Steigerung der Frauenerwerbsquote  

erstellt am
02. 05. 08

 Marek fordert steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten
Klares Bekenntnis zur Steigerung der Frauenerwerbsquote - Sozial gerecht heißt nicht Gießkanne
Wien (övp-pd) - Staatssekretärin Christine Marek forderte im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ÖVP- Finanzsprecher Dr. Günter Stummvoll die steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten. "Alle, die Lohn- und Einkommenssteuer zahlen, sollen von dieser Maßnahme profitieren", so Marek. Weiters legte die Staatssekretärin für Arbeit ein klares Bekenntnis zur Steigerung der Frauenerwerbsquote ab, ging auf die Situation der Kinderbetreuung ein, erinnerte an die Erhöhungen bzw. neu eingeführten Familienleistungen der vergangenen Jahre und appellierte an die SPÖ: "Sozial gerecht heißt nicht Gießkanne."

"Die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten kommt genau denjenigen zugute, die der klassische Mittelstand sind und nicht in den Genuss von Förderungen und sozialen Staffelungen der Länder und Gemeinden kommen sowie keine Zuschüsse für Betreuungseinrichtungen erhalten", erläuterte Marek. Bei der Förderstruktur zeige sich, dass vor allem Niedrigverdiener von den Ermäßigungen und Förderungen profitieren. "Das ist sozial gerechtfertig. Problematisch ist aber, dass die Netto-Zahler hier keine Unterstützung bekommen und die vollen Kosten tragen, weil sie ‚zu viel verdienen'." Dies verdeutlichte Marek anhand von zwei Rechenbeispielen, die sich auf Wien beziehen:

Rechenbeispiel 1: Eine alleinerziehende Angestellte von zwei Kindern in Wien ist Vollzeit erwerbstätig und verdient monatlich 3.000 Euro brutto, das sind rund 1.900 Euro netto. Sie bekommt 238,20 Euro Familienbeihilfe sowie 650 Euro an Alimenten vom Vater der Kinder (Alimente und Familienbeihilfe zählen in Wien zum Netto- Einkommen, Anm.). Das ergibt in Summe ein Familien-Netto-Einkommen von 2.788,20 Euro, davon darf sie in Wien einen Geschwisterbonus von 336,99 Euro abziehen. Das ergibt ein Netto-Familieneinkommen von 2.451,21 Euro. Die Frau kommt nicht in den Genuss einer Ermäßigung zum Elternbeitrag der Stadt Wien. An monatlichen Kosten für den Kindergarten (inklusive Mittagessen) fallen für sie rund 544 Euro an. Also knapp ein Viertel (22,2 Prozent) des Familien- Nettoeinkommens geht für die Kinderbetreuung auf.

Rechenbeispiel 2: Ein Ehepaar in Wien mit einem Kind, beide sind Vollzeit beschäftigt. Sie bekommt ein Netto-Einkommen von rund 900 Euro, er ein Netto-Einkommen von rund 1.400 Euro (beide Einkommen liegen somit etwas unter dem Median-Einkommen). Für ihr Kind (über drei Jahre) bezieht die Mutter zusätzlich Familienbeihilfe in Höhe von 112,70 Euro. Das Netto- Familieneinkommen beläuft sich somit auf 2.412,70 Euro. Die Familie kommt daher nicht in den Genuss einer Ermäßigung des Elternbeitrages durch die Stadt Wien. An monatlichen Kosten für den Kindergarten (inklusive Mittagessen) fallen für sie rund 272 Euro an. Also immerhin 11,3 Prozent des Netto-Familieneinkommens gehen für die Kinderbetreuung auf.

Die Staatssekretärin legte weiters ein klares Bekenntnis zur Steigerung der Frauenerwerbsquote ab. "Die Wirtschaft kann auf das Potenzial der Frauen nicht verzichten", unterstrich Marek. Auch angesichts des Fachkräftemangels sei es eine Notwendigkeit - "wir müssen wettbewerbsfähig bleiben". Derzeit liegt die Frauenerwerbsquote bei 64,4 Prozent (2007). "Das ist im europäischen Durchschnitt sehr gut, allerdings haben wir mit 41,2 Prozent eine hohe Teilzeitquote", so die Staatssekretärin.

"Gerade bei der Frauenbeschäftigung ist in Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf die Kinderbetreuung ein wesentlicher Aspekt, ob die Frau arbeiten gehen kann oder nicht", so Marek weiter. "Nicht vorhandene oder zu teure Kinderbetreuung sind ein Hemmschuh für viele Frauen, Vollzeit oder überhaupt erwerbstätig zu sein", so Marek, die auf einen SORA/AK-Bericht aus dem Jahr 2005 verwies: Demzufolge würden 155.000 teilzeitbeschäftigte Frauen gerne länger oder Vollzeit arbeiten, wenn eine entsprechende Kinderbetreuung verfügbar wäre.

"Die Kinderbetreuung insgesamt flexibler und leistbarer zu machen, rechnet sich auch volkswirtschaftlich", fuhr Marek fort. Laut einer Studie der Wirtschaftsuniversität, erstellt im Auftrag des Vereins "Kinder in Wien", verzeichnen Wienerinnen und Wiener aufgrund der zeitlichen Entlastung durch Kindertagesstätten ein zusätzliches Erwerbseinkommen von 154 Millionen Euro. "Damit zahlen sie natürlich auch zusätzlich Steuern und Sozialversicherungsbeiträge - auch das ist etwas ganz Wesentliches", so Marek. Die positiven Einkommenseffekte sicherten laut Studie zudem insgesamt 1.466 vollzeitäquivalente Arbeitsplätze.

Österreichweit liegen die durchschnittlichen Elternbeiträge für den Kindergarten bei monatlich 122 Euro (inklusive Mittagessen) bzw. bei 60 Euro (ohne Mittagessen). Die Kinderkrippen bzw. die Betreuung der unter Dreijährigen kommt noch teurer: Sie kostet im österreichischen Durchschnitt monatlich 145 Euro, mit Mittagessen geht der Betrag an die 200 Euro. "Das sind Kosten, die für junge Familien sehr hoch sind", sagte Marek. Inflationsbedingt sind die Kosten zudem wesentlich höher, denn allein von 2005 auf 2007 sind österreichweit die Gebühren für Kindergärten um 7,4 Prozent gestiegen und die Gebühren für die Krippen sogar um 11,4 Prozent. Als Beispiel nannte Marek Wien: Hier liegt der monatliche Elternbeitrag für eine Kinderkrippe bzw. einen Kindergartenplatz bei 214,28 Euro (ohne Mittagessen) bzw. bei 271,69 Euro (mit Mittagessen). "Das ist für junge Familien ein ordentlicher Brocken", so die Staatsekretärin.

Weiters präsentierte Marek Daten aus einer Sonderbefragung zum Mikrozensus, wonach 47 Prozent der befragten Personen, die mit der Kinderbetreuung unzufrieden sind, als Grund die Kosten dafür angeben. "In Wien ist das Kostenargument das Topargument für die Unzufriedenheit mit der Betreuung", so Marek. Eine auch aus frauenpolitischer Sicht wesentliche Zahl: 2,4 Prozent der Frauen - das sind in Summe 68.000 Frauen - sagen, dass sich Vollzeitarbeit aufgrund der Kosten für die Kinderbetreuung nicht lohnen würde. Auch in einer Studie des österreichischen Instituts für Familienforschung argumentieren viele Frauen, nicht erwerbstätig zu sein, da das Einkommen überwiegend für die Kinderbetreuung aufgeht.

Die Staatssekretärin verwies in ihrer Pressekonferenz auch auf die Erhöhungen bzw. neu eingeführten Familienleistungen der vergangenen Jahre: Kinderbetreuungsgeld für alle, die Flexibilisierung des Kinderbetreuungsgeldes, die Anhebung der Zuverdienstgrenze auf 16.200 Euro, die Anhebung des Zuschlags zur Familienbeihilfe für Mehrkindfamilien, die Zuverdienstgrenze für den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld wurde mehr als verdreifacht, Anstoßfinanzierung zum Ausbau der Kinderbetreuungsplätze sowie der Wegfall der Gebühren bei der Geburt eines Kinder.

Abschließend betonte Marek in Richtung SPÖ: "Sozial gerecht heißt nicht Gießkanne." Die Forderung nach der allgemeinen Erhöhung der Familienbeihilfe wäre aus Mareks Sicht nach dem Gießkannen- Prinzip. Wichtig sei ihr auch, dass die steuerliche Absetzbarkeit ebenso Alleinerziehenden zugute kommt. Vollerwerbstätigkeit könne durchaus eine "Überlebensfrage" sein. Es gehe ihr aber nicht darum, jene zu bestrafen, die nicht erwerbstätig sind oder ihr Kind selbst betreuen. "Sondern es geht darum, einen volkswirtschaftlich richtigen und wichtigen Anreiz zu bieten, der gerade Frauen ermöglicht, erwerbstätig zu sein", so Marek.

Sie möchte auch auf betrieblicher Ebene vermehrt Möglichkeiten für die Kinderbetreuung schaffen. "Familienpolitisch hätten wir damit zwei Fliegen mit einer Klappe: Einerseits wäre die Organisation und Bezahlung der Kinderbetreuung ein wenig weiter entlastet, gleichzeitig hätten wir einen volkswirtschaftlichen Nutzen. Andererseits würden Unternehmen motiviert, stärker in die Kinderbetreuung zu investieren. Also eine klassische win-win- Situation", schloss die Staatssekretärin.

 

 Kuntzl: Erfreuliches Umdenken in der ÖVP
ÖVP auch für Steigerung der Frauenerwerbsquote und Ausbau von ganztägigen Kinderbetreuungsplätzen
Wien (sk) - "Der Großteil der österreichischen Frauen will einen qualifizierten Beruf und Familienleben verbinden. Die ÖVP bekennt sich jetzt auch zu einer Steigerung der Frauenerwerbsquote sowie zum Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen und hat offensichtlich vom Familiensplitting Abschied genommen. Hier scheint es ein Umdenken zu geben", zeigte sich SPÖ-Familiensprecherin Andrea Kuntzl erfreut über die Aussagen von ÖVP-Staatssekretärin Christine Marek und ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll. Einigkeit herrsche in der Regierungskoalition darüber, dass bei der Steuerreform die Familien entlastet werden müssen.

Die SPÖ habe immer darauf hingewiesen, dass Familien in erster Linie ganztägige, qualitativ hochwertige Kinderbetreuungsplätze benötigen, um Beruf und Familie besser vereinbaren zu können. Deshalb sei sie froh, betonte Kuntzl, dass die ÖVP und ihre Landespolitiker sich hier nicht mehr länger dem Wunsch der österreichischen Familien verschließen und die Notwendigkeit des Ausbaus und der Förderung ganztägiger Betreuungsplätze erkannt haben. Auch sei gut, dass die ÖVP vom Familiensplitting Abschied genommen habe, denn dies habe nämlich, wie auch alle ExpertInnen bestätigten, einen negativen Effekt auf die Frauenerwerbsquote.

Dass bei Österreichs Frauen die Kinderbetreuungsfrage eine der dringlichsten sei, zeige auch eine von Frauenministerin Bures heute veröffentlichte IFES-Umfrage, wonach für 85 Prozent der Frauen Beruf und Familie "sehr schwer" oder "ziemlich schwer" zu vereinbaren sind. Und 70 Prozent der Frauen möchten mehr ganztägige Kinderbetreuungsplätze in ihrem Bundesland. "Dem kann sich die Politik nicht länger verschließen. Wir müssen den Bedürfnissen und Anliegen der Familien Rechnung tragen", so die SPÖ-Familiensprecherin abschließend.
 

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