BZÖ-Antrag auf Volksbefragung mit S-V-G-Mehrheit abgelehnt
Wien (pk) - Der Hauptausschuss hat in seiner Sitzung vom 25.03. die am 25. Jänner vertagten
Verhandlungen über den Antrag des BZÖ auf Abhaltung einer Volksbefragung über den EU-Reformvertrag
( 465/A[E]) fortgesetzt und die Vorlage nach einer lebhaften Debatte mit S-V-G- Mehrheit abgelehnt.
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und Zweiter Präsident Michael Spindelegger leiteten abwechselnd
die Verhandlung über den Vorschlag des BZÖ, den EU-Reformvertrag einer Volksbefragung gemäß
Art. 49b Bundes-Verfassungsgesetz zu unterzeichnen. Die Mehrheit der ÖsterreicherInnen sei für die Durchführung
einer Volksabstimmung, argumentierte Abgeordneter Peter Westenthaler (B), der keinen Anlass sah, die Ratifizierung
des EU-Reformvertrags von Lissabon im "Eilzugstempo" bis zu den Plenarsitzungen am 9./10. April durch
das Parlament "zu peitschen", um sich als EU-Musterschüler darzustellen. Westenthaler verlangte
mehr Respekt vor den Instrumenten der direkten Demokratie und hielt es daher für angebracht, die in Kärnten
geplante Volksbefragung und die Volksabstimmung in Irland abzuwarten, bevor man den EU-Reformvertrag ratifiziere.
Inhaltlich kritisierte Westenthaler insbesondere die Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen durch die EU-Reform,
weil dadurch die Souveränität Österreichs eingeschränkt werde.
Abgeordnete Elisabeth Grossmann (S) widersprach Westenthaler mit dem Hinweis auf die intensiven Beratungen des
Verfassungsausschusses, denen sich das BZÖ entzogen habe. Von einem "Durchpeitschen" des EU-Vertrages
könne keine Rede sein. Außerdem stärke dieser Vertrag demokratische Rechte in der Europäischen
Union und auch die Rechte jener Länder, die bei Mehrheitsentscheidungen überstimmt werden. Die Rednerin
bekannte sich nachdrücklich zur parlamentarischen Demokratie, wandte sich gegen einen inflationären Einsatz
direktdemokratischer Instrumente und erinnerte daran, dass sich Österreich bereist in Form einer Volksabstimmung
für den EU-Beitritt entschieden habe. Der Vertrag von Lissabon sei nun nicht mehr als die konsequente Weiterentwicklung
der Europäischen Union, der Österreich beigetreten sei. Man könne den Antrag des BZÖ guten
Gewissens ablehnen, schloss Abgeordnete Grossmann.
Abgeordneter Wolfgang Schüssel (V) schloss sich seiner Vorrednerin an und unterstrich die Auffassung, das
Parlament sollte bei der Ratifizierung des EU-Reformvertrages das letzte Wort haben. Aufgrund des österreichischen
Proportionalwahlrechts nehmen alle politischen Gruppen voll am politischen Diskurs und an den Entscheidungen des
Parlaments teil - das sei die besondere Qualität der österreichischen Demokratie, hielt der ÖVP-Klubobmann
fest.
Abgeordneter Hans-Christian Strache (F) räumte gegenüber den Antragstellern ein, man könne ihr Verlangen
auf eine Volksbefragung positiv sehen, erinnerte aber zugleich daran, dass seit Anfang des Jahres ein Plebiszit
über den EU-Vertrag ohne ein Ermächtigungsgesetz möglich sei. Mehr noch, eine Volksabstimmung sei
notwendig, meinte Strache, weil Österreich durch den EU-Reformvertrag Souveränität aufgeben würde.
Das österreichische Parlament müsste in Zukunft nicht einmal über Änderungen des Vertrages
mitentscheiden. Daher wollen die Freiheitlichen das Recht auf eine Volksabstimmung im Verfassungsausschuss sicher
stellen, sagte der FPÖ-Klubobmann.
Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) entgegnete Abgeordnetem Strache, Österreich gebe Souveränitätsrechte
nicht mit dem Lissabon-Vertrag auf, dies sei mit Zweidrittelmehrheit bereits bei der Volksabstimmung im Jahr 1995
geschehen. Der Vertrag von Lissabon bringe mehr Demokratie und mehr Grundrechte in der Europäischen Union.
Die Grünen treten gegen nationale Volksabstimmungen und Volksbefragungen bei europäischen Themen ein
und verlangen demgegenüber europaweite Volksabstimmungen. Die Aussage des Abgeordneten Strache, Österreich
gebe durch den EU-Reformvertrag seine Neutralität auf, wies die Abgeordnete mit dem Hinweis darauf zurück,
dass Österreich auch in Zukunft souverän darüber entscheiden werde, an welchen EU-Aktionen es teilnehme,
und an welchen nicht.
Abgeordneter Martin Graf (F) erklärte gegenüber Abgeordnetem Westenthaler, die FPÖ sei grundsätzlich
dagegen, parlamentarische Terminfragen strategisch einzusetzen, um Entscheidungen zu blockieren, wie dies das BZÖ
im Verfassungsausschuss versucht habe. Die FPÖ werde im Verfassungsausschuss die Abhaltung einer Volksabstimmung
über den Reformvertrag beantragen und werde auch in Zukunft alle politischen Möglichkeiten einsetzen,
um ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen. Sie nehme aber demokratische Mehrheitsentscheidungen grundsätzlich
zur Kenntnis |