Podiumsdiskussion beim Round Table „Arbeit braucht Alter – Ältere Mitarbeiter/innen als Erfolgsfaktor"
in der Industriellenvereinigung
Wien (bmwa) - „Wir stehen vor der Herausforderung, das Potenzial älterer Menschen im Betrieb
stärker herauszuarbeiten und dürfen dieses Thema nicht nur über die damit verbundenen Probleme diskutieren,
wir müssen auch die dazu gehörenden Erfolgsgeschichten erzählen", erklärte Staatssekretärin
Christine Marek am 07.04. im Rahmen der abschließenden Podiumsdiskussion zum Round Table „Arbeit braucht
Alter – Ältere Mitarbeiter/innen als Erfolgsfaktor" im Haus der Industrie. Als Beispiel nannte sie in
diesem Zusammenhang die Tatsache, dass die Älteren Dank ihres großen Erfahrungsschatzes auf neue Herausforderungen
mit größerer Gelassenheit reagieren.
Marek plädierte weiters für einen insgesamt neuen Denkansatz, der den Wert der Arbeit als Wesenselement
des Mensch-Seins deutlicher betont, um von der Tendenz zu einem möglichst frühen Pensionsantritt wegzukommen:
„Die Erwerbstätigkeit lediglich als Zugang zur Pension zu sehen, ist sicher der falsche Ansatz." Genauso
müsse aber nach Maßnahmen gesucht werden, die verhindern, dass Mitarbeiter/innen von den Unternehmen
zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Pension geschickt werden. Österreich sei in dieser Beziehung mit
dem Flexicurity-Prinzip auf einem guten Weg, auch die Senkung der Lohnnebenkosten für ältere Mitarbeiter/innen
sei ein wichtiges Element, betonte die Staatssekretärin. Das „Senioritätsprinzip" – mit zunehmendem
Alter steigt auch die Entlohnung – sei eine Herausforderung, der man sich vor allem im öffentlichen Bereich
stellen müsse. „Die Behauptung, dass ein älterer Mitarbeiter so viel kostet wie zwei junge stimmt aber
so nicht", stellte sie fest.
Erfahrungen aus Unternehmen und Interessensvertretungen
Die Podiumsdiskussion schloss an die Präsentation an Praxisbeispiele aus vier Unternehmen an und brachte
weitere Statements aus der Sicht von Unternehmen und Interessensvertretungen:
Herbert Traxler, Geschäftsführer von FM-Küchen in Freistadt im oberösterreichischen Mühlviertel
sah in dem in seinem Unternehmen bestehenden „Mix aus jungen dynamischen Mitarbeiter/innen und jenen, die Ausgewogenheit
und Praxiserfahrung mitbringen, einen großen Vorteil für den Betrieb, der besonders bei der Einführung
neuer Arbeitsmethoden viel bringe.
Christine Boller, die Vorsitzende des Betriebsrates der Caritas der Erzdiözese Wien, betonte, dass für
die Mitarbeiter/innen in ihrem Sozialbereich Quereinsteiger/innen „ausdrücklich erwünscht" seien.
Es gehe um eine offene und tolerante Einstellung, man benötige „Herz und Hirn", und man müsse die
Menschen mögen. Mit flexiblen Arbeitszeitmodellen und einem umfangreichen Betreuungsprogramm gehe die Caritas
auch stark auf die Bedürfnisse älterer Mitarbeiter/innen ein.
Dr. Martin Gleitsmann, der Leiter der Abteilung für Sozialpolitik und Gesundheit in der Wirtschaftskammer
Österreich, verwies auf die Notwendigkeit, die zuvor präsentierten Erfolgsbeispiele aus der Industrie
auf die Ebene der Klein- und Mittelbetriebe herunter zu brechen. Kombilohn, Eingliederungsbeihilfen und Implacement-Stiftungen
seien wichtige Elemente, wichtig seien aber auch Beratungen bzw. Schulungen, wie man mit der demographischen Entwicklung
in einem kleinen oder mittelgroßen Betrieb umgehen könne und müsse. Ganz allgemein gehe es um die
Erhaltung der Arbeitsfähigkeit und die Motivation, man sollte „nicht über Vorruhestand und Frühpension
nachdenken, sondern über die Mehrleistungen bei längerer Lebensarbeitszeit".
Dr. Josef Wöss, Leiter der Abteilung für Sozialpolitik in der Arbeiterkammer Wien, verwies auf die Notwendigkeit,
insgesamt mehr Arbeitsplätze anzubieten, damit nicht die Generationen gegeneinander ausgespielt werden. Es
seien nicht Einzelmaßnahmen, sondern ein abgestimmtes Maßnahmenpaket, ein nationaler Aktionsplan erforderlich,
um eine sinnvolle Entwicklung zu erreichen und dem größeren Arbeitskräfteangebot in der höheren
Altersgruppe auch adäquate Arbeitsmöglichkeiten anzubieten.
Dr. Johannes Kopf, Vorstandsmitglied des Arbeitsmarktservice Österreich, verwies darauf, dass es in Österreich
in den letzten Jahren einen starken Anstieg der Beschäftigungsquote älterer Menschen gegeben habe. Viele
Unternehmen hätten bereits erkannt, dass sie sich mit dem Älterwerden der Belegschaft auseinandersetzen
müssen, um wirtschaftlich überleben zu können. Alle Unternehmen seien eingeladen, die vom Arbeitsmarktservice
und dem Europäischen Sozialfonds angebotenen Förderungen für Qualifikationsmaßnahmen älterer
Mitarbeiter/innen auch anzunehmen.
Dr. Rudolf Karazman, Geschäftsführer des Instituts für humanökologische Unternehmensführung,
sah ein Problem „nicht im Älterwerden der Belegschaft, sondern in der Jugendlichkeit der Unternehmen".
Übersehen werde, dass auch die Kunden älter werden und daher die soziale Kompetenz immer stärker
gefragt sei, sich mit mehr Erfahrung auf die Anliegen älterer Kunden einlassen zu können. Auf diesem
Gebiet werde es sinnerfüllte neue Herausforderungen geben.
Fortsetzung des Erfahrungsaustausches
„Die heutige Veranstaltung hat einen wichtigen Erfahrungsaustausch gebracht. Jetzt gilt es, diesen fortzusetzen
und eventuell damit auch in die Bundesländer zu gehen. Wir wollen praxisorientiert vorgehen und bitten daher
auch um Rückmeldungen", erklärte Staatssekretärin Marek zum Abschluss der Veranstaltung. |