OeNB empfiehlt Lohnzurückhaltung, Wettbewerbsstärkung, Budgetkonsolidierung und Gebührenstopp
Wien (oenb) - Die in den letzten Monaten erhöhte Inflation in Österreich geht – wie in
anderen Ländern – zum Großteil auf den internationalen Preisauftrieb bei Energie und agrarischen Rohstoffen
zurück. Aber auch hausgemachte Ursachen liefern einen gewissen Beitrag. Zu diesem Schluss kommt eine neue
Studie der OeNB.
Der Anstieg der Weltmarktpreise agrarischer Rohstoffe war für die jüngste Teuerung bei Milchprodukten
sowie bei Ölen und Fetten in einem höheren Ausmaß verantwortlich als bei Brot- und Getreideerzeugnissen.
Der Rohölpreisanstieg wurde auf die Treibstoffe sehr rasch überwälzt, Strom- und Gaspreise reagieren
hingegen erst mit Verzögerung. Bei den Bekleidungs- und Schuhpreisen wurde in den letzten Monaten eine Entkoppelung
zwischen der Preisentwicklung auf der Erzeuger- und Importpreisebene und jener der Endverbraucherebene beobachtet.
Die Geldpolitik des Eurosystems ist verlässlich dem vorrangigen Ziel, mittelfristig die Preisstabilität
zu sichern, verpflichtet. Die Geldpolitik kann kurzfristige Preisschocks, die von außen kommen (Erdölpreishausse,
weltweite Lebensmittelpreisanstiege), nicht verhindern. Sie zielt aber darauf ab, dass der Inflationsanstieg vorübergehend
bleibt. Dazu ist es wichtig, dass die Inflationserwartungen stabil und niedrig bleiben.
In Österreich haben sich die Inflationserwartungen der Konsumenten und Experten für die nächsten
zwölf Monate zwar erhöht, allerdings ist die allgemeine Experteneinschätzung, dass die Inflation
im Jahr 2009 wieder auf etwa 2% zurückgehen wird. Die OeNB prognostiziert für die erste Jahreshälfte
2008 weiter Inflationsraten von über 3%. Bis Jahresende 2008 sollte sich die Teuerung aufgrund des erwarteten
Auslaufens des Nahrungsmittelpreisschocks und des Basiseffekts vergangener Energiepreissteigerungen aber deutlich
auf 2,3% abschwächen. Im Jahresdurchschnitt 2008 erwartet die OeNB eine Inflationsrate von 2,8%.
Die Geldpolitik des Eurosystems kann nicht die Inflation in jedem einzelnen Mitgliedstaat des Euroraums genau steuern.
Dazu sind unterstützende Maßnahmen auf nationaler Ebene erforderlich. Diese Maßnahmen sollen laut
OeNB an drei Hebeln ansetzen:
Erstens tragen die Sozialpartner eine besonders hohe Verantwortung. Im Jahr 2008 wird es – auf Basis der im Jahr
2007 abgeschlossenen Kollektivverträge – zu einem merklichen Anstieg des Lohnwachstums kommen. Die Vermeidung
von Zweitrundeneffekten in der kommenden Herbstlohnrunde ist eine wichtige Aufgabe der Tariflohnparteien.
Zweitens sollte eine Intensivierung des Wettbewerbs und die Beseitigung quantitativer Produktionsbeschränkungen
im Agrarbereich, indem sie die Preissetzungsmacht der Unternehmen einschränken bzw. das Angebot an Agrarrohstoffen
erhöhen, die Preisentwicklung dämpfen. Längerfristig bedeuten Maßnahmen zum Energiesparen
bzw. zur Nutzung heimischer alternativer Energien eine adäquate Antwort auf gestiegene Preise bei fossilen
Energieträgern und anderen importierten Rohstoffen.
Drittens sollte die Budgetpolitik über zwei Kanäle zu einer Inflationsdämpfung beitragen: Zum einen
hat die österreichische Wirtschaft zwei Jahre sehr kräftigen Wachstums hinter sich. Die Kapazitäten
sind sehr gut ausgelastet. Eine gesamtwirtschaftliche Nachfragestimulierung durch die Inkaufnahme eines steigenden
Budgetdefizits ist bei hohem realem Wachstum und starker Kapazitätsauslastung einer Verringerung der Inflationsrate
abträglich. Das Defizit sollte in einer derartigen konjunkturellen Situation rasch reduziert werden. Zum anderen
sollte der öffentliche Sektor in der aktuellen Situation vermeiden, durch die Erhöhung von Abgaben, Gebühren
und Tarifen die Inflation zu erhöhen. Würden alle öffentlichen Gebühren auf ihrem Niveau von
2007 eingefroren, so würde dies nach Schätzungen der OeNB die HVPI-Inflation um etwa 1/4 Prozentpunkt
dämpfen. |