PTB entwickelt Messtechnik zur Untersuchung neurovaskulärer Kopplung
Braunschweig (idw) - Alle zwei Minuten erleidet ein Mensch in Deutschland einen Schlaganfall. Rund
ein Drittel der Betroffenen überlebt den plötzlichen Blutmangel im Gehirn nicht, viele andere behalten
schwere Behinderungen zurück. Denn das Gehirn ist ein Hochleistungsorgan mit immensem Energiebedarf - ist
die Versorgung mit Sauerstoff unterbrochen, können Lähmungen, Sprach- und Sehstörungen die Folge
sein. Um die damit zusammenhängenden Prozesse im Gehirn besser zu verstehen, entwickeln Forscher der Physikalisch-Technischen
Bundesanstalt (PTB) neuartige Messmethoden: Sie erforschen den zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Sauerstoffbedarf
der Nervenzelle und der Sauerstoffbereitstellung durch das Blut. Dies ist ihnen erstmals direkt am Patienten mit
einer Zeitauflösung von 100 ms gelungen.
Um das genaue Ergebnis zu erzielen, arbeiten die PTB-Forscher mit zwei Messgeräten simultan: Die Gehirnströme
erfasst ein DC- Magnetenzephalograf (MEG), während ein Nahinfrarot-Spektroskop die Konzentrationsänderung
des Blutsauerstoffes im Gehirn misst. Das Ergebnis zeigt, dass ein bis drei Sekunden nach einer spezifischen Gehirnzellenaktivität
die Blutzufuhr steigt. Diese zeitliche Abfolge beider Phänomene können die Forscher nun auf 100 ms genau
bestimmen. In einem nächsten Schritt wird die zeitliche Abfolge bei Gesunden mit der von Schlaganfallpatienten
verglichen.
Das derzeit übliche Mittel, um die Aktivität von Nervenzellverbänden sichtbar zu machen, ist die
funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT), besser als Kernspintomographie bekannt. Aber das Verfahren ermittelt
das Ergebnis nur indirekt: Es misst den Sauerstoffgehalt des Blutes im Gehirn und lässt so Rückschlüsse
auf die Zellaktivität zu - wo mehr Sauerstoff ist, ist auch eine erhöhte Gehirnzellenaktivität zu
erwarten. Auf der anderen Seite erlauben die Elektro- bzw. Magnetenzephalografie, eher als EEG und MEG bekannt,
einen direkten Einblick in neuronale Prozesse, können diese aber nicht genau räumlich lokalisieren. Die
oben beschriebenen Experimente an der PTB können dazu beitragen, zwischen diesen herkömmlichen Messmethoden
eine Brücke zu schlagen und neue Erkenntnisse für die Medizin zu liefern. |