Linz (jku) - Kundenorientierung über alles, Veränderungsbereitschaft als Voraussetzung: Die Arbeitsbedingungen
in der westlichen Welt unterliegen einem raschen Wandel, die Anforderungen an Arbeitnehmer steigen ständig.
Wie sind diese Veränderungen zu bewerten? Diese und andere Fragen wurden bei der größten Fachtagung
wissenschaftlich arbeitender Psychologen in Österreich vom 24. bis zum 26. April 2008 an der Johannes Kepler
Universität Linz diskutiert.
Speziell im Dienstleistungsbereich komme es durch die Zunahme von Kundenorientierung und -erwartungen zu neuen
Belastungen für die Mitarbeiter, betont Christian Korunka, Professor an der Fakultät für Psychologie
der Universität Wien. Als Folge einer optimierten Ausrichtung auf die Erwartungen der Kunden entstünden
neue "tayloristische" Arbeitsbedingungen. Darunter versteht man die Stücklung von Arbeiten in kleine
Teile ohne dass die Beschäftigten das Ganze vor Augen haben. Als Beispiel dafür sind Tätigkeiten
in Callcentern zu nennen. Solche Bedingungen seien aus arbeitspsychologischer Sicht sehr kritisch zu bewerten.
Eine weitere Herausforderung der neuen Arbeitswelt wird durch soziodemografische Veränderungen bedingt: "Das
Altern der Gesellschaft und die Neugestaltung der Pensionssysteme haben zur Folge, dass sich berufliche Lebensplanungen
verändern und Personen wesentlich länger leistungsfähig an ihren Arbeitsplätzen verbleiben
sollten", erklärt Korunka. Hier stelle sich die Frage nach entsprechenden Arbeitsbedingungen, die einen
Verbleib im Arbeitsleben möglich machen.
Auch die bisher vielfach erträumte berufliche Selbständigkeit sei immer häufiger eine erzwungene
Bedingung (ein Push-Faktor, z.B. in der Form einer Gründung aus der Arbeitslosigkeit) und keine selbstgewollte
berufliche Entscheidung mehr. Hier stelle sich nicht nur die Frage nach den Arbeitsbedingungen, sondern auch nach
den beruflichen Überlebenschancen von Selbständigen mit ungünstigen Ausgangsbedingungen.
Aber nicht nur die Arbeitswelt wurde bei der Tagung abgehandelt: Inhaltlich wurde ein umfassender Überblick
über die wissenschaftliche Psychologie in Österreich geboten. Aktuelle Themen wie z. B. "Psychologische
Weisheitsforschung" oder "Psychologie der Macht" wurden von den mehr als 200 Forschern aus dem In-
und Ausland ebenso diskutiert wie die Lage der Psychologie als Studienfach in Österreich oder neue Formen
des Lehrens und Lernens.
"Den Kongress nach Linz an die SOWI-Fakultät der JKU zu holen war uns sehr wichtig. Zeigt dies doch wie
aktiv und engagiert in Linz die Psychologie vertreten wird", betont Bernad Batinic, Professor für eLearning
an der JKU und einer der Organisatoren der Tagung. |