WTO könnte für neuerliche Debatten um Verhandlungsführung durch Kommission sorgen
Wien (aiz/bmlfuw) - Die Landwirtschaftsminister der EU-Mitgliedstaaten streben bei ihrer Ratstagung
am 19.05. in Brüssel eine Harmonisierung der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln an. Österreich ist an
einer weitgehenden Vereinheitlichung der Kriterien und Zentralisierung der Zulassung interessiert.
Allerdings scheint eine Mehrheit dafür nicht realistisch. Daher wird Österreich in der öffentlich
geführten Ratsdebatte den Vorschlag der Europäischen Kommission vom Juli 2006 unterstützen, wonach
die EU-Mitgliedstaaten in drei Gruppen mit vergleichbaren klimatischen Bedingungen eingeteilt werden, innerhalb
derer weiterhin national ausgesprochene Zulassungen gegenseitig anerkannt werden. Weiters diskutieren die Minister
die aktuelle Entwicklung der Agrar- und Lebensmittelpreise sowie internationale Maßnahmen gegen die Nahrungsmittelknappheit
und den aktuellen Stand der Verhandlungen in der Doha-Runde der Welthandelsorganisation WTO.
Bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln fordert Österreich ebenfalls rechtliche Lösungen für
Parallelimporte. Dazu hat Deutschland kürzlich einen Kompromiss vorgelegt, dem zufolge noch nicht wirksame
Minimalkonzentrationen zugelassen werden sollen, wenn diese nochmals um den Faktor 1.000 verdünnt werden.
In der Debatte um die Lebensmittelpreise ist Österreich der Ansicht, die Öffentlichkeit müsse über
die globalen Zusammenhänge von Angebot und Nachfrage auf den Agrarmärkten informiert werden. Darin lägen
die eigentlichen Gründe hoher Agrarpreise und der Lebensmittelknappheit. Weiters betont Österreich auch,
dass die EU in jüngster Vergangenheit mit der Aufhebung der Verpflichtung zur Stilllegung von Ackerflächen
schon Maßnahmen ergriffen hat und in der Debatte um den Health Check für die Gemeinsame Agrarpolitik
(GAP) das Thema ebenfalls berücksichtigen müsse.
WTO könnte für neuerliche Debatten um Verhandlungsführung durch Kommission sorgen
Neuerliche Debatten um die Verhandlungsführung der Europäischen Kommission könnte der obligatorische
Tagesordnungspunkt mit dem Update der Minister durch die Kommission über den Verhandlungsstand in der Doha-Runde
der WTO bringen. Bekanntlich wurden zuletzt Fortschritte bei einzelnen Aspekten des Marktzutritts für Agrarprodukte
im Bereich der Abgrenzung sogenannter "Sensibler Produkte" mit der Möglichkeit eines besseren Zollschutzes
im Tausch gegen allgemein stärkere Zollsenkungen am Verhandlungsort Genf kolportiert. Dieser von EU-Außenhandelskommissar
Peter Mandelson getragene Kompromiss enthält praktisch eine weitere Aufweichung des Außenschutzes bei
Zucker und Reis als Preis dafür, Milchprodukte und den Rindfleischmarkt weiterhin besser schützen zu
können. Eine breite Reihe von Mitgliedstaaten wie Österreich, Deutschland, Frankreich, Polen, Belgien
und Litauen wirft aber der Kommission vor, damit neuerlich Zugeständnisse bei der Landwirtschaft anzubieten,
ohne dabei Entgegenkommen für die Forderungen der EU bei Dienstleistungen und Industrieprodukten (NAMA) gefunden
zu haben.
Allerdings scheint auch dieser Kompromiss zuletzt unter den Verhandlungsparteien wieder umstritten. Denn als Preis
für den Status "Sensibler Produkte" müsse die EU als Gegenleistung zusätzliche Zollfreikontingente
für die Einfuhr dieser Produkte eröffnen. Diese Kontingente werden auf Basis der Verbrauchsdaten ermittelt.
Laut Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel könnte dies zum Beispiel bei Zucker mit einem Einfuhrkontingent
über 485.000 bis 675.000 t Zucker in die EU verbunden sein. Dagegen läuft die betroffene Branche Sturm,
da sie erst jüngst mit einer Kürzung der Quotenzuckererzeugung in der EU um 6 Mio. t einen tiefen Reformschnitt
mitmachen musste und man ihr erklärt hätte, damit sei auch schon im Hinblick auf die WTO das Ende erreicht.
Zudem sei die EU mit dieser Reform schon zum Nettoimporteur von Zucker geworden.
Die kolportierten WTO-Zugeständnisse der EU würden aber nun zu weiteren Produktionseinschränkungen
im Ausmaß der zusätzlichen Zollkontingente führen müssen. Zurzeit sind die Verhandler in Genf
mit der Abstimmung der Konsumdaten für die Berechnung etwaiger neuer Zollkontingente beschäftigt. Danach
sollen ab kommender Woche neue Texte zur Landwirtschaft und den NAMA in Genf vorgelegt werden. Danach könnte
im Juni oder Juli eine Ministerrunde in Genf versuchen, die WTO-Runde politisch wieder flott zu bekommen.
Beitrag der Agrarforschung zur Anpassung der EU-Landwirtschaft an den Klimawandel
Bei einem Mittagessen werden die Minister anhand eines Fragebogens des slowenischen Vorsitzes den Beitrag der Agrarforschung
zur Anpassung der EU-Landwirtschaft an den Klimawandel diskutieren. Österreich hält dabei ein zusätzliches
Forschungsbudget der EU für notwendig, wenngleich Lösungen nur teilweise auf EU-Ebene gefunden werden
könnten. Speziell kleinklimatische Spezifika oder spezielle Fragen der Alpenregion können nur von den
betroffenen EU-Partnerländern in Kooperation erforscht werden. Mit dem ERA-Net CIRCLE stehe für die beteiligten
EU-Mitgliedsländer eine tragfähige Kooperationsplattform für nationale Forschungsprogramme zur
Verfügung. Wissenstransfer erfolge auch unter Mitarbeit von Landwirten selbst, durch Berater, regionale Fallbeispiele
oder die gezielte Umsetzung in Regionalförderprogrammen wie LEADER und INTERREG.
In Österreich wird außerdem von 26. bis 27.06. die 26. Regionalkonferenz der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation
der Vereinten Nationen (FAO) in Innsbruck tagen. Dabei werden der Klimawandel und seine Folgen insbesondere für
Regionen behandelt sowie als Rezept für eine nachhaltige Entwicklung der ländlichen Räume die Förderung
traditioneller, regionaltypischer Produkte in den Mittelpunkt gerückt. |