Innsbruck (universität) - Ernst von Glasersfeld wurde am 17.04. die Würde und der Titel eines
Ehrendoktors der Universität Innsbruck verliehen. Im Anschluss an seine feierliche Promotion begeisterte der
österreichisch-amerikanische Philosoph das Publikum in der übervollen Aula mit einem autobiografischen
Vortrag.
Mit Ernst von Glasersfeld zählt die Universität Innsbruck seit gestern einen ebenso vielseitigen wie
renommierten Wissenschaftler zu ihren Ehrendoktoren. „Wir ehren einen sehr prominenten Wissenschaftler, der Bezüge
zur Alma Mater hat und dessen Werk international unzählige Male zitiert und diskutiert wurde“, freute sich
Rektor Karlheinz Töchterle, der zusammen mit Prof. Theo Hug die Laudatio für Glasersfeld hielt. Die
beiden Laudatoren waren sich einig, dass es sehr schwer sei, einer so vielseitigen und reichhaltigen Persönlichkeit
wie Glasersfeld gerecht zu werden. So meinte Prof. Hug am Ende seiner Worte „Da wären noch viele Glasersfelds
zu loben.“
Das Ehrendoktorat der Universität Innsbruck sei für ihn eine wunderbare Bestätigung dafür,
dass sein langjähriges Wandern durch die unterschiedlichsten Disziplinen nicht umsonst gewesen sei, sagte
Glasersfeld in seinen Dankesworten. „Normalerweise benötigen Studenten vier bis fünf Jahre, manchmal
sogar weniger, um einen Doktortitel zu erlangen. Bei mir hat es über 60 Jahre gedauert“, so der 91jährige,
der als reiner Autodidakt Professor wurde.
Leben und Werk
Bekannt wurde Ernst von Glasersfeld mit seinen Beiträgen zur Primatenforschung und der Entwicklung der Schimpansensprache
„Yerkish“. Darüber hinaus gilt Glasersfeld zusammen mit Heinz von Foerster als Begründer der philosophischen
Richtung des Radikalen Konstruktivismus. Sein wissenschaftlicher Werdegang führte den gebürtigen Altösterreicher
über zahlreiche Umwege an die University of Georgia (USA). In den Jahren 1997 bis 1999 hat der bedeutende
Denker mehrere Seminare und Gastvorträge an der Universität Innsbruck abgehalten und wirkte an zwei von
Prof. Theo Hug vom Institut für Erziehungswissenschaften herausgegebenen Publikationen sowie in der Video-Reihe
„Innsbruck Lectures on Constructivism“ mit.
Geboren wurde Glasersfeld 1917 als Sohn eines k.u.k. Diplomaten und einer Schirennläuferin in München.
Er wuchs in Südtirol und in der Schweiz auf. Vor dem Krieg war er Schilehrer in St. Anton und wurde sogar
erster australischer Abfahrtsmeister. Nach Studien in Zürich und Wien flüchtete er 1938 über Frankreich
nach Irland, wo er während des Zweiten Weltkrieges als Farmer tätig war. Nach 1945 arbeitete er als Journalist
und als Mitarbeiter von Silvio Ceccato in Mailand an einem Projekt zur maschinellen Übersetzung. Von 1970
bis 1987 war er Professor für kognitive Psychologie an der University of Georgia. |