E-Voting – Zur Zukunft des Wählens  

erstellt am
15. 05. 08

Veranstaltung zum Thema e-voting im Hohen Haus
Wien (pk) - Zu einer Veranstaltung zum Thema "e-voting" lud der Zweite Präsident des Nationalrates, Michael Spindelegger, am 14.05. ins Hohe Haus. In einer immer mobiler werdenden Gesellschaft, in der der Gebrauch moderner Kommunikationstechnologien zunehmend selbstverständlich wird, sei auch die Frage der Ausübung des Wahlrechts durch elektronische Stimmabgabe aktuell, hieß es. In diesem Zusammenhang stellten sich eine Reihe von Fragen, die heute mit ausgewählten Experten diskutiert wurden.

Einleitend sagte Spindelegger, es gebe seit Anfang des Jahres eine neue Veranstaltungsreihe, das "Forum Parlament", die sich speziellen Themen, die zukunftsorientiert seien, zuwenden und diese aufgreifen wolle. Dazu gehöre fraglos das Thema "e-voting", das in der politischen Diskussion zur Zeit entsprechenden Stellenwert habe.

Dieses Thema sei gerade jetzt, da man "Wählen mit 16" initiiert habe, eine besondere Herausforderung, da "e-voting" just für diese Zielgruppe durchaus ein Anreiz sein könne, tatsächlich zu wählen, wie man davon ausgehen könne, dass viele über diese Möglichkeit eher Gebrauch von ihrem Recht auf Stimmabgabe machen würden als mit dem bisherigen Instrumentarium. Generell rankten sich um dieses Thema jedoch zahlreiche Fragen, die es zu diskutieren gelte. Generelle Zielrichtung sei dabei, die Möglichkeiten der Partizipation zu verbessern und diesbezügliche Anreize zu schaffen. "E-voting" sei einer davon, schloss der Präsident.

Abgeordnete Karin Hakl meinte, bei diesem Thema gehe es in Wahrheit um sehr viel mehr als nur um eine Verfahrensfrage. Es gehe darum, so Hakl, die zentrale Bedeutung, den grundlegenden Wert des Wählens und der Möglichkeit des Auswählens zu unterstreichen, zumal dieses Recht immer noch in vielen anderen Staaten keine Selbstverständlichkeit sei. Und es stelle sich die Frage, ob es nicht die Aufgabe des Staates sei, dieses Recht des Einzelnen so einfach wie möglich zu gestalten, und was zu unternehmen sei, um dieses kostbarste Gut in der Demokratie zu sichern und zu wahren, denn in der Demokratie gebe es keinen höheren Wert als die Stimmabgabe und das Recht darauf, so Hakl.

Bei sinkenden Wahlbeteiligungen sei die Klärung dieser Fragen vordringlich, es brauche eine entsprechende Reform, und man solle dabei den Menschen vertrauen, dass sie ihre Stimme so abgeben wie sie es wollen. Ziel müsse es sein, mit den politischen Debatten nahe an der Bevölkerung zu sein, und daher brauche es ein Mehr an Möglichkeiten zur politischen Partizipation, schloss Hakl.

Die Meinung der Experten Sophie Karmasin stellte die Frage des e-votings in den Kontext der Entwicklung des Wählerverhaltens insgesamt. Es vollziehe sich eine Veränderung weg von den klassischen sozioökonomisch definierten Zielgruppen mit fester Parteienbindung, und die Politik müsse darauf reagieren. E-voting könnte besonders bei einer als "Technik-affin" bezeichneten jüngeren Wählerschaft das Gefühl der Bürgernähe fördern.

Robert Stein nannte die Voraussetzungen für die Einführung von e- voting. Dieses sei nicht Teil der Wahlrechtsreform von 2007, mit der Einführung der Briefwahl sei aber eine wichtige Voraussetzung geschaffen worden, auch an die Möglichkeit einer Wahl via Internet zu denken. Dazu müssten aber weitere gesetzliche Voraussetzungen in der Bundesverfassung geschaffen werden. So müsse etwa eine für das e- voting taugliche Wählerevidenz geschaffen werden, womit die Frage der Bürgerkarte eng verbunden sei. Zudem sei von der Politik eine Reihe von grundsätzlichen Richtungsentscheidungen zu treffen, so Stein abschließend.

Uwe Serdült berichtete über positive Erfahrungen mit dem e-voting in der Schweiz und unterstrich, dass e-voting Bürgervertrauen in den Wahlvorgang voraussetze. Eine Rolle spiele, dass im Schweizer Wahlsystem traditionell der Anonymität der Stimmabgabe weniger Bedeutung zugemessen werde als anderswo, und bereits ein gut eingeführtes System der Briefwahl bestehe. Bisher habe sich gezeigt, dass eine leichte Steigerung der Wahlbeteiligung erreicht werden konnte.

Robert Krimmer bot einen Überblick über die Erfahrungen mit e-voting in verschiedenen Ländern und berichtete über die Vorbereitungen, die nächsten ÖH-Wahlen 2009 als Pilotprojekt für e-voting zu nützen. Wie die Experten vor ihm sah er e-voting als zusätzlichen "voting- channel" zur traditionellen Papierwahl.

 

VP-Tschirf: Chance für Demokratie und Bürgerbeteiligung
Wien (övp-pk) - Die ÖVP begrüßt Überlegungen, Instrumente der elektronischen Stimmabgabe auch in Österreich bei Wahlen, Volksbefragungen, Volksbegehren und Volksabstimmungen, aber auch bei Petitionen einzuführen. "Man muss E-Voting als Chance sehen. E-Voting bringt mehr Service für die Bürger, würde zur Hebung der Wahlbeteiligung beitragen und auch die Inanspruchnahme der Direkten Demokratie fördern", zeigt sich ÖVP Wien Klubobmann LAbg. Matthias Tschirf überzeugt. "Dass das Wahlgeheimnis höchste Priorität hat, steht außer Zweifel."

Die ÖVP setzt sich in dieser Frage an die Spitze: Auf Bundesebene ist ÖVP- Wissenschaftsminister Johannes Hahn dabei, E-Voting bei den nächsten Hochschülerschaftswahlen einzusetzen. Der Rathausklub der ÖVP Wien veranstaltete Anfang des Jahres eine Enquete zum Thema, bei der der Publikumszuspruch das hohe Interesse an dieser modernen Stimmabgabeform eindrucksvoll bewies. Am gestrigen Mittwoch lotete das Parlament unter Federführung der ÖVP in einer hochkarätigen Veranstaltung im Palais Epstein die Umsetzungsmöglichkeiten auf Bundesebene aus. Auch die sensible Frage der Wahrung des Wahlgeheimnisses stand mit im Zentrum der Diskussion.

"Man darf sich der Moderne nicht verschließen - gerade in Fragen der Demokratie. Die SPÖ ist aufgefordert, nicht wieder wie bei der Einführung der Briefwahl in Blockadehaltung zu verfallen und als selbsternannte oberste Bedenkenträgerin der Nation zu agieren. Gemeinsam könnte man eine vernünftige Umsetzung in die Wege leiten", meint Tschirf abschließend.

 

 Maier: Illusion, dass sich dadurch Wahlbeteiligung erhöht
Wien (sk) - "Es gibt kein Modell weltweit, das die These belegt, dass durch E-Voting die Wahlbeteiligung steigt. Das ist eine Illusion, und eine Studie aus Deutschland hat diese Annahme einer höheren Wahlbeteiligung klar widerlegt", unterstrich der stv. Vorsitzende des Datenschutzrates, SPÖ-Abgeordneter Johann Maier, am 15.05. gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. Die Frage der Sicherheit wurde bei den Wahlcomputern noch nicht geklärt. "Solange es keine 100-prozentige Sicherheit gibt, ist aus datenschutzrechtlichen Gründen der Einsatz von Wahlcomputern abzulehnen", machte Maier klar.

Nach der österreichischen Bundesverfassung ist das geheime, persönliche Wahlrecht unanfechtbar. Mit den Geräten, die derzeit für E-Voting im Einsatz seien, könnten jedoch Wahlergebnisse manipuliert werden, so Maier. "Aus den USA wissen wir, dass die Touchscreens manipuliert wurden. Auch in Hamburg ist ein Versuch, E-Voting einzuführen, aus datenschutzrechtlichen Gründen gescheitert", sagte der stv. Vorsitzende des Datenschutzrates. "Wenn die ÖVP hier Druck zu machen versucht, kann man dieser Form der Stimmabgabe trotzdem keine Zustimmung geben - aus verfassungsrechtlichen Gründen, aus datenschutzrechtliche Gründen und weil deshalb auch nicht mehr Menschen zur Stimmabgabe bewegt werden können", schloss Maier.

 

ÖH: Umfrage bestätigt unsere Bedenken zu e-voting
Wien (öh) - Bei der vom 2. Nationalratspräsidenten eingeladenen Veranstaltung zum Thema e-voting wurde neuerlich - wie schon öfter von der ÖVP und von Wissenschaftsminister Hahn kundgetan - mit e-voting bei den nächsten ÖH-Wahlen sympathisiert. Die Österreichische HochschülerInnenschaft steht dieser Idee jedenfalls negativ gegenüber. "Die ÖH hat schon mehrmals ihre Bedenken betreffend e-voting geäußert. Daran hat sich nach wie vor nichts geändert. Nichts desto trotz scheinen die politischen EntscheidungsträgerInnen hier aber erneut, diejenigen zu übergehen, die davon betroffen sind und zwar uns Studierende. Wir fordern daher, über unseren Wahlmodus selbst entscheiden zu können - in diesem Zusammenhang wäre vor allem auch eine Wiedereinführung der Dirketwahl der Bundesvertretung anzustreben - und wollen keinesfalls zum Versuchskaninchen für e-voting degradiert werden", betont Lisa Schindler vom ÖH-Vorsitzteam.

Die ÖH sieht im Bereich des e-votings viel zu viele Probleme um diesen Wahlmodus akzeptieren zu können. "Nach wie vor bestehen zahlreiche rechtliche Bedenken. Sowohl das persönliche als auch das freie Wahlrecht stehen im Widerspruch zur Stimmabgabe mittels Computer. Einer Wahl-Manipulation wird Tür und Tor geöffnet, da nicht gewährleistet werden kann, dass jedeR seine Stimme unbeobachtet und unbeeinflusst abgeben kann", beschreibt Hartwig Brandl (ÖH-Vorsitzteam) die Hauptkritikpunkte der Österreichischen HochschülerInnenschaft.

Auch Verena Czaby vom ÖH-Vorsitzteam lehnt e-voting bei ÖH-Wahlen dezidiert ab und sieht sich dabei von der Gesellschaft bestätigt: "Das Recht auf geheime Wahl muss unantastbar bleiben. Wählen mittels e-Voting kann dies jedoch nicht garantieren und untergräbt somit geltendes Verfassungsrecht. Wie von futurezone berichtet sehen auch die Österreicherinnen und Österreicher hier massive Sicherheitsrisiken. Immerhin hat eine Umfrage der Karmasin Motivforschung Ges.m.b.H. ergeben, dass 72 Prozent der Befragten die Gefahr eines möglichen Datenmissbrauchs beim Wählen via Internet sehen. Hier die Sicherheitsbedenken der Menschen einfach zu übergehen ist untragbar." 
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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