Entwicklung einer Diagnosemethode zur Früherkennung von Lungenkrebs
Lausanne (idw) - Forschende der ETH Lausanne haben mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds
eine Methode zur frühzeitigen Erkennung von Bronchialkarzinomen gefunden. Da die späte Diagnose dieser
Form von Lungenkrebs massgeblich für die damit verbundene hohe Sterblichkeit verantwortlich ist, besteht ein
besonderes Interesse an einer Früherkennung. Nach mehreren Jahren intensiver Forschung, klinischer Studien
und technischer Entwicklung ist die Methode nun für die Markteinführung bereit.
Lungenkrebs ist weltweit die häufigste Krebserkrankung und insbesondere in Europa und den USA weit verbreitet.
Die meisten Lungentumore entstehen im Bereich der Bronchien. Die späte Entdeckung und Diagnose sind massgeblich
für die mit Bronchialkarzinomen verbundene hohe Sterblichkeit verantwortlich: Die Sterblichkeit nach fünf
Jahren beträgt beim Nachweis in fortgeschrittenem Stadium 80%, nur 10% dagegen bei der Diagnose eines Frühstadiums,
eines so genannten In-situ-Karzinoms. Es besteht deshalb ein sehr grosses Interesse an einer Methode zur Früherkennung.
Ein solches Verfahren hat nun eine Forschungsgruppe um Hubert van den Bergh und Georges Wagnières von der
ETH Lausanne gemeinsam mit Philippe Monnier vom Universitätsspital Lausanne entwickelt. Der Name der Methode:
"Diagnostische Autofluoreszenz-Endoskopie". Sie ist das Ergebnis von Forschungsarbeiten, die in den späten
Achtzigerjahren im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms "Biomedizinische Technik" (NFP 18) ihren
Anfang nahmen. Nun ist die Methode, die doppelt so empfindlich ist wie die herkömmliche endoskopische Untersuchung
der Bronchien mit Weisslicht, auf dem Markt erhältlich. Der Weg von der Grundlagenforschung bis zur marktreifen
Anwendung war lang - aber schliesslich erfolgreich. Unterstützt wurden die Forschenden auf dieser abenteuerlichen
Reise vom Schweizerischen Nationalfonds.
Kontrastreiches Lichtspiel
Ausgangspunkt des Teams von Hubert van den Bergh war die Beobachtung, dass gesundes Bronchiengewebe, wenn
es durch Licht mit einer ganz bestimmten Wellenlänge angestrahlt wird, natürlicherweise viel intensiver
fluoreszierendes Licht zurückwirft (man spricht von Autofluoreszenz) als Gewebe, das Veränderungen eines
Frühstadiums von Krebs aufweist (In-situ-Karzinom). Aufgrund dieses Kontrasts können Gewebeveränderungen
bei einer endoskopischen Untersuchung visuell erkannt werden. So einfach dieser Ansatz scheint, waren bis zum Ziel
doch zahlreiche Hindernisse zu bewältigen. Zuerst musste die Wellenlänge gefunden werden, bei der einerseits
der Unterschied möglichst ausgeprägt ist und bei der andererseits die erzeugte Fluoreszenzstrahlung genügend
stark für die Detektion ist. Der beste Kompromiss, der beiden Anforderungen gleichzeitig gut entsprach, wurde
bei einer Anregung mit violettem Licht gefunden, die eine Autofluoreszenz im Bereich von grünem Licht erzeugt.
Ausserdem hat die Entfernung der Primärlichtquelle vom untersuchten Gewebe einen grossen Einfluss auf die
Lichtmenge, die von der Endoskopiekamera aufgezeichnet wird - was bei einem Organ wie die Bronchien, mit ihrem
verzweigten System tunnelartiger Gänge, besonders stark ins Gewicht fällt. Die patentierte Antwort auf
diese Herausforderung: Eine zweite Lichtquelle, die mit ihrem roten Licht keine Fluoreszenzstrahlung erzeugt, leuchtet
die Bronchien aus. Dieses Licht wird gleich stark reflektiert, unabhängig davon, ob es sich um gesundes Gewebe
oder Gewebe eines In-situ-Karzinoms handelt. Das Bild entsteht einzig durch die verschiedenen Lichtintensitäten,
die auf die unterschiedlichen Entfernungen zwischen Gewebe und Kamera zurückzuführen sind. Durch die
gleichzeitige Aufzeichnung des grünen Lichts der Autofluoreszenz und des zurückgeworfenen roten Lichts
kann der Entfernungseffekt kompensiert und das Autofluoreszenz-Bild automatisch entsprechend angepasst werden.
Eine wirkungsvolle Methode
In klinischen Studien, die von der Gruppe um Prof. Philippe Monnier am Universitätsspital Lausanne
durchgeführt wurden, konnte die Methode der Autofluoreszenz-Endoskopie validiert werden. Die Forschenden erkannten
mit der Methode doppelt so viele Gewebeveränderungen eines Frühstadiums von Krebs wie mit der herkömmlichen
Endoskopie mit Weisslicht, ohne dass dabei gesundes Gewebe zu unrecht verdächtigt wurde.
Der nächste Schritt bestand darin, in der Privatindustrie einen geeigneten Partner zu finden, um die Methode
im Hinblick auf die Verwendung in Arztpraxen auf die Benutzerfreundlichkeit, eine reduzierte Grösse, Zuverlässigkeit
etc. weiterzuentwickeln. Für diese Zusammenarbeit liess sich das deutsche Unternehmen Richard Wolf GmbH gewinnen.
Nun sind Methode und System der diagnostischen Autofluoreszenz-Endoskopie auf dem Markt, und mehr als hundert Geräte
haben bereits Abnehmer gefunden. Ein weiterer Erfolg der Grundlagenforschung! |