Wirtschaft  

erstellt am
21. 04. 08

Ein erfolgreiches Jahr für Österreichs Außenwirtschaft
OeNB präsentiert die Zahlungsbilanz Österreichs für 2007
Wien (oenb) - OeNB-Gouverneur und EZB-Ratsmitglied Dr. Klaus Liebscher und das für den Bereich Statistik zuständige Mitglied des Direktoriums, Mag. Dr. Peter Zöllner, präsentierten heute im Rahmen einer Pressekonferenz die Zahlungsbilanz Österreichs für das Jahr 2007. Diesen vorläufigen Zahlen zufolge baut Österreich seinen Leistungsbilanzüberschuss sowie seine Position als Nettokapitalexporteur deutlich aus. Infolge der rasch wachsenden Binnenmarktintegration und der jüngsten EU-Erweiterungen agiert Österreichs Wirtschaft vor allem mit europäischer Perspektive.

„Die Entwicklung der österreichischen Außenwirtschaft steht weiterhin mit dem erfolgreichen Prozess der Europäischen Integration in Zusammenhang“, erläuterte Gouverneur Liebscher im Rahmen der Pressekonferenz zur Zahlungsbilanz des Jahres 2007. Bereits zwei Drittel des heimischen Finanzvermögens entfallen auf den Euroraum, der umgekehrt auch mit Abstand der wichtigste Financier der österreichischen Volkswirtschaft ist. Nie zuvor kontrollierten österreichische Unternehmen so viele europäische Tochtergesellschaften wie heute. Und nicht weniger als 70% unseres Außenhandels wird heute mit unseren Partnern innerhalb der Europäischen Union abgewickelt. Österreich profitiere in besonders hohem Ausmaß von den jüngsten EU-Erweiterungsrunden der Jahre 2004 und 2007. „Auch künftige Erweiterungen der EU wie auch des Euroraums werden Österreich wichtige Absatzmärkte erschließen sowie jene institutionellen und ökonomischen Voraussetzungen schaffen, die eine Fortsetzung dieses österreichischen Erfolgswegs ermöglichen“, so Liebscher weiter.

Als zentrale Voraussetzung zur nachhaltigen Sicherung der günstigen Wettbewerbsposition Österreichs sieht Gouverneur Liebscher neben der Wahrung der Preisstabilität vor allem eine zweckmäßige Struktur- und Wirtschaftsförderungspolitik. Österreich profitiere seit langem von seinem hervorragenden fachlichen Ausbildungsniveau, könne jedoch - nicht zuletzt infolge demographischer Entwicklungen - bereits heute den Bedarf an speziell qualifizierten Fachkräften nicht vollständig decken. Es liege daher im Interesse Österreichs, seine Grenzen für gut ausgebildete ausländische Personen möglichst rasch zu öffnen.

Weiters wies Gouverneur Liebscher auf die globalisierungsbedingt stark steigende Bedeutung solider, rasch verfügbarer und international harmonisierter Statistiken hin, die vor allem für aus räumlicher wie auch kultureller Distanz agierende internationale Investoren häufig ein zentrales Kriterium zur Beurteilung der Standortattraktivität darstellen. Die in den vergangenen Jahren deutlich gestiegenen Anforderungen an nationale und internationale Statistiken seien ausschließlich durch leistungsfähige Erhebungssysteme, hoch qualifiziertes Personal und ein engmaschiges Kooperationsnetzwerk mit in- und ausländischen Statistikinstitutionen zu erfüllen. „Die erfolgreiche Zusammenarbeit der OeNB mit Statistik Austria oder der WKÖ ist in dieser Hinsicht beispielgebend“ schloss Gouverneur Liebscher.

Anschließend präsentierte Direktor Dr. Peter Zöllner, das für den Bereich Statistik zuständige Mitglied des Direktoriums der OeNB, die wichtigsten Ergebnisse der Zahlungsbilanz 2007.

„2007 war ein wirtschaftlich gutes Jahr und Österreichs Außenwirtschaft hat ihren Beitrag dazu geleistet“, eröffnete Direktor Zöllner, als er den Rekordüberschuss der Leistungsbilanz für das abgelaufene Jahr in Höhe von 8,8 Mrd Euro bzw. 3,2% des BIP präsentierte. Entscheidend für die Steigerung des Überschusses um 2½ Mrd Euro war der Handel mit Gütern und Dienstleistungen. Trotz der Aufwertung des Euro zeigte die traditionell negative Güterbilanz einen Überschuss von 1,3 Mrd Euro.

Den größten Beitrag zum positiven Leistungsbilanzergebnis, nämlich +12,3 Mrd Euro, erbrachte wie üblich der Handel mit Dienstleistungen. Der Tourismus, ein verlässlicher Devisenbringer, litt 2007 unter der schwachen Schneelage im Frühjahr. Deutlich besser lief die Sommersaison und mit einem hervorragenden Winterauftakt endete das Tourismusjahr 2007. Angesichts stagnierender Reiseverkehrsausgaben verblieb ein rekordhoher Überschuss von mehr als 6 Mrd Euro.

Erstmals übertrafen aber die übrigen Dienstleistungen das Ergebnis des Reiseverkehrs (Überschuss von 6,2 Mrd Euro). Diese Dienstleistungsexporte wachsen nicht nur deutlich rascher als die Reiseverkehrseinnahmen, sie wuchsen in den letzten 10 Jahren mit 11% p.a. auch deutlich schneller als die Güterexporte. Ein besonders dynamisches Segment innerhalb der unternehmensnahen Dienstleistungen sind die technologiebezogenen Dienstleistungen (EDV-Dienste, Architektur und Ingenieursleistungen, Forschung und Entwicklung, Patente und Lizenzen). „Die überwiegend klein- und mittelbetrieblich organisierten Dienstleistungs­exporteure haben in der wirtschafts­politischen Diskussion bisher zu wenig Beachtung gefunden“, meinte Direktor Zöllner.

Defizitär wie immer war die Bilanz der Vermögenseinkommen, was der negativen Vermögensposition Österreichs entspricht. Nach vorläufigen Schätzungen sind die Verpflichtungen der österreichischen Volkswirtschaft gegenüber dem Ausland um etwa 50 Mrd Euro höher als das entsprechende Auslandsvermögen. Heimische Investoren kassierten 2007 mehr als 26 Mrd Euro an Vermögenseinkünften, während die Bedienung der „Auslandsschuld“ rund 30 Mrd Euro kostete. Daraus resultiert ein Nettoabfluss von 4 Mrd Euro.

In der Folge konzentrierte sich Direktor Zöllner auf die Entwicklung der Kapitalbilanz im Jahr 2007, wo Österreich als Netto-Kapitalexporteur auftrat: „Eigentlich müsste man die beiden Halbjahre 2007 getrennt betrachten: Das erste Semester war von ungebrochener Dynamik gekennzeichnet, während das zweite Halbjahr im Schatten der von den USA ausgehenden Finanzmarktkrise stand“.

Die Nettoveranlagungen in ausländische Wertpapiere brachen zur Jahresmitte ein. Ausländische Aktien wurden im Kalenderjahr in Summe abgestoßen. Der gegenüber 2006 deutlich schwächere Nettoerwerb an langfristigen Schuldpapieren ausländischer Emittenten ist ausschließlich den Käufen im ersten Halbjahr geschuldet. Dabei sank die Nachfrage nach Papieren aus dem Euroraum deutlich. Schuldverschreibungen der neuen EU-Mitglieder wurden sogar netto verkauft, während die Nachfrage nach auf Euro lautenden Schuldverschreibungen US-amerikanischer Schuldner stark war. Das von großer Vorsicht gekennzeichnete Anlegerverhalten machte kurzfristige Geldmarktpapiere attraktiv, wobei vor allem der Bund vorübergehend hohe Forderungsbestände aufbaute.

Die Nachfrage des Auslands nach österreichischen Wertpapieren litt im zweiten Halbjahr ebenfalls unter der hohen Unsicherheit, insgesamt ging der Absatz aber nur leicht zurück. „Während der Absatz von Anteilspapieren im zweiten Halbjahr ins Stocken kam, erreichten die Verkäufe von Schuldverschreibungen mit 30 Mrd Euro einen neuen Rekordwert“, hob Direktor Zöllner hervor. Der Absatz konzentrierte sich auf Bankschuldverschreibungen (19 Mrd Euro), während der Bund seine Mittelaufnahme im Ausland nur unwesentlich änderte. Auch Corporate-bonds spielten mit 4 Mrd Euro wieder eine wichtigere Rolle.

Relativ unbeeinflusst von den Turbulenzen an den Finanzmärkten entwickelten sich die Direktinvestitionen, weil es sich dabei meist um langfristig geplante Vorhaben handelt. Mit mehr als 20 Mrd Euro an Neuinvestitionen erreichten aktive wie passive Direkt­investitionen 2007 ein noch nie dagewesenes Volumen. Dominiert war das Geschehen von der Restrukturierung des Unicredit-Konzerns, wobei das Eigentum an der Bank Austria von Deutschland nach Italien wanderte und die Bank Austria die Verantwortung für die meisten Ostaktivitäten übertragen bekam. Doch auch wenn man diese Großtransaktion außer Acht lässt, waren die Direktinvestitionen lebhaft.

Der aus dem Leistungsbilanzüberschuss resultierende Kapitalexport wurde vor allem in den Kreditbereich kanalisiert, der einen Nettoexport von 32 Mrd Euro zeigte. Die Kreditforderungen der Banken wuchsen dabei um 21 Mrd Euro, vorwiegend gegenüber Schuldnern aus der EU27 und den ost- und südosteuropäischen Ländern. „So gut das Jahr 2007 für die Realwirtschaft gelaufen ist, so schwierig war es für manche Sektoren des Finanzmarktes. Auch Österreichs Finanzinstitute haben in der zweiten Jahreshälfte die Ausläufer der Turbulenzen verspürt“ schloss Direktor Zöllner seine Ausführungen. 

 

Bartenstein: Dienstleistungsexporte stärken Österreichs Außenwirtschaft 
Wien (bmwa) - „Der Leistungsbilanzüberschuss in Höhe von 8,8 Milliarden Euro für das Jahr 2007 zeigt eindrucksvoll, wie stark die österreichische Außenwirtschaft ist und wie breit sie sich aufgestellt hat", sagte Wirtschaftsminister Martin Bartenstein am 21.04. zu den von der OeNB veröffentlichten Daten zur Zahlungsbilanz.

Wesentlich für den kräftigen Zuwachs des Überschusses um 2,5 Milliarden Euro war der Handel mit Waren und Dienstleistungen. „Österreich wird zunehmend zum Dienstleistungsexporteur. 2007 hat uns diese Entwicklung mit 12,3 Milliarden Euro den größten Beitrag zum positiven Leistungsbilanzergebnis gebracht. Anders als noch vor Jahren ist hier nicht nur der sehr wertvolle Tourismus von Bedeutung", so der Wirtschaftsminister. Denn erstmals übertrafen die übrigen Dienstleistungen – also etwa jene aus dem Bereich Technologie oder Logistik - mit 6,2 Milliarden Euro das Volumen aus dem Tourismus. „Besonders beeindruckend ist die Tatsache, dass diese Dienstleistungsexporte in den vergangenen zehn Jahren mit elf Prozent auch stärker als die Warenexporte gewachsen sind", so Bartenstein. Im Vorjahr ist das Warenexportvolumen um 10,1 Prozent auf 114 Milliarden Euro angestiegen.

Auch bei den Investitionen ist Österreich in einer exzellenten Position. Im Ausland, vor allem in den Märkten Zentral- und Osteuropas ist Österreich in vier Staaten Top-Investor, in insgesamt neun Staaten unter den Top-3-Investoren. Mit mehr als 20 Milliarden Euro an Neuinvestitionen – sowohl bei den aktiven wie auch bei den passiven Direktinvestitionen – konnte 2007 ein Rekordvolumen verzeichnet werden.
     
Schenner: Tourismuswirtschaft als Exportschlager
Tourismus weiter einer der wichtigsten Nettobeitragszahler zur positiven österreichischen Leistungsbilanz
Wien (üpwk) - Wie aus der von der Österreichischen Nationalbank (ÖNB) vorgestellten aktuellen Zahlungsbilanz hervorgeht, konnte Österreich im Jahr 2007 seinen Leistungsbilanzüberschuss (aus Dienstleistungen und Warenverkehr) auf 8,8 Milliarden Euro weiter deutlich ausbauen. Der gesamte Dienstleistungsverkehr brachte einen Überschuss von 12,3 Milliarden Euro. Dazu leistete der Reiseverkehr mit einem erwirtschafteten Plus in der Rekordhöhe von 6,1 Milliarden Euro auch letztes Jahr wieder einen überproportionalen Anteil.

„Hier sieht man deutlich, wie sehr die heimische Tourismuswirtschaft als einer der verlässlichsten Devisenbringer und wesentlicher Teil der österreichischen Exportwirtschaft zur positiven Entwicklung unserer Volkswirtschaft beiträgt“, erklärt dazu der Obmann der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der WKÖ, Hans Schenner.

Die jüngsten EU-Erweiterungsrunden (2004 und 2007) wirkten sich in besonders hohem Ausmaß positiv auf Österreich und speziell den heimischen Tourismus aus. So konnte laut Statistik Austria seit 2004 die Zahl der Nächtigungen bei Gästen aus den neuen EU-Staaten um fast 50 Prozent gesteigert werden. „Diese zwölf neuen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bergen als Herkunftsmärkte unglaubliches Potenzial für den österreichischen Tourismus“, erteilt Schenner Kritikern der EU-Osterweiterung eine klare Absage.

„Der Tourismus ist nicht nur Devisenbringer, sonder auch Jobmotor, und das mit Standortgarantie“, betont Österreichs oberster Touristiker. Die Tourismusbetriebe müssen aber auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben. „Ich erwarte mir, dass dies bei den aktuellen Kollektivvertragsverhandlungen berücksichtigt wird. Sichere Jobs kann es nur bei vernünftigen KV-Abschlüssen geben“, so Schenner abschließend.
 
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