Buchinger:
"Große Projekte werden in Etappenlösungen angegangen"
Pflegefonds nach ÖVP Vorbild ist "vergiftete Mogelpackung"
Wien (sk) - "Wir haben vereinbart, dass wir das Gesundheitssystem ohne Selbstbehalte und ohne
Beitragserhöhungen absichern werden. Natürlich müssen wir aber Effizienzpotentiale ausschöpfen,
denn der Kostenanstieg im Gesundheitssystem muss gedämpft werden", erklärte Sozialminister Erwin
Buchinger am 25.05. in der ORF-Pressestunde zum Thema Gesundheitsreform. Buchinger betonte, dass man sich bei der
Reform keine Schritte zurück erlauben dürfe, aber "wenn es bessere Vorschläge gibt, werden
wir die im Gesetzesentwurf aufgreifen". Im nächsten Jahr werde die erste Etappe der Reform realisiert,
dann brauche es eine zweite Etappe um die Spitalsfinanzierung zu reformieren. "Große Projekte werden
in Etappenlösungen angegangen, denn wer zuviel auf einmal heben will, kann sich leicht einen Bruch heben",
so Buchinger.
Die Arbeit zur zweiten Etappe der Spitalsfinanzierung beginne im Herbst, es gebe einen Zeitplan dazu, der bis 2012
abgearbeitet werde. Die Spitalsfinanzierung müsse mit allen neun Bundesländern diskutiert werden, das
dauere länger und man brauche aber erste Reformschritte sofort, damit das Gesundheitssystem auch nächstes
Jahr noch finanzierbar sei. Er, so Buchinger, könne nicht ausschließen, dass bis zum Ende der Begutachtungsfrist
am kommenden Dienstag noch bessere Vorschläge für die Instrumente zur Umsetzung der Reform kommen. Sicher
ist der erste Reformschritt dann, wenn er von Nationalrat und Bundesrat beschlossen ist.
Zur "Sozialversicherung Neu" hielt der Sozialminister fest, dass er nach Gesprächen mit den Seniorenvertretern,
der Regierung vorschlagen werde, dass die Rolle der Seniorenvertreter im Gegensatz zum Entwurf aufgewertet werde.
Sie sollen statt einer nur beratenden Stimme in der SV-Holding eine fixe Stimme erhalten.
Zu den Einwänden der SPÖ-Landeshauptleute Voves und Burgstaller, wonach mit der SV-Holding eine zu starke
Zentralisierung stattfinde, erklärte Buchinger, dass regionale Bedürfnisse im Gesundheitswesen auch weiterhin
regional entschieden werden sollen, etwa die Zuteilung von Facharztstellen. Aber die Fragen von gemeinsamen Zielen
sowie zentrale Dienstleistungen wie die EDV, sollen gemeinsam entschieden werden.
Die Zielvereinbarungen seien verbindlich, wenn es zu keinen gemeinsamen Zielen komme, dann habe die SV-Holding
die Möglichkeit, Ziele vorzugeben, hielt Buchinger fest. Damit habe die SV-Holding mehr Einfluss, dort wo
es für die PatientInnen sinnvoll sei. Denn es sei zum Beispiel nicht erklärbar, wieso es bei gleichen
Versicherungsbeiträgen in verschiedenen Bundesländern unterschiedliche Leistungen gebe. Die Zielvereinbarungen
müssten im Unterschied zu jetzt verbindlich gestaltet werden, sonst halte sich niemand dran.
Zu den jüngst bekannt gewordenen Rabatten, die Pharmafirmen Hausärzten gewähren, stellte der Sozialminister
klar, dass er möchte, dass die Rabatte nicht den Ärzten oder Apothekern zugute kommen, sondern den Versicherten.
Daher werde zur Zeit mit der Pharmig verhandelt, wenn diese Verhandlung gut ausgehen, dann sei dazu keine gesetzliche
Regelung notwendig. Mit den Apothekern sei bereits eine gute Regelung getroffen worden, so Buchinger.
Zur Kritik an der geplanten "Aut idem"-Regelung merkte Buchinger an, dass ihm diese Kritik überzogen
erscheine, denn die Regelung werde bereits in 17 Ländern erfolgreich angewendet und der Patient bekomme den
gleichen Wirkstoff verschrieben, das Medikament habe lediglich einen anderen Namen und eine andere Verpackung.
Die im Gesetzesentwurf vorgesehene "Patientenquittung" diene dazu, die Transparenz der Leistungserbringung
zu verbessern, erklärte der Sozialminister.
Buchinger betonte, dass die Ärzte bei der Reform wichtige Partner sind und es notwendig sei, dass alle Betroffenen
an einem Strang ziehen. Es sei formal richtig, dass, so wie vom Hauptverband-Chef angekündigt, Ärzte
bei einem Streik ihren Kassenvertrag verlieren könnten. Er, so Buchinger, lehne dies aber inhaltlich ab. Ob
Ärzte ein Streikrecht hätten, sei mehr eine "philosophische Frage". Ein Streik sei prinzipiell
das letzte Kampfmittel von ArbeitnehmerInnen, und Ärzte würden scharf protestieren, wenn man sie als
Arbeitnehmer der Sozialversicherung bezeichnen würde. Aber das Streikrecht sei ein legales Mittel, auch für
Ärzte, so Buchinger.
Die im Entwurf vorgesehene Möglichkeit für die Sozialversicherungsträger, Einzelverträge mit
Ärzten abzuschließen, sei für den Ausnahmezustand des vertragslosen Zustands vorgesehen und diene
der Sicherheit der PatientInnen. Denn derzeit müsse bei vertragslosem Zustand der Patient beim Arzt für
jede Leistung zahlen. "Dieses amerikanische System lehnen wir ab", so Buchinger.
Buchinger fordert Pflegegelderhöhung 2009
Als "vergiftete Mogelpackung" bezeichnete Buchinger den ÖVP-Vorschlag eines Pflegefonds
finanziert aus Privatisierungen. Ein Pflegefonds an sich sei zwar nicht abzulehnen, diesen allerdings zu "verknüpfen
mit dem Zwang zu Privatisierung und der Verschleuderung von österreichischem Familiensilber", dazu gebe
es von der SPÖ ein "klares Nein", unterstrich Buchinger. Die Pflegegelderhöhung betreffend,
erläuterte Buchinger, er wolle den Finanzminister "überzeugen, dass diese Erhöhung leistbar
ist, im Budgetpfad vorgesehen ist, aber vor allem, dass die Menschen das brauchen". Er sei "jederzeit
verhandlungsbereit", betonte der Sozialminister.
Ein Pflegefonds, gespeist aus laufenden Steuereinnahmen wäre auch für die SPÖ eine Möglichkeit,
es werde aber "sicher keine Zustimmung der SPÖ zu einer Finanzierung durch Privatisierung" geben.
Wenn der Finanzminister meine, "nach dem Privatisierungswüten der Jahre 2000-2006 mit der SPÖ weiteres
Familiensilber verschleudern zu können", dann müsse er klar sagen, "nicht mit uns", so
Buchinger. Ein solcher Fond würde außerdem "nicht einmal die Hälfte der Kosten für eine
Erhöhung abdecken", erklärte der Sozialminister weiter.
Erhöhung des Pflegegeldes am 1. Jänner 2009
Die Verhandlungen zur Erhöhung des Pflegegeldes hätten "leider noch nicht begonnen",
weil sich "der Finanzminister verweigert", betonte Buchinger, der Finanzminister wolle erst "im
Dezember darüber sprechen". Dazu müsse der Sozialminister aber "Nein" sagen, weil sich
unter solchen Umständen eine Erhöhung zum 1.1.2009 nicht mehr ausgehen würde. "Die Menschen
haben aber einen Anspruch darauf, dass sie die Pflegegelderhöhung nach der Hälfte der Legislaturperiode
erhalten", bekräftigte Buchinger. Er werde "mit aller Kraft und Zähigkeit dafür kämpfen,
dass die Erhöhung mit 1.1.2009 kommt".
Natürlich würde er sich, als Sozialpolitiker, "eine Erhöhung im zweistelligen Bereich wünschen",
was aber leider in dieser Größenordnung nicht finanzierbar sei. Buchinger versuche nun "ein Maß
zu finden" und bezeichnete die fünf Prozent als "faire Erhöhung", denn bis jetzt hätten
sich die Erhöhungen immer auf unter drei Prozent belaufen. "Diese Erhöhung sind wir als Regierung
den Menschen schuldig". Das Endergebnis der Verhandlungen müsse bis "Ende Oktober dieses Jahres"
feststehen.
5.600 Personen angemeldet zur legalen Pflege
Zu den Mitteln für die Förderung der 24-Stunden-Pflege erklärte der Sozialminister, er habe
"keinen Euro im Budget für die 24-Stunden-Betreuung zugeteilt, ich habe nur eine Überschreitungsermächtigung
vom Finanzminister". Würde der Rahmen nicht ausgenutzt werden, so blieben die Mittel im Finanzministerium,
erklärte Buchinger. 5.600 hätten von der Anmeldung zur legalen Pflege bis jetzt Gebrauch gemacht. Im
Juni werde man eine Evaluierung des Fördermodells einleiten. Sein Ziel sei es, so Buchinger, "die Zahl
der Personen, die das Modell nutzen, noch zu steigern".
Vermögenszuwachssteuer schließt Gerechtigkeitslücke
Mit der Vermögenszuwachssteuer könne man "eine Gerechtigkeitslücke schließen",
so Buchinger. Alle Menschen, die aus Arbeit Einkommen erzielen, müssten "selbstverständlich Steuern
abführen", dass es bei Vermögenserträgen keine Steuerleistungen gebe, sei "sozialpolitisch
ungerecht", erklärte der Sozialminister. In der technischen Ausformung der Vermögenszuwachssteuer,
die jetzt zu erörtern sei, gebe es "viele Möglichkeiten, damit nicht der Durchschnittsbürger
betroffen ist, sondern die Besitzer großer Kapitalerträge und Spekulanten", so Buchinger, der unterstrich,
dass "das Eigenheim ausgenommen sein muss".
Mindestsicherung: Wichtig und gut Geld in die Hand zu nehmen
Auch die bedarfsorientierte Mindestsicherung wurde von den Journalisten angesprochen. Buchinger erläuterte
dazu, dass "Juli 2009 leider noch nicht fix ist. Das kommt darauf an, wie schnell die Länder und das
Arbeitsmarktservice(AMS) es schaffen, dass ein störungsfreier Betrieb beginnen kann". Buchinger habe
seine "Hausaufgaben erledigt", jetzt seien Details mit dem AMS zu klären und die Änderung der
Landesgesetze durch die Länder. "Ich werde alles tun, um alle zu unterstützen, damit wir mit 1.Juli
2009 beginnen können", denn "die Armutsbekämpfung ist ganz wichtig und ein Projekt der gesamten
Regierung", so Buchinger. Zu den One-Stop-Shops erklärte Buchinger, dass diese "nicht beste Lösung
sind, aber ich habe lieber die zweitbeste Lösung, als gar keine". "Wir haben für die beste
Lösung gekämpft", diese sei aber an den Ländern Niederösterreich und Vorarlberg gescheitert.
Buchinger unterstrich: "Wenn wir arbeitsfähige Menschen aus der Mindestsicherung in den Arbeitsmarkt
bringen, dann ist das notwendig, wichtig und es ist gut, dafür Mittel in die Hand zu nehmen". Auch subsidiär
Schutzberechtigte würden nun Berechtigte der Mindestsicherung sein, so Buchinger.
Zu den Gusenbauer-Aussagen in Argentinien erklärte der Sozialminister, er finde es "komisch, dass Formulierungen
so lange seziert und auf die Goldwaage gelegt werden, bis sie einen negativen Beigeschmack bekommen". Buchinger
kenne und schätze, ebenso wie der Bundeskanzler, die Arbeit der österreichischen Abgeordneten. Auf die
Frage, ob man Parteivorsitz und Regierungsspitzenfunktion trennen sollte, antwortete der Sozialminister klar: "Ich
halte nichts von einer Trennung. Es ist gut, innerhalb der Partei aus einer Spitze heraus Informationen zu bringen." |
Kickl: Buchinger und SPÖ regieren gegen eigene Bevölkerung
Mischkulanz aus faulen Kompromissen, ungedeckten Versprechungen und aberwitzigen Ideen
auf Kosten der Österreicher
Wien (fpd) - Laut FPÖ-Sozialsprecher NAbg. Herbert Kickl hat Sozialminister Buchinger in der
ORF-Pressestunde unter Beweis gestellt, dass "bei ihm die tatsächlichen Interessen und Bedürfnisse
der Österreicher nicht die erste Geige spielen". Buchinger habe eine Mischkulanz aus faulen Kompromissen,
weiteren ungedeckten Versprechungen, Halbherzigkeiten, aberwitzigen Ideen auf Kosten der betroffenen Österreicher
und einem Herumgeschiebe von Verantwortung präsentiert. Es habe keinerlei Ansatz zu echten Verbesserungen
für die Österreicher gegeben. Buchinger sei die würdige Nummer 2 in Sachen Umfallen, gleich hinter
Alfred Gusenbauer.
"Buchingers Ausführungen zur sogenannten Gesundheitsreform", so Kickl weiter, "brachten unmissverständlich
zum Ausdruck, dass es sich bei diesem Vorhaben der Regierung um ein Programm des Versorgungs- und Leistungsabbaus
für die Patienten bei gleichzeitigem Erhalt einer aufgeblähten rot-schwarzen Bürokratie, die Milliarden
verschlingt, handelt." Das Pferd werde von hinten aufgezäumt: Buchinger stelle es als großen Wurf
dar, ein paar Kompetenzen zwischen rot-schwarzen Funktionären hin und her zu verschieben, verliere aber kein
Wort darüber, dass insgesamt der aufgeblähte Apparat der Sozialversicherungsträger durch Doppelgleisigkeiten,
Überschneidungen etc. ein Milliardengrab sei. Es handle sich um ein Herumgeschiebe mit dem einzigen Ziel,
den rot-schwarzen Funktionärseinfluss zu erhalten. Dieses Problem durch eine radikale Zusammenlegung zu einer
Kasse für Staatsbürger und einer für Nichtstaatsbürger zu lösen sei das Modell der FPÖ.
Buchingers Weg hingegen sei die Einzementierung der Funktionärsspielwiesen und der Bürokratie, die durch
die Patientenquittung noch verstärkt werde.
Buchinger sei es nicht gelungen, die berechtigten Ängste der Patienten vor Leistungskürzungen im Mindesten
zu entkräften, führte Kickl weiter aus. Die "Gesundheitsreform" der Regierung bringe als Gewinner
die Kassenfunktionäre und als Verlierer die Patienten und große Teile der Ärzteschaft.
Als symptomatisch bezeichnete es Kickl auch, dass Buchinger nicht ein Wort zu einer sinnvollen Zusammenlegung des
Pflege- und Gesundheitsbereichs verloren habe. Die vom Sozialminister angekündigte, terminlich aber keinesfalls
garantierte Erhöhung des Pflegegeldes um 5 Prozent sei viel zu gering angesichts der rasant wachsenden Kosten.
Die FPÖ fordere eine Wertanpassung an den Wert bei der Einführung. Das bedeute eine Steigerung um 20
Prozent und dann jährliche Anpassungen. Dies könne angesichts der Rekordeinnahmen Molterers kein Problem
sein.
Die SPÖ habe vor der Wahl die jährliche Erhöhung versprochen, erinnerte Kickl. Davon sei jetzt aber
keine Rede mehr. Buchinger sei auch hier nicht durchschlagskräftig und nach Gusenbauer der nächste in
der Riege der Umfaller. Insgesamt sei der Pflegebereich immer noch eine rote Dauerbaustelle. Kickl verwies auf
die nur vermeintliche Rechtssicherheit für Patienten durch das Buchinger-Modell der 24-Stunden-Betreuungsselbständigkeit.
Arbeitsrechtlich sei das nie und nimmer haltbar und eine tickende Zeitbombe für die Pflegebedürftigen.
Als gefährliche Drohung bezeichnte Kickl das Festklammern der SPÖ an der Vermögenssteuer, die die
breite Masse des Mittelstandes treffe, die sich durch Leistung etwas erwirtschaftet habe und sich um Privatvorsorge
kümmere. Die SPÖ suche offenbar angesichts des prozentuellen Niedergangs in den Umfragen ihr Heil in
ideologisch-motivierten Schnellschüssen.
Dazu zähle auch das Festhalten an der völlig in die falsche Richtung gehendenden Grundsicherung. Sie
werde nicht dafür sorgen, dass es weniger Armut gebe, sondern dass Armut einbetoniert werde. Stellte Kickl
klar. Die Grundsicherung sei ein Anreizsystem in die falsche Richtung. Die SPÖ sollte sich wie die FPÖ
lieber dafür stark machen, dass die Löhne entsprechend steigen, damit Menschen mit dem Einkommen auch
ein Auskommen haben.
Ein Skandal sei es, dass Buchinger auch die Aufnahme der subsidiär Schutzberechtigten in das System der Mindestsicherung
hereinnehme. "Damit tritt genau das ein, wovor die FPÖ immer gewarnt hat, nämlich der Zugriff von
Nichtstaatsbürgern auf den Sozialtopf", kritisierte Kickl. Nach den Plänen Buchingers könne
auch ein nigerianischer Asylwerber, der bei uns wegen Drogendealerei verurteilt sei und nicht abgeschoben werde,
weil in seinem Heimatland drakonische Strafen auf dieses Delikt stehen, trotz ablehnendem Asylbescheid als subsidiär
Schutzberechtigter die Grundsicherung kassieren.
Buchinger stehe wie die SPÖ insgesamt für den Kurs, gegen die eigenen Bevölkerung zu regieren, erklärte
Kickl. "Daran können auch immer wieder aufblitzende Koalitionsbruchlinien nichts ändern." Im
Zentrum des Handelns stünden ideologisch motiviertes "Gutmenschentum" und die Sicherung der Machtbasis
der eigenen Funktionäre und Bürokraten in Strukturen, die sich längst überlebt hätten
und wo Kosten und Nutzen in keinerlei Relation stünden. "Die FPÖ als soziale Heimatpartei ist längst
die erste Adresse in sozialen Belangen der Österreicher." |