Klares Bekenntnis der EU fehlt, Verkehr in den Städten zu umweltfreundlichen
Verkehrsmitteln zu verlagern
Wien (rk) - Im September 2007 hat die Europäische Kommission das Grünbuch zum Stadtverkehr
"Hin zu einer neuen Kultur der Mobilität in der Stadt" veröffentlicht. Mit dem "Grünbuch"
wollte die Kommission eine Debatte über das Thema städtischer Nahverkehr in Gang setzen. Bis zum 15.
März 2008 konnten Stellungnahmen zu dem Grünbuch abgegeben werden.
"Verkehrspolitisches Ziel auf europäischer Ebene sollte es sein, die Verlagerung des Verkehrs hin zu
umweltfreundlichen Verkehrsmitteln, insbesondere zum öffentlichen Personennahverkehr zu wollen und voranzutreiben.
Das klare Bekenntnis zu diesem Ziel fehlt im Grünbuch. Die Stadt-Umland-Problematik, verbunden mit der Zersiedelung
nicht nur im "Speckgürtel", sondern auch im regionalen Einzugsgebiet zu den Ballungszentren, wird
zu wenig thematisiert", erklärt Dipl.-HTL-Ing. Walter Peer, Stadtrat für Verkehr in Innsbruck in
Vertretung des Fachausschusses für Verkehr des Österreichischen Städtebundes.
EU-Initiative wird von Österreichs Städten begrüßt
Der Österreichische Städtebund begrüßt die Initiative der EU- Kommission zum Thema der Verkehrsproblematik
in urbanen Räumen. Gerade für historisch gewachsene Städte, die nicht nur für Österreich,
sondern für viele europäischen Länder typisch sind, ist eine Beschäftigung mit diesen Fragen
tägliche Herausforderung. Dies gilt vor allem für die Auswirkungen durch den motorisierten Individualverkehr
(MIV), die durch Maßnahmen zur Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und anderer
alternativer Verkehrsformen gemindert werden müssen.
Subsidiaritätsprinzip muss eingehalten werden
"Entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip muss sich die Europäische Kommission auf jene Bereiche beschränken,
die in ihrer Aufgabenverantwortung liegen", stellt Dr. Thomas Weninger, Generalsekretär des Österreichischen
Städtebundes, klar. So fallen straßenpolizeiliche Maßnahmen und stadt- und verkehrsplanerische
Aktivitäten ausschließlich in die Kompetenz der Städte. Auf Grund von unterschiedlicher Größe
und Struktur ist eine Vergleichbarkeit von Städten nur bedingt möglich. Weninger: "Auch wenn die
Probleme in den europäischen Städten einander gleichen, muss die Auswahl der Maßnahmen für
jede Stadt individuell erfolgen." Europäische Programme, die den Städten die Umsetzung konkreter
Maßnahmen, bei gleichzeitiger Sammlung von Erfahrungen, ermöglicht, sind dabei für die Städte
von großer Wichtigkeit.
Umweltbewusste Beschaffung der Städte versus EU- Wettbewerbsrecht
Dass die Europäische Union im Hinblick auf Emissionen, Standards, Normen und Vorschriften für die Kfz-Industrie
und die Mineralölwirtschaft erarbeitet, ist aus Sicht der Städte positiv. Derartige Auflagen können
von den Städten nicht und von einzelnen Staaten nur sehr schwer beeinflusst werden. Da umweltfreundliche Technologien
zumeist von einzelnen Firmen entwickelt und vertrieben werden, widerspricht eine Ausschreibung mit sehr einschränkenden
Kriterien jedoch in den meisten Fällen dem Wettbewerbsrecht der EU. "Die Forcierung neuer umweltfreundlicher
Antriebstechnologien für den Individualverkehr löst nur einen Teil des städtischen Verkehrsproblems",
stellt Weninger klar. "Umweltfreundliche PKW stauen dann eben umweltfreundlich, aber sie stauen. Am politischen
Bekenntnis, den Verkehr hin zum öffentlichen Personennahverkehr zu verlagern, führt wohl kein Weg vorbei",
so Weninger abschließend.
Der Österreichische Städtebund ist die kommunale Interessenvertretung von 250 Städten und größeren
Gemeinden. |