Teilnahme an EU-Mission weiterhin politisch umstritten
Wien (pk) - Der Hauptausschuss beschäftigte sich am 09.05. mit der Verlängerung des österreichischen
Einsatzes im Tschad. Die Oppositionsparteien sahen sich auf Grund der Entwicklungen in ihrer ursprünglichen
Kritik bestätigt und begründeten ihre Ablehnung insbesondere mit der ihrer Meinung nach unzureichenden
Überparteilichkeit der EUFOR-Truppen.
SPÖ und ÖVP hingegen betonten, dass die Panikmache der ersten Wochen sich nicht bewahrheitet habe. Die
Fortsetzung des Einsatzes wurde mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit beschlossen
Opposition: Bedenken sind nicht kleiner geworden
Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) hielt aus ihrer Sicht fest, die Bedenken der Grünen gegen den Einsatz hätten
sich nicht geändert, sondern sogar verstärkt. Der politische Dialog zwischen Rebellen und Regierung finde
nicht statt, so wie ursprünglich von Bundesminister Darabos angekündigt. Auch sei die Überparteilichkeit
der EUFOR-Truppen nicht gegeben. Frankreich, das den Diktator unterstütze und im Tschad selbst präsent
sei, stelle nicht nur den Großteil der EUFOR-Truppen, sondern habe auch das Kommando inne. Die Menschen im
Tschad würden nicht zwischen französischer Präsenz und EUFOR-Truppen unterscheiden. Außerdem
sei es derzeit völlig unklar, wann und wie diese EU-Mission in eine UNO-Mission übergeführt werde.
Ihr Klubkollege Peter Pilz bekräftigte ihre Aussagen und hinterfragte die geplante UNO-Nachfolgemission.
Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch (F) skizzierte die Haltung der FPÖ mit der Feststellung, die Situation
habe sich seit Beginn des Einsatzes nicht verbessert. Die Lage sei weiterhin unklar, im Tschad gebe es ein inakzeptables
Regime, die Feindtruppen der Regierung seien vollkommen operationsfähig und es gebe auch keine Voraussetzung
für eine Friedensmission und einen humanitären Einsatz, weil dort Krieg herrsche. Die Verlängerung
werde dazu führen, dass Österreich in internationale Verwicklungen mit Langzeitwirkung hineinschlittere.
Wie Klubobmann Heinz-Christian Strache (F) zeigte sich Bösch gegenüber der Ankündigung, der Einsatz
werde mit März 2009 beendet sein, skeptisch. Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F) ergänzte, dass der Zweck
des Einsatzes, der selbstverständlich humanitär sei, nicht mit den durchzuführenden Maßnahmen
verwechselt werden dürfe. Fichtenbauer stellte aber klar, dass die FPÖ uneingeschränkt hinter den
österreichischen Soldaten im Tschad stehe und nicht an deren Fähigkeiten zweifle.
Ebenso verlieh Abgeordneter Gernot Darmann (B) seiner kritischen Haltung zu dieser Mission Ausdruck. Es habe sich
bestätigt, dass der Einsatz der EU äußerst schlecht vorbereitet worden sei, sagte er, und er halte
es für falsch, dass sich Österreich als neutrales Aushängeschild für die Rohstoffinteressen
einiger weniger Staaten instrumentalisieren lasse. Auch er interessierte sich dafür, wie es mit dem Einsatz
nach dem März 2009 weiter gehen wird.
SPÖ und ÖVP: Einsatz war richtige Entscheidung
Klubobmann Josef Cap (S) unterstrich den humanitären Auftrag der Mission und stellte die Frage in den Raum,
wer diesen wahrnehmen sollte, wenn nicht die EU oder die UNO. Abgeordnete Petra Bayr (S) merkte aus ihrer Sicht
an, die Panikmache der ersten Wochen habe sich gelegt und nun sei eine rationale Diskussion nötig. Sie interessierte
sich vor allem für die Kooperation mit den Hilfsorganisationen sowie für die notwendige Verzahnung dieses
Einsatzes mit der Entwicklungspolitik. Ihr Klubkollege Christian Hursky (S) ergänzte, die Soldaten seien bestens
ausgebildet und wies darauf hin, dass die UNO nach den ersten sechs Monaten eine Evaluierung des Einsatzes vornehmen
wird.
Abgeordneter Walter Murauer (V) sprach von einem wichtigen Engagement der EU im Auftrag der UNO. Den Oppositionsparteien
entgegnete er, dass sich die Soldaten nicht an kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligten und vor allem da
seien, die Menschen und die NGOs zu unterstützen. Selbstverständlich handle es sich um eine heikle Mission,
stellte er fest, aber die Unkenrufe vor dem Einsatz, wie unzureichendes Gerät, nicht entsprechende Ausbildung,
hätten sich nicht bewahrheitet. Ganz im Gegenteil hätten die österreichischen Soldaten aufgrund
ihrer hervorragenden Fähigkeiten internationale Anerkennung erhalten. Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (V)
trat dafür ein, für derartige Einsätze entsprechend budgetär vorzusorgen.
Darabos: Menschen in der Region begrüßen Einsatz
Bundesminister Norbert Darabos unterstrich in seiner Stellungnahme den humanitären Aspekt diese Einsatzes.
Vor allem würde er von den Hilfsorganisationen positiv bewertet, da diese sich bereits jetzt freier bewegen
können. Auch die Menschen sähen einen Mehrwert durch das EUFOR-Engagement und würden genau zwischen
französischen Truppen und den EUFOR-Truppen unterscheiden. Mit dieser Mission werde der EU der Schlüssel
in die Hand gegeben, um den Demokratisierungsprozess zu beschleunigen.
Dezidiert wies Darabos den Vorwurf der Parteilichkeit dieser Mission zurück. Frankreich lege im Rahmen der
EUFOR selbst sehr strenge Kriterien an, und die Österreicher seien nicht die einzigen Neutralen. Auch Schweden,
Finnland und Irland würden sich am Einsatz beteiligen. Das österreichische Bundesheer verfüge über
hohe Kompetenz und hohe Professionalität, sodass den österreichischen Kommandanten spezielle Aufgaben
übertragen worden seien. Es gebe auch keinerlei Versorgungsengpässe. Durch die hervorragende Arbeit der
österreichischen Einsatzkräfte seien die Kritiker klar widerlegt worden. Der Verteidigungsminister erklärte,
die Verzögerung des Einsatzes sei nicht an Österreich gelegen. Vielmehr habe es hier Versäumnisse
seitens der EU gegeben, und die Vorbereitung sei sicherlich kein Ruhmesblatt für die EU gewesen, gab Darabos
zu.
Der Verteidigungsminister stellte auch unmissverständlich fest, dass es sich um eine Überbrückungsmission
handle, die am 15. März 2009 enden wird. Der heutige Beschluss sieht eine Entsendung nur bis 31. Dezember
2008 vor, weil man damit Druck auf die UNO ausüben möchte, so rasch wie möglich die Nachfolgeoperation
vorzubereiten. Außerdem müsse der UNO-Generalsekretär im Herbst einen diesbezüglichen Bericht
vorlegen. Daher könne er zu diesem Zeitpunkt auch gar nichts zu den konkreten Plänen der UNO sagen.
Darabos informierte die Abgeordneten darüber hinaus, dass er während seines Aufenthalts im Tschad mit
dem Präsidenten der Liga der Menschenrechte und Vertretern der Opposition zusammengetroffen sei.
Was die politische Situation in der Region betrifft, führte Staatssekretär Hans Winkler aus, dass der
Friedensprozess zwischen Tschad und Sudan kaum vom Fleck komme. Damit habe aber die EUFOR nichts zu tun. Die EU
setze sich aber im Rahmen dieser Mission für eine Verzahnung mit der Entwicklungspolitik ein, unterstrich
er.
Aufgabe der EUFOR im Tschad
Bei EUFOR Tchad/RCA handelt es sich um eine Überbrückungsaktion der EU Sicherheits- und Verteidigungspolitik
im Rahmen der multidimensionalen UNO-Präsenz im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik (MINURCAT).
Ihre Aufgabe ist es, Zivilpersonen, insbesondere Flüchtlinge und Binnenvertriebene, zu schützen, die
allgemeine Sicherheitslage zu verbessern und humanitäre Hilfeleistungen zu erleichtern, sowie Personal, Einrichtungen
und Ausrüstung der UNO zu schützen und die Bewegungsfreiheit des UNO-Personals zu gewährleisten.
Die Mission ist bis auf ein Jahr beschränkt. Es ist vorgesehen, dass die EU nach den ersten sechs Monaten
eine Überprüfung der Operation und gemeinsam mit der UNO eine Bedarfseinschätzung vornimmt. Dieser
Bericht wird laut Außenministerium im November 2008 vorliegen. Der UNO-Generalsekretär wird ebenfalls
einen Bericht über die Maßnahmen verfassen, die für die Ablösung der EU-Überbrückungsaktion
zu treffen sind.
Somit werden bis zu 160 Angehörige des Bundesheeres weiterhin im Rahmen von EUFOR Tchad/RCA zunächst
bis zum 31. Dezember 2008 tätig sein. Bis zu 50 weitere Angehörige des Bundesheeres sind für etwaige
Abbauarbeiten vorgesehen, weitere 30 Personen für vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten.
Österreich beteiligt sich an dieser Mission seit ihrem Beginn im März dieses Jahres.
Darüber hinaus wird Österreich auch die UNO-Mission MINURCAT selbst unterstützen. Der Hauptausschuss
genehmigte diesmal mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen die Entsendung von zwei Angehörigen
des Bundesheeres als Verbindungsoffiziere sowie von fünf weiteren Personen für unterstützende und
vorbereitende Tätigkeiten bis zum 31. Dezember 2008. Sie sollen im Verbindungsdienst zwischen MINURCAT und
EUFOR Tchad/RCA eingesetzt werden. Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) begründete die Zustimmung ihrer Fraktion
mit dem Hinweis, dass bei dieser Mission die Überparteilichkeit und Unabhängigkeit gegeben ist.
MINURCAT nimmt mit bis zu 300 Polizistinnen und Polizisten und mit bis zu 50 Verbindungsoffizieren sowie Zivilpersonen
im Osten des Tschad und im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik Aufgaben in den Bereichen Sicherheit, Schutz
von Zivilpersonen, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit wahr. |