EU-Agrarrat will Zulassung von Pflanzenschutzmitteln harmonisieren   

erstellt am
16. 05. 08

WTO könnte für neuerliche Debatten um Verhandlungsführung durch Kommission sorgen
Wien (aiz/bmlfuw) - Die Landwirtschaftsminister der EU-Mitgliedstaaten streben bei ihrer Ratstagung am 19.05. in Brüssel eine Harmonisierung der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln an. Österreich ist an einer weitgehenden Vereinheitlichung der Kriterien und Zentralisierung der Zulassung interessiert.

Allerdings scheint eine Mehrheit dafür nicht realistisch. Daher wird Österreich in der öffentlich geführten Ratsdebatte den Vorschlag der Europäischen Kommission vom Juli 2006 unterstützen, wonach die EU-Mitgliedstaaten in drei Gruppen mit vergleichbaren klimatischen Bedingungen eingeteilt werden, innerhalb derer weiterhin national ausgesprochene Zulassungen gegenseitig anerkannt werden. Weiters diskutieren die Minister die aktuelle Entwicklung der Agrar- und Lebensmittelpreise sowie internationale Maßnahmen gegen die Nahrungsmittelknappheit und den aktuellen Stand der Verhandlungen in der Doha-Runde der Welthandelsorganisation WTO.

Bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln fordert Österreich ebenfalls rechtliche Lösungen für Parallelimporte. Dazu hat Deutschland kürzlich einen Kompromiss vorgelegt, dem zufolge noch nicht wirksame Minimalkonzentrationen zugelassen werden sollen, wenn diese nochmals um den Faktor 1.000 verdünnt werden.

In der Debatte um die Lebensmittelpreise ist Österreich der Ansicht, die Öffentlichkeit müsse über die globalen Zusammenhänge von Angebot und Nachfrage auf den Agrarmärkten informiert werden. Darin lägen die eigentlichen Gründe hoher Agrarpreise und der Lebensmittelknappheit. Weiters betont Österreich auch, dass die EU in jüngster Vergangenheit mit der Aufhebung der Verpflichtung zur Stilllegung von Ackerflächen schon Maßnahmen ergriffen hat und in der Debatte um den Health Check für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) das Thema ebenfalls berücksichtigen müsse.

WTO könnte für neuerliche Debatten um Verhandlungsführung durch Kommission sorgen
Neuerliche Debatten um die Verhandlungsführung der Europäischen Kommission könnte der obligatorische Tagesordnungspunkt mit dem Update der Minister durch die Kommission über den Verhandlungsstand in der Doha-Runde der WTO bringen. Bekanntlich wurden zuletzt Fortschritte bei einzelnen Aspekten des Marktzutritts für Agrarprodukte im Bereich der Abgrenzung sogenannter "Sensibler Produkte" mit der Möglichkeit eines besseren Zollschutzes im Tausch gegen allgemein stärkere Zollsenkungen am Verhandlungsort Genf kolportiert. Dieser von EU-Außenhandelskommissar Peter Mandelson getragene Kompromiss enthält praktisch eine weitere Aufweichung des Außenschutzes bei Zucker und Reis als Preis dafür, Milchprodukte und den Rindfleischmarkt weiterhin besser schützen zu können. Eine breite Reihe von Mitgliedstaaten wie Österreich, Deutschland, Frankreich, Polen, Belgien und Litauen wirft aber der Kommission vor, damit neuerlich Zugeständnisse bei der Landwirtschaft anzubieten, ohne dabei Entgegenkommen für die Forderungen der EU bei Dienstleistungen und Industrieprodukten (NAMA) gefunden zu haben.

Allerdings scheint auch dieser Kompromiss zuletzt unter den Verhandlungsparteien wieder umstritten. Denn als Preis für den Status "Sensibler Produkte" müsse die EU als Gegenleistung zusätzliche Zollfreikontingente für die Einfuhr dieser Produkte eröffnen. Diese Kontingente werden auf Basis der Verbrauchsdaten ermittelt. Laut Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel könnte dies zum Beispiel bei Zucker mit einem Einfuhrkontingent über 485.000 bis 675.000 t Zucker in die EU verbunden sein. Dagegen läuft die betroffene Branche Sturm, da sie erst jüngst mit einer Kürzung der Quotenzuckererzeugung in der EU um 6 Mio. t einen tiefen Reformschnitt mitmachen musste und man ihr erklärt hätte, damit sei auch schon im Hinblick auf die WTO das Ende erreicht. Zudem sei die EU mit dieser Reform schon zum Nettoimporteur von Zucker geworden.

Die kolportierten WTO-Zugeständnisse der EU würden aber nun zu weiteren Produktionseinschränkungen im Ausmaß der zusätzlichen Zollkontingente führen müssen. Zurzeit sind die Verhandler in Genf mit der Abstimmung der Konsumdaten für die Berechnung etwaiger neuer Zollkontingente beschäftigt. Danach sollen ab kommender Woche neue Texte zur Landwirtschaft und den NAMA in Genf vorgelegt werden. Danach könnte im Juni oder Juli eine Ministerrunde in Genf versuchen, die WTO-Runde politisch wieder flott zu bekommen.

Beitrag der Agrarforschung zur Anpassung der EU-Landwirtschaft an den Klimawandel
Bei einem Mittagessen werden die Minister anhand eines Fragebogens des slowenischen Vorsitzes den Beitrag der Agrarforschung zur Anpassung der EU-Landwirtschaft an den Klimawandel diskutieren. Österreich hält dabei ein zusätzliches Forschungsbudget der EU für notwendig, wenngleich Lösungen nur teilweise auf EU-Ebene gefunden werden könnten. Speziell kleinklimatische Spezifika oder spezielle Fragen der Alpenregion können nur von den betroffenen EU-Partnerländern in Kooperation erforscht werden. Mit dem ERA-Net CIRCLE stehe für die beteiligten EU-Mitgliedsländer eine tragfähige Kooperationsplattform für nationale Forschungsprogramme zur Verfügung. Wissenstransfer erfolge auch unter Mitarbeit von Landwirten selbst, durch Berater, regionale Fallbeispiele oder die gezielte Umsetzung in Regionalförderprogrammen wie LEADER und INTERREG.

In Österreich wird außerdem von 26. bis 27.06. die 26. Regionalkonferenz der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) in Innsbruck tagen. Dabei werden der Klimawandel und seine Folgen insbesondere für Regionen behandelt sowie als Rezept für eine nachhaltige Entwicklung der ländlichen Räume die Förderung traditioneller, regionaltypischer Produkte in den Mittelpunkt gerückt.
 
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