Duisburg/Essen (idw) - Die Entschlüsselung eines neuen Infektionsmechanismus,
der Chancen in der Krebstherapie eröffnet, wird in der neuesten Ausgabe der renommierten internationalen Wissenschaftszeitung
Nature vorgestellt. Mitverfasser ist der Chemie-Nobelpreisträger Professor Robert Huber, der als Gastprofessor
am Zentrum für Medizinische Biotechnologie (ZMB) an der Universität Duisburg-Essen lehrt und forscht.
Seine Arbeiten tragen wesentlichen zur Aufklärung eines neuartigen Virulenzfaktors bei.
Krankmachende Bakterien benutzen spezielle Moleküle, um die Stärke, mit der sie Organismen oder Zellen
infizieren ("Virulenz"), zu erhöhen. Ein internationales Team bestehend aus Forschern der Universität
Zürich, der TU München, der Universität Cardiff, der Max- Planck-Gesellschaft, der US-amerikanischen
Universitäten auf Hawaii und in Kalifornien sowie der Universität Duisburg-Essen hat jetzt einen neuen
Virulenzfaktor entdeckt (Syringolin A), der die Infektionsrate dadurch erhöht, dass er den Proteasomkomplex
der Wirtszelle blockiert. Durch die Schwächung des Proteasoms, einer wichtigen Schaltstelle in der Zelle,
die für den korrekten Abbau von Proteinen verantwortlich ist, sind die Abwehrmechanismen der Zelle zum großen
Teil außer Gefecht gesetzt.
Die Wirkungsweise des Syringolin A ist zunächst bei Pflanzen gefunden und analysiert worden. Weitere Untersuchungen
dieser Studie haben ergeben, dass ein ähnlicher Faktor (Glidobactin), der bei humanpathogenen Bakterien vorkommt,
in gleicher Weise das Proteasom hemmt und vermutlich für die Pathogenizität verantwortlich ist. Das macht
die Molekülfamilie der Syrbactine, zu der Syringolin und Glidobactin gehören, interessant für die
medizinische Anwendung und Medikamententwicklung.
Der Einsatz von Proteasom-Inhibitoren könnte in der Zukunft neue Perspektiven in der Krebstherapie eröffnen.
Denn die Behandlung mit Proteasom-Inhibitoren kann das Tumorwachstum hemmen und zum schnelleren Tod der Tumorzellen
führen. Der erste zugelassene Proteasom-Inhibitor, Bortezomib, wird bereits zur Behandlung des Multiplen Myeloms,
einer Krebserkrankung des Knochenmarks eingesetzt.
Der Chemiker Professor Robert Huber hat zusammen mit Professor Michael Groll von der Technischen Universität
München mit Hilfe der Röntgenkristallographie die Struktur aufgeklärt, die zeigt, wie das Syringolin
A und Glidobactin an das Proteasom binden. Die genaue Betrachtung der Kristallstruktur des Proteasoms im Komplex
mit Syringolin A zeigt einen bisher unbekannten Mechanismus, wie der Faktor an die katalytischen Untereinheiten
gebunden ist. Professor Robert Huber, der 1988 für die Erforschung der dreidimensionalen Struktur des photosynthetischen
Reaktionszentrums den Nobelpreis für Chemie erhielt, erforscht bis heute die Strukturen medizinisch- biologisch
relevanter Moleküle. |