ÖsterreicherInnen stehen zu ihrer Nation   

erstellt am
01. 04. 08

Die österreichische Identität im Spiegel des Diskurses rund um den Fall der Berliner Mauer 1989
Wien (idw) - Die ÖsterreicherInnen stehen zu ihrer Nation: Ein kürzlich abgeschlossenes Forschungsprojekt des Instituts für Geschichte der Universität Wien ergab, dass die österreichische Identität sehr viel gefestigter ist als häufig angenommen wird. Ausgangspunkt der Studie war die Untersuchung von westdeutschen und österreichischen Printmedien rund um den Fall der Berliner Mauer 1989.

In dem vom Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank finanzierten Projekt untersuchten Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schmale vom Institut für Geschichte der Universität Wien und Prof. Dr. Rainer Gries vom Jena Center für Geschichte des 20. Jahrhunderts das Bild der "Ostdeutschen" in westdeutschen und österreichischen Medien vor und nach dem Berliner Mauerfall 1989. Wie Medien über andere schreiben, sagt auch viel über die eigene Befindlichkeit aus. Sogenannte Alteritätsdiskurse - eben das Sprechen über Andere - sind also immer auch Identitätsdiskurse.

Minderwertigkeitskomplexe gegenüber Deutschland sind unbegründet
Die österreichischen Reaktionen auf die Deutsche Wiedervereinigung waren viel schwächer als jene in den westdeutschen Medien. Aus der Untersuchung geht deutlich hervor, dass die ÖsterreicherInnen eine gefestigte, nationale Identität besitzen. "Der Aufbau einer kollektiven, österreichischen Identität nach dem Zweiten Weltkrieg war ein nachhaltiger und erfolgreicher Prozess, der selbst durch das gravierende Ereignis von 1989 nicht mehr aufgehalten werden konnte. Man hätte erwarten können, dass diese Identitätsdiskussion zu tiefgreifenden Verunsicherungen führt, aber das war nicht der Fall. Das ist eine beruhigende Botschaft: Die Minderwertigkeitskomplexe gegenüber Deutschland, die man manchmal in den Medien heraushören kann, sind unbegründet", so Wolfgang Schmale von der Universität Wien.


Neben Neugier und Euphorie auch Angst und Befürchtungen
Vor allem in den österreichischen Medien wurden aber neben Neugier, Freude und Euphorie auch Befürchtungen artikuliert, etwa die Angst vor einem neuen Krieg. "Viele ÖsterreicherInnen befürchteten eine Destabilisierung des eigenen Landes; manche hatten Angst, von den deutschen Nachbarn vereinnahmt zu werden", sagt Kommunikationswissenschafter Rainer Gries.

Deutschland nach wie vor gespalten
Was die nationale Identität der Deutschen betrifft, so ist der Prozess der Wiedereingliederung der DDR mental - also in den Köpfen der Menschen - noch immer nicht vollendet. Rainer Gries: "Es gibt nach wie vor ein 'Wir-Gefühl' des Westens und getrennt davon ein 'Wir-Gefühl' des Ostens."

Das Projektteam rund um Schmale und Gries untersuchte die Berichterstattung in westdeutschen und österreichischen Printmedien über die DDR im Zeitraum von 1989 bis 1999. Untersucht wurden u.a. "Bild", "Frankfurter Allgemeine Zeitung", "Tageszeitung" und "Spiegel" für Deutschland sowie "Standard", "Kurier", "Profil" und "Kronenzeitung" für Österreich.
 
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