Erste Bank Analysten erwarten noch eine Zeit lang erhöhte Volatilität sowie rasche
Gewinnmitnahmen
Wien (erste bank) - Die Erste Bank Analysten melden, dass sich ihr Szenario für 1Q bestätigt
hat. Aus den Jahresberichten der Banken für 2007 ergibt sich bereits ein deutlicheres Bild der aus der US-Hypothekenkrise
resultierenden Verluste. Dieser "Berichterstattungseffekt" könnte nun aber allmählich in den
Hintergrund treten, wenngleich es Hinweise darauf gibt, dass auch die Zahlen für das erste Quartal 2008 noch
für Aufregung sorgen könnten. Jetzt werden eher Spekulationen über eine Rezession in den USA und
Ängste vor einem Übergreifen der Probleme auf die Realwirtschaft global für Schlagzeilen sorgen.
"Wir glauben nicht, dass sich auf den Märkten schon eine Bodenbildung abzeichnet und erwarten noch eine
Zeit lang erhöhte Volatilität sowie rasche Gewinnmitnahmen. Die Nervosität sollte sich jedoch allmählich
legen. Im besten Fall wird eine Abkopplung von der US-Wirtschaft zu einem interessanten Thema für die Märkte",
meint Henning Esskuchen, Co-Head CEE Equity Research der Erste Bank. "Wir bleiben dabei, dass die Märkte
Zentral- und Osteuropas ihren deutlichen Wachstumsvorsprung gegenüber den westlichen Märkten halten werden.
Dieser Umstand sollte sich in einem Abkopplungsszenario als Vorteil erweisen", so Esskuchen.
Analysten der Erste Bank erklären, der jüngste ZEW/Erste-Bank-Stimmungsindikator zeige eine eher günstige
Einschätzung der aktuellen Lage. Die Umfrageteilnehmer erwarteten sowohl für den Euroraum als auch für
Zentral- und Osteuropa eine Verbesserung des Konjunkturausblicks. Zwar rechnen die meisten Teilnehmer mit einem
leichten Rückgang bei Fusionen und Übernahmen, aber immerhin 20% erwarten eine Zunahme. Rumänien
und Polen wurden als die attraktivsten Zielmärkte genannt. Aus Investorenperspektive lag Deutschland an der
Spitze und Österreich knapp dahinter, was die nahtlose Einbindung Österreichs in die CEE-Wachstumsstory
bestätigt.
Die Erste Bank Analysten erwarten auf den Märkten eine gewisse Bodenbildung, danach jedoch keine sofortige
Kursrallye. Ihrer Meinung nach sollte das zweite Quartal von anhaltenden Seitwärtsbewegungen gekennzeichnet
sein. Sie empfehlen den Anlegern sich an Liquidität und Größe zu orientieren.
Eine Positionierung für die zweite Jahrehälfte - bis dahin sollten sich die Märkte etwas beruhigt
haben - sollte aber bereits jetzt überlegt werden. "Österreich und Polen eignen sich zum Abwarten
am besten. In SEE würden wir vorsichtig bleiben. Sobald die Investoren aber wieder bereit sind auch in kleinere
Märkte hineinzugehen, wird Rumänien als erstes Land von einer breiteren Erholung profitieren. Was Russland
und die Türkei betrifft, muss die Risikoaversion erst noch viel stärker abklingen, bevor diese Märkte
wieder günstig erscheinen", so Esskuchen.
Auf den CEE-Märkten wird eine Dämpfung des Wachstums erwartet, doch sollte diese weitgehend entsprechend
dem zu Ende gehenden Konjunkturzyklus verlaufen. Österreich und Polen werden mit Übergewichten bewertet.
- Das für Österreich für die kommenden 12 Monate geschätzte KGV (10) liegt deutlich unter
dem historischen Durchschnitt (12,9). Die aktuelle Differenz zwischen der Referenzrendite und den Gewinnrenditen
(5,9) liegt weit über dem historischen Durchschnitt von 3,4, was eine etwas überzogene Risikoprämie
für österreichische Aktien bedeutet. Die aus CEE auf den österreichischen Markt wirkende Wachstumsdynamik
wird attraktiv bleiben.
- Verglichen mit anderen CEE-Märkten mag Polen mit einem KGV von 15,4 auf Basis der Gewinne 2008 etwas "teuer"
erscheinen. Die Risikoprämien für Aktien liegen ebenfalls auf etwa durchschnittlichem Niveau. Unter den
gegenwärtigen Bedingungen bleiben Liquidität und Größe überzeugende Argumente. Polen
liegt mit einem durchschnittlichen Tagesumsatz von EUR 253 Mio (Einzelzählung) 2007 hinter Österreich
an zweiter Stelle. Unter der Annahme einer Bodenbildung im 2. Halbjahr könnte die Markttiefe als zusätzliches
Argument gewertet werden, da auch Werte aus der zweiten Reihe - Small und Mid-Caps - gute Möglichkeiten bieten.
- Da der Gesamtmarkt eine Trendwende vollzieht, wäre Ungarn mit Übergewichten zu bewerten, doch ist
im aktuellen Umfeld Vorsicht angesagt.
- Eine niedrige Gewichtung des tschechischen Markts erscheint unter den derzeitigen Marktbedingungen gerechtfertigt,
da es angesichts der volatilen Börsen empfehlenswert ist sich an große Werte zu halten.
- Slowenien und Kroatien sind nach wie vor die am anspruchsvollsten bewerteten Märkte. Die örtlich
verfügbare Liquidität sollte die Kurse von Zeit zu Zeit steigen lassen, doch ist den Investoren bei der
aktuellen Risikoaversion von einem Engagement abzuraten, auch wenn sich ein paar Chancen für selektive Einzeltitelauswahl
ergeben können (Krka, Gorenje).
- Für die Märkte Südosteuropas bestehen weiterhin Chancen für selektive Einzeltitelauswahl,
doch ist im Markt insgesamt noch viel Phantasie eingepreist - und Phantasie lässt sich derzeit nicht gut verkaufen.
- An der notorisch hochpreisigen rumänischen Börse sind die Aufschläge weitgehend geschrumpft.
Das KGV liegt nun bei 13,2 und 9,5 auf Basis der Gewinne 2008 bzw. 2009. Zugegebenermaßen geht das Land Risiken
ein (Stichwort Leistungsbilanzdefizite, entsprechende Auswirkungen auf die Währung etc.), doch erscheinen
diese Risiken für einen Markt in diesem Entwicklungsstadium annehmbar und wären auch in einem anderen
Umfeld akzeptabel. Die ausländischen Direktinvestitionen decken das Leistungsbilanzdefizit jedoch weitgehend
ab und werden mittel- bis langfristig zu Ertrags- und Exportsteigerungen beitragen.
- Die niedrige Bewertung der türkischen Aktien ist vor dem Hintergrund der Wachstumsraten und der für
den Markt erwarteten negativen Renditen zu sehen. Insgesamt ist der Markt neutral zu gewichten.
- Für Russland gilt praktisch Ähnliches wie für die Türkei: eine eher neutrale Gewichtung.
Der Wechsel im Präsidentenamt verlief glatt, das angekündigte politische Programm klingt unternehmerfreundlich.
Solange die Unsicherheit andauert, könnten Investitionen in Rohstoffe eine Option bleiben (wobei angenommen
wird, dass Rezessionsängste die Stimmungslage nicht massiv beeinflussen werden).
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