Basel (idw) - Nur die Hälfte der Patienten mit chronischer Hepatitis
C kann mit der heute üblichen Interferon-Therapie geheilt werden. Weshalb die Behandlung oft nicht wirksam
ist, konnten nun Wissenschaftler der Universität Basel durch die Untersuchung von Gewebeproben nachweisen.
Ihre Forschungsresultate wurden von der US-Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences"
publiziert.
Die chronische Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus ist eine der häufigsten Leberkrankheiten. In der Schweiz
sind 50'000 bis 70'000 Personen mit dem Virus infiziert. Chronische Hepatitis C kann zu einer Leberzirrhose und
zu Leberkrebs führen. Zur Behandlung dieser Infektionskrankheit wird heute eine Kombination bestimmter Interferone
(pegyliertes Interferon alpha, kurz "pegIFNalpha") und Ribavirin, einer antiviralen Substanz, eingesetzt.
Die Therapie dauert sechs bis zwölf Monate und ist für die Patienten wegen häufiger und teils schwerer
Nebenwirkungen oft sehr belastend. Trotzdem wird nur etwa die Hälfte der Patienten geheilt.
Das Forscherteam des Universitätsspitals Basel und des Friedrich Miescher Instituts ist der Frage nachgegangen,
wieso diese Behandlung häufig unwirksam bleibt. Die Studie wurde durch die aussergewöhnliche Bereitschaft
von 16 Patienten ermöglicht, sich vier Stunden nach der ersten Injektion mit pegIFNalpha für Forschungszwecke
einer Leberbiopsie zu unterziehen. Diese Gewebeentnahme erlaubte es den Forschern, die molekulare Wirkung von pegIFNalpha
direkt in der Leber zu untersuchen.
Die Analyse der Organproben zeigte, dass bei vielen Patienten bereits vor der Therapie die Zielgene aktiviert sind,
die durch die Interferone stimuliert werden sollen. Bei ihnen blieb eine nennenswerte Wirkung von pegIFNalpha in
den Leberzellen aus. Im Verlauf der weiteren Therapie zeigte sich auch keine Wirkung auf das Virus, und die Patienten
konnten nicht geheilt werden.
Im Gegensatz dazu zeigten die Patienten, die vor der Behandlung keine Aktivierung des körpereigenen Interferonsystems
aufwiesen, eine starke Wirkung von pegIFNalpha mit einer Induktion von hunderten von Zielgenen. Die Therapie führte
bei der überwiegenden Zahl dieser Patienten schon nach vier Wochen zu einer Elimination des Virus. Aus der
Literatur ist bekannt, dass 85% solcher Patienten geheilt werden.
Wieso das körpereigene Interferonsystem bei fast der Hälfte der Patienten aktiviert wird, ist vollkommen
unbekannt und wird ein wichtiges Thema zukünftiger Forschung sein. Ebenso unklar ist, wieso dieses aktivierte
Interferonsystem die Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus nicht eliminieren kann.
Diese Ergebnisse haben bedeutende Implikationen für die Behandlung von chronischer Hepatitis C. Erstens kann
man sich vorstellen, den Aktivierungszustand des körpereigenen Interferonsystems in den Leberbiopsien zu bestimmen,
die zur Diagnose routinemässig vor der Behandlung entnommen werden. Diese Informationen könnten Voraussagen
über die Erfolgschancen der Therapie ermöglichen und für den Einsatz von neuen antiviralen Medikamenten
eine wichtige Rolle spielen.
Zweitens zeigen die Resultate eine viel versprechende therapeutische Strategie auf: Sollte es gelingen, die Voraktivierung
des körpereigenen Interferonsystems in der Leber rückgängig zu machen, könnten wahrscheinlich
viel mehr Patienten mit pegIFNalpha geheilt werden. Bereits laufen Forschungsprojekte, welche die Ursachen der
Voraktivierung und mögliche Gegenmassnahmen untersuchen. |