Paris (esa) - In der Nacht von 26. auf 27.04. wurde mit dem Start des zweiten ESA-Satelliten zur orbitalen
Validierung von Galileo (GIOVE) ein weiterer Schritt in Richtung Verwirklichung von Europas Satellitennavigationssystem
vollbracht.
GIOVE-B, der die präziseste Atomuhr mitführt, die je in den Weltraum gestartet wurde, hob heute Morgen
um 04.16 Uhr Ortszeit (00.16 Uhr MESZ) an Bord eines von Starsem betriebenen Sojus/Fregat-Trägers vom Kosmodrom
Baikonur in Kasachstan ab und wurde zunächst in eine mittlere Erdumlaufbahn befördert. Anschließend
kam die Fregat-Oberstufe zum Einsatz: Nach einer Reihe von Manövern gelangte sie schließlich auf eine
kreisförmige Umlaufbahn in rund 23 200 km Höhe mit einer Neigung von 56° zum Äquator, auf der
sie rund 3 Stunden und 45 Minuten nach dem Start den Satelliten sicher aussetzte. Die beiden Solarzellenflügel,
die GIOVE-B mit Strom versorgen, entfalteten sich korrekt und erreichten ihre volle Einsatzfähigkeit um 05.28
Uhr MESZ.
Der 500 kg schwere Satellit wurde von einem europäischen Industriekonsortium unter der Leitung der Astrium
GmbH gebaut; für die Integration und die Erprobung in Rom war Thales Alenia Space verantwortlich. Zwei Jahre
nach Beginn der überaus erfolgreichen GIOVE-A-Mission wird dieser neue Satellit die Demonstration kritischer
Technologien für die Navigationsnutzlast der künftigen operationellen Galileo-Satelliten fortsetzen.
Drei hochpräzise Weltraumuhren an Bord
Wie sein Vorgänger führt auch GIOVE-B zwei kleine Rubidium-Atomuhren mit einer Stabilität von 10
Nanosekunden pro Tag als Reserve mit. Noch genauer ist allerdings sein passiver Wasserstoff-Maser (PHM), der es
auf eine Stabilität von unter 1 Nanosekunde pro Tag bringt. Mit GIOVE-B wurde erstmals eine Atomuhr dieses
Typs in den Weltraum gestartet; damit befindet sich nun die bislang präziseste Weltraumuhr in der Umlaufbahn.
Jeder operationelle Galileo-Satellit wird zwei PHM als Primäruhren und zwei Rubidium-Uhren als Reserve an
Bord haben.
GIOVE-B führt ferner eine Nutzlast zur Strahlungsüberwachung, die die Weltraumumgebung in der Höhe
untersuchen soll, in der die Galileo-Konstellation zum Einsatz kommen wird, und einen Laser-Retroreflektor für
hochgenaue Positionsbestimmungen mittels Laserstrahlen mit.
Die von Signalerzeugungseinheiten hervorgebrachten repräsentativen Galileo-Signale werden auf drei verschiedenen
Frequenzen über eine phasengesteuerte Gruppenantenne im L-Band ausgestrahlt, die den gesamten unter dem Satelliten
sichtbaren Teil der Erde abdecken soll.
GIOVE-B ist nun unter der Kontrolle des Satellitenbetriebszentrums von Telespazio in Fucino, Italien, und die Überprüfung
des Satelliten im Orbit hat begonnen.
Abschließende Demonstration vor Galileo
Neben seiner Technologiedemonstrationsmission wird GIOVE-B auch die Aufgabe von GIOVE-A übernehmen, die Frequenzen
für Galileo zu sichern, da der im Dezember 2005 gestartete erste Galileo-Demonstrationssatellit langsam das
Ende seiner Einsatzdauer erreicht.
Der nächste Schritt nach GIOVE-B wird der Start von vier operationellen Satelliten zur Validierung des Galileo-Weltraum-
und des zugehörigen Bodensegments spätestens 2010 sein. Sobald diese Phase der orbitalen Validierung
(IOV) abgeschlossen ist, werden die verbleibenden Satelliten gestartet und auf ihre Einsatzbahn gebracht, um die
volle Betriebsbereitschaft (FOC) von 30 identischen Satelliten herzustellen.
„Mit dem Start von GIOVE-B stehen wir vor dem Abschluss der Demonstrationsphase für Galileo“, sagte ESA-Generaldirektor
Jean-Jacques Dordain in Fucino, als er den Teams der ESA und der Industrie gratulierte. „Die enge Zusammenarbeit
zwischen der ESA und der Europäischen Kommission war ausschlaggebend für unsere Fortschritte in dem schwierigen
Umfeld der letzten Jahre. Trotz dieser Schwierigkeiten ist Galileo mit zwei Satelliten in der Umlaufbahn, erheblichen
Fortschritten bei den nächsten vier (sie befinden sich bereits in der Konstruktionsphase) und einem voll qualifizierten
EGNOS-Dienst* bereits Realität - alles im Dienste der Bürger in Europa und rund um die Welt. Die ESA
wird in Kürze die Beschaffungen für die Gesamtkonstellation nach der IOV unter der Verantwortung der
Europäischen Kommission einleiten.“
Mit Galileo erhält Europa sein eigenes globales Satellitennavigationssystem, dass unter ziviler Kontrolle
steht und einen hochgenauen, garantierten globalen Ortungsdienst anbieten wird. Es wird mit den beiden anderen
bestehenden weltweiten Satellitennavigationssystemen, dem Global Positioning System (GPS) der USA und dem russischen
System GLONASS, verbundfähig sein. Galileo wird mit bis dato einzigartiger Integrität in Echtzeit Ortungssignale
mit einer Genauigkeit von 1 Meter senden.
Für Galileo sind zahlreiche Anwendungen geplant, darunter die Ortung und hieraus abgeleitete Mehrwertdienste
für den Straßen-, Schienen-, Luft- und Seetransport, die Fischerei und die Landwirtschaft, die Ölförderung,
den Zivilschutz, das Bauwesen, öffentliche Bauarbeiten und die Telekommunikation. |