Funk
übergab Bericht der Arbeitsgruppe Online-Durchsuchung
Wien (bmj) - Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe "Online-Durchsuchung", Univ. Prof. Dr. Bernd-Christian
Funk, übergab am 09.04. den Schlussbericht der Arbeitsgruppe an Justizministerin Maria Berger und Innenminister
Günther Platter.
"Es gibt EU-weit keine vergleichbare Untersuchung", sagte Berger bei der Übergabe im Parlament und
ergänzte: "Ich bin überzeugt, dass der Bericht auch europaweit Eindruck machen wird." In ihrem
Statement betonten sowohl die Justizministerin, als auch Funk, dass die Online-Durchsuchung ausschließlich
strafrechtlichen Ermittlungen dienen soll. Das heißt, die Online-Durchsuchung und ihre Ergebnisse kommen
weder "für sicherheitspolizeiliche Zwecke oder allgemeine Gefahrenabwehr, sondern nur für Zwecke
der Strafverfolgung zur Anwendung", so Berger.
Die Arbeitsgruppe und der Endbericht sind ein Ergebnis des Ministerratsbeschlusses vom Oktober letzten Jahres.
Der Bericht befasst sich mit der Rechtslage zur Online-Durchsuchung in Österreich und anderen europäischen
Ländern; mit technischen Aspekten; mit der verfassungsrechtlichen Ausgangslage in Österreich; mit den
Erfordernissen eines wirksamen Rechtsschutzes. Funk konstatierte, dass es sowohl auf juristischer als auch auf
technischer Seite "sehr viele Unsicherheiten" gebe. Es wurde versucht, in dem Bericht Reizworte, wie
eben "Trojaner" zu vermeiden.
Auf EU-Ebene ist in nächster Zeit nicht mit einem Rechtsakt zu rechnen, der eine europaweite Harmonisierung
der rechtlichen Mindesterfordernisse einer solchen Überwachung anstrebt. Vergleiche mit der Rechtslage in
anderen europäischen Staaten zeigen ein uneinheitliches Spektrum.
Festzustellen sei, dass es auf der technischen Seite keine einheitliche Auffassung gebe, welche Risiken wie zu
bewerten sind. Von der juristischen Seite her betonte Funk, dass der Staat "sehr wohl" eine "Gewährleistungspflicht"
habe, für Sicherheit im Internet zu sorgen. In Deutschland habe das Bundesverfassungsgericht ein Grundrecht
auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme angenommen und
beachtenswerte Perspektiven zu Limitation solcher Eingriffe, effektivem Rechtsschutz, Kontrolle und Schadenersatz
entwickelt. Im Gegensatz zu Deutschland, wo die Online-Durchsuchung auch im Sicherheitspolizeigesetz verankert
ist, will man aber in Österreich bewusst nur eine Verankerung in der Strafprozessordnung anstreben.
"Der wichtigste Grundsatz ist die Verhältnismäßigkeit", stellte Berger fest. Flankierend
zur gesetzlichen Regelung der Online-Durchsuchung sollen die Instrumente des Rechtsschutzes ausgebaut werden. So
sollte laut Empfehlung der Arbeitsgruppe künftig anstatt eines Einzelrichters ein Richtersenat die Maßnahme
der Online-Durchsuchung kontrollieren, die Stellung des Rechtsschutzbeauftragten gestärkt werden und die maßgebenden
Rechtsentscheidungen in anonymisierter Form veröffentlicht werden. Zu prüfen sind auch Auswirkungen auf
die Authentizität und den Beweiswert von Daten, die im Wege von Online-Durchsuchungen gewonnen wurden.
Die Justizministerin geht davon aus, dass die Häufigkeit der Anwendung der Online-Durchsuchung etwa mit der
Anwendung des großen Lauschangriffs zu vergleichen ist. Und die beträgt etwa ein bis zwei Mal im Jahr.
Das Justizministerium ist beauftragt, einen Entwurf auf Basis des Endberichts zu erarbeiten. |
Platter: Online-Durchsuchung ist notwendiges Werkzeug im Kampf gegen Terror
Wien (övp) - "Gerade vor dem Hintergrund, dass im Bereich des internationalen Terrorismus
moderne Kommunikationstechnologien eine immer größere Rolle spielen, ist es notwendig, dass adäquate
und wirksame Werkzeuge und Instrumente zur Verfügung stehen, um die Verhinderung von terroristischen Handlungen
gewährleisten zu können", betont Innenminister Günther Platter die Notwendigkeit der Online-Durchsuchungen.
"Die jüngsten Entwicklungen sowie auch die Verurteilung von Terrorverdächtigen in Österreich
zeigen uns, dass wir wachsam bleiben und unsere Methoden an aktuelle Entwicklungen anpassen müssen",
so der Innenminister. Österreich sei keine Insel der Seeligen und könne nicht losgelöst von internationalen
Entwicklungen und Tendenzen gesehen werden.
Bei allen Überlegungen ist es wesentlich, terroristischen Gruppierungen und kriminellen Vereinigungen keinen
technologischen Vorsprung zu geben. Der Rechtsstaat müsse sich diesen neuen Herausforderungen in technischer
und rechtlicher Hinsicht stellen, um damit in allen Bereichen der Verbrechensbekämpfung "Schritt halten"
zu können.
"Es ist in unserem demokratischen Rechtsstaat eine Selbstverständlichkeit, dass wir allen neuen Fahndungsmethoden
und Ermittlungsinstrumenten, wie der Online-Fahndung, auch einen entsprechenden Rechtschutz entgegenstellen",
so der Innenminister.
Die Online-Durchsuchung beinhaltet Elemente der Telefonüberwachung und der optischen und akustischen Überwachung
von Personen. Diese Maßnahmen haben gemeinsam, dass sie ohne Wissen der davon Betroffenen stattfinden. Dies
ist vor allem dahingehend sinnvoll, um laufend weitere wichtige Ermittlungsergebnisse zu gewinnen. Im Unterschied
zum so genannten "großen Lauschangriff" ist ein Zugreifen der Ermittlungsbehörden auch auf
länger zurückliegende gespeicherte Daten möglich. Gerade das stellt einen Quantensprung für
die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden dar. Selbstverständlich ist dabei auf bestmöglichen Rechtsschutz
zu achten.
"Nach der Fertigstellung des Berichtes der Arbeitsgruppe zur Online-Durchsuchung gehe es jetzt um die Umsetzung",
so Innenminister Günther Platter, der sich bei Professor Funk und den Mitgliedern der Arbeitsgruppe für
deren Arbeit sehr herzlich bedankt. Eine Regierungsvorlage sei für Juli 2008 vorgesehen. |