtschaftlichen Unsicherheiten stark gestiegen sind, zeigen die verfügbaren Daten in weiten Bereichen ein robustes Bild der österreichischen Wirtschaft. Wir gehen daher davon aus, dass es im ersten Halbjahr 2008 zu keinem markanten Einbruch der Konjunktur kommen wird", so OeNB-Direktor Josef Christl.

Die Dynamik der österreichischen Exporte nahm im Verlauf des Jahres 2007 aufgrund des stetig zunehmenden Außenwerts des Euro und der sich abschwächenden globalen Konjunktur zwar ab, die Ausfuhren entwickelten sich aber auch im vierten Quartal noch relativ gut. Infolge des starken Wertverlusts des US-Dollar gegenüber dem Euro ist aber von einer weiteren Abschwächung der Exportdynamik im ersten Halbjahr 2008 auszugehen. Dies wird auch durch die rückläufige Dynamik der Exportaufträge signalisiert. Die Binnenkonjunktur entwickelt sich sowohl nach Branchen als auch nach Nachfragekomponenten sehr unterschiedlich. Die Dynamik der Sachgütererzeugung hat zwar nachgelassen, die Branche verfügt aber noch über überdurchschnittliche Auftragsbestände. Die Bauwirtschaft und die Tourismusbranche entwickeln sich derzeit sehr gut. Im Bereich der unternehmensnahen Dienstleistungen zeigt sich hingegen eine deutliche Wachstumsverlangsamung. Auch gehen die Unternehmen laut der EU-Konjunkturumfrage von einer ungünstigen weiteren Entwicklung der Geschäftslage aus.

Die Investitionstätigkeit ist im Gesamtjahr 2007 sogar stärker als im Jahr zuvor gewachsen. Jedoch zeigte sich bereits im Verlauf des Jahres 2007 eine deutliche Wachstumsverlangsamung, die sich im laufenden Jahr fortsetzen dürfte. Der private Konsum war trotz starkem Beschäftigungswachstums auch während der Hochkonjunkturphase der letzten beiden Jahre nicht in Schwung gekommen. Die – vor allem aufgrund der starken Erhöhungen der Energie- und Nahrungsmittelpreise – gestiegene Inflation dämpft zusätzlich die Realeinkommen der Haushalte. Daher ist auch für die nächsten Monate keine dynamischere Konsumnachfrage zu erwarten.
Der österreichische Arbeitsmarkt präsentiert sich aufgrund der Hochkonjunktur der letzten Quartale in einer immer noch ausgezeichneten Verfassung. Zudem verstärken temporäre Faktoren – wie die gute Tourismussaison und die Bauwirtschaft – die Nachfrage nach Arbeitskräften. Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen hat seit Jahresbeginn sogar deutlich zugenommen. Der Ausblick für den Arbeitsmarkt bleibt daher für die nächsten Monate – trotz sich abschwächender Konjunktur – positiv.

Die schon bei der letzten Veröffentlichung des OeNB-Konjunkturindikators im Jänner betonten Risiken für die österreichische Konjunktur haben sich durch die Entwicklungen der letzten Wochen weiter erhöht. Die durch die US-Immobilienkrise ausgelösten massiven Verwerfungen auf den internationalen Finanzmärkten ziehen immer weitere Kreise, internationale Organisationen revidieren deshalb ihre Prognosen kontinuierlich nach unten. Entscheidend für eine Begrenzung des Effekts der Finanzmarktkrise auf die konjunkturelle Entwicklung – speziell in den USA – wird sein, das Vertrauen der Finanzmarktakteure rasch wiederherzustellen. Angesichts der gegebenen Unsicherheiten dürfte das freilich noch eine erhebliche Zeit in Anspruch nehmen.

Das Ausmaß der Transmission der Krise auf Europa hängt auch davon ab, ob und in welchem Ausmaß die Finanzkrise hier zu Investitions- und Konsumzurückhaltung führt. Dabei könnte es ein Vorteil für Österreich sein, dass das heimische Bankensystem durch die US-Immobilienkrise kaum direkt betroffen ist. Durch seine starke Außenhandelsverflechtung kann sich Österreich den weltweit schwächeren Wachstumserwartungen jedoch nicht entziehen. Erhöht werden die Risiken noch durch den Ölpreis, der die 100-Dollar-Marke schon klar hinter sich gelassen hat. Gleichzeitig stützt der starke Wertverlust des US-Dollar zwar die US-Konjunktur, stellt für den Euroraum jedoch eine zusätzliche Belastung dar.

Unter den derzeit gegebenen Rahmenbedingungen ist besonders hervorzuheben, dass in die zur Berechnung des OeNB-Konjunkturindikators verwendeten Daten lediglich die bis Anfang des Jahres 2008 stattgefundenen Entwicklungen Eingang finden konnten. Die Entwicklungen der letzten Wochen schlagen sich in diesen Daten daher noch nicht nieder. Während die Entwicklung im ersten Quartal davon kaum mehr berührt sein sollte, ist die prognostizierte Wachstumsrate für das zweite Quartal 2008 eher als Obergrenze für den Fall einer Beruhigung der Finanzmarktkrise zu interpretieren.

Die nächste Veröffentlichung des OeNB-Konjunkturindikators ist für Juli 2008 vorgesehen.
 
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