Vom Bodensee bis zum Neusiedlersee 2.700 Programmpunkte - Allein in Wien öffnen 172 Kirchen
ihre Tore.
Wien (kap) - Wenn am 30. Mai um 17.50 Uhr die Kirchenglocken die vierte "Lange Nacht der Kirchen"
einläuten, ist das das Startsignal für die erste "Lange Nacht" in ganz Österreich. Knapp
600 Kirchen aller christlichen Konfessionen zwischen Bodensee und Neusiedlersee öffnen am 30. Mai ab 18 Uhr
ihre Tore und laden zu einem vielfältigen Programm ein, das insgesamt rund 2.700 einzelne Angebote enthält.
In der Erzdiözese Wien, wo die "Lange Nacht" bereits zum vierten Mal stattfindet, beginnt das Ereignis
um 18 Uhr mit der ökumenischen Eröffnungsfeier in der Schottenkirche an der Freyung. Vertreter aller
christlichen Kirchen, allen voran Weihbischof Helmut Krätzl, Metropolit Michael Staikos und Superintendent
Hansjörg Lein feiern mit der Gemeinde die ökumenischen Vesper zum Thema: "Bemüht euch um das
Wohl der Stadt".
Im Bereich der Erzdiözese Wien nehmen 172 Gotteshäuser an der "Langen Nacht der Kirchen" teil.
Die Besucher können zwischen 18 Uhr und 1 Uhr aus rund 1.000 Programmangeboten wählen. Bei der Vorstellung
des Programms am Dienstag im Heiligenkreuzerhof in Wien hob der Wiener Bischofsvikar Prälat Karl Rühringer
die große Vielfalt hervor: Diskussionen, Gottesdienste, Gebete, Führungen, Ausstellungen, Film, Tanz,
Theater, Kabarett, Lesungen, Vorträge und viel Musik sowie "extravagante und unkonventionelle" Angebote
erwarten die Besucher. Auch jene, so Rühringer, die der Kirche sonst eher fernstehen.
In die gleiche Kerbe schlug auch der evangelische Superintendent Hansjörg Lein. Die enorme Vielfalt des Angebots
sei vor allem auch ein deutliches Zeichen dafür, "dass die Kirche alle Lebensbereiche der Menschen betrifft".
Lein bezeichnete die "Lange Nacht" auch als "ökumenisches Erfolgsprojekt". Hier werde
deutlich, wie viel die christlichen Konfessionen miteinander verbinde.
Der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nicolae Dura plädierte für eine europaweite "Lange Nacht
der Kirchen". Die Erfolgsgeschichte in Österreich sollte auch weit über die Landesgrenzen hinaus
propagiert werden. Dies könne ein wertvoller Beitrag für die geistliche Einheit Europas sein, so Dura.
"Werkelmann" und Fußballkino
Absolut bunt präsentiert sich das Programm der Kirchen in Wien: In der Kirche Am Hof hat der Besuch von Papst
Benedikt XVI. im September 2007 Spuren hinterlassen, die zu besichtigen sind. Eine kleine Ausstellung zeigt Schnappschüsse
rund um den Papstbesuch. Spannend wird es im 3. Bezirk, wenn in der evangelischen Pauluskirche Pfarrerin Christine
Hubka ihren Kriminalroman präsentiert. In der Pfarre Mauer tritt "Werkelmann" Christian Wittmann
mit seinen Drehorgeln auf und erzählt von seinem seltenen Gewerbe.
Die Franziskanerkirche ist Schauplatz der Auseinandersetzung mit dem schmerzlichen Phänomen Kirchenaustritt.
Geistliche verschiedener christlicher Konfessionen erzählen über ihre Erfahrungen mit diesem Thema und
stehen auch für Gespräche zur Verfügung.
Ins Fußballkino lädt die Reformierte Stadtkirche ein und präsentiert elf Kurzfilme aus Österreich
und der Schweiz zum Mythos rund um die "wichtigste Wuchtel der Welt".
Gedenkjahr 1938
Auch das Gedenkjahr 1938 wird in der "Langen Nacht der Kirchen" Thema sein - zum Beispiel unter dem Titel
"Vergesst uns nicht" in der Minoritenkirche. In Gestapo-Gefängnissen und KZ-Lagern entstandene Lieder
und die "Mauthausen-Kantate" von Mikis Theodorakis werden von "musica viva", dem Chor der Pfarre
Mauthausen, dargeboten. Karten und Briefe aus dem Konzentrationslager Theresienstadt halten die Erinnerung an jüdische
Wiener Bürger wach, die von der Todesmaschinerie der Nazis erfasst wurden.
Das Gedenkjahr wird auch in der Franziskanerkirche bedacht. Das große Refektorium mutiert zum Kinosaal, wenn
der Oscar-prämierte Holocaust-Film von Stefan Ruzowitzky "Die Fälscher" gezeigt wird. Zu einer
Diskussion um die Mitschuld der evangelischen Kirche bittet die evangelische Thomaskirche im 10. Bezirk.
Über die Frage "Wie haben Kirche und Gesellschaft die Umbrüche der 68er- Bewegung verkraftet?"
diskutieren in der Lutherischen Stadtkirche Trautl Brandstaller, Rudolf Mitlöhner und Prof. Paul M. Zulehner.
Caritas-Präsident Franz Küberl wird sich in der Pfarre St. Johann Evangelist an einer Diskussion über
die Situation der Roma beteiligen. Und der Frage "Spielt Gott Fußball?" gehen in der Pfarre Maria
Treu Olympiaseelsorger P. Bernhard Maier und ORF-Journalist Oliver Polzer nach.
Tierisches Theater
Ein Programm für die ganze Familie bietet hingegen die Canisiuskirche, wo es beim Kindermusical "Der
Löwe und die Maus" recht "tierisch" zugehen soll. Noch artenreicher gestaltet sich der Abend
in der Lutherkirche in Währing, wo die Kinder eingeladen sind, das Abenteuer rund um die Arche Noah mitzuspielen.
Vor der Bernardikapelle im Heiligenkreuzerhof bieten die Zisterzienser ihren Klosterwein, Heiligenkreuzer Wildschweinwürstel
und weitere Schmankerl zur Stärkung an, während Abt Gregor Henckel-Donnersmarck und andere Mönche
durch die Kapelle führen.
Musik und Gebet
Klassische Musik kann man beispielsweise in der Pfarre Rossau genießen, wenn das Vokalensemble "uni-sono"
geistliche Musik aus fünf Jahrhunderten zum Besten gibt. Moderner geht es hingegen in der Pfarre St. Johann
Nepomuk unter dem Motto "Drums, Dudelsack and more" zu.
Ein Nachtgebet der etwas anderen Art wird in der Jugendkirche St. Florian beim "find-fight-follow night prayer"
geboten: Ein Mix aus Musik, Aktionen und Texten.
Das Programm in St. Michael/Heiligenstadt ist von der melkitischen griechisch-katholischen Gemeinde geprägt,
die im Pfarrgebiet beheimatet ist: arabische kirchliche Hymnen laden zum Zuhören ein, ein Vortrag zum Thema
"Das Zusammenleben von Christen und Muslimen im Nahen Osten" bietet Einblicke in einen Brennpunkt des
Weltgeschehens.
In der rumänisch-orthodoxen Kirche an der Simmeringer Hauptstraße werden "Rufe zu Christus"
laut, die bulgarisch-orthodoxe Kirche lädt zu einem Abendgebet ein und in der polnischen Kirche am Rennweg
gestaltet die Jugend eine Andacht mit Passions-und Ostergesang.
Zum dritten Mal in Oberösterreich
In Oberösterreich laden am 30. Mai rund 50 christliche Kirchen in Linz, Vöcklabruck, Steyr und
St. Marien zur bereits dritten "Langen Nacht der Kirchen" ein. Die Besucher können aus insgesamt
rund 200 Programmpunkten wählen, die repräsentativ sind für das vielfältige spirituelle, kulturelle,
musikalische, soziale Angebot der Kirchen.
Bischof Ludwig Schwarz lud bei der Präsentation des Programms am Dienstag in Linz zum gemeinsamen ökumenischen
Eröffnungsgottesdienst in den Linzer Mariendom um 19 Uhr ein. Alle neun in Oberösterreich vertretenen
christlichen Kirchen werden dabei vertreten sein, freute sich Schwarz.
Der oberösterreichische evangelische Superintendent Gerold Lehner sagte, dass Kirchen Räume in der heutigen
Gesellschaft sind, die "eine andere Welt inmitten des geschäftigen Treibens" erschließen.
Bei der "Langen Nacht" könne man spüren, was Menschsein in der Gegenwart Gottes bedeute, so
der Superintendent.
Eine Besonderheit der "Langen Nacht" in Linz ist der "Gelbe Zug", der im Halb-Stunden-Takt
gratis einen Großteil der Kirchen anfährt.
Zum zweiten Mal in Kärnten
In Kärnten findet die "Lange Nacht der Kirchen" heuer zum zweiten Mal statt. Nach dem großen
Erfolg im Vorjahr laden heuer 39 Standorte – davon 33 katholische Kirchen – in Klagenfurt, Villach, St.Veit an
der Glan, Maria Saal, Feldkirchen, Feistritz an der Drau, Friesach, Gurk, Völkermarkt, Wolfsberg und Millstatt
zur "Langen Nacht".
"Kirchen sind Orte der Begegnung, Stätten der Einladung und der Gastfreundschaft", so Bischof Alois
Schwarz am Dienstag in Klagenfurt bei einer Pressekonferenz zur "Langen Nacht". Im Rahmen dieser Aktion
könne die Kirche den Menschen präsentieren, was in den Gotteshäusern und Pfarren während des
Jahres passiert. Bei der im Vorjahr erstmals in Klagenfurt durchgeführten "Langen Nacht" habe er,
so Bischof Schwarz, "bei vielen Besuchern große Offenheit und Bereitschaft zum Gespräch und zur
Begegnung erlebt und die Stadt in Bewegung gespürt".
Die "Lange Nacht" soll den Menschen verschiedene Blickwinkel auf die Gotteshäuser ermöglichen
und neue Perspektiven und Einblicke erschließen, um die reichhaltigen Schätze der Kärntner Kirchen
zu entdecken, so Schwarz.
Der Kärntner evangelische Superintendent Manfred Sauer sprach von einem "kräftigen Lebenszeichen
der Kirchen". Er erhoffe sich, so Sauer, "dass kirchlich vertraute wie auch kirchlich distanzierte Menschen
sich einlassen auf das breite Angebot der Kirchen und dadurch vielleicht auch verändert werden".
Einen der Höhepunkte der "Langen Nacht" bildet in der evangelischen Johanneskirche in Klagenfurt
mit Blick auf die bevorstehende Fußball-Europameisterschaft ein Vortrag von Prof. Wendelin Schmidt-Dengler
zum Thema "Fußball und Religion". Im Anschluss daran wird Schmidt-Dengler mit Bischof Schwarz,
Superintendent Sauer, dem Schriftsteller Egyd Gstättner und dem ehemaligen Fußballnationalspieler Walter
Ludescher zum Thema diskutieren.
Lichterlabyrinth im Salzburger Dom
Auch in Salzburg geht die "Lange Nacht der Kirchen" heuer zum zweiten Mal über die Bühne. Waren
es im Vorjahr lediglich zwölf Schauplätze, fungieren heuer bereits 24 Gotteshäuser als Veranstaltungsorte.
Ein Highlight wird dabei sicher das Lichterlabyrinth im Dom sein, so Fr. Virgil Steindlmüller, Koordinator
der "Langen Nacht" in Salzburg, bei einem Pressegespräch am Dienstag.
In der Nacht seien die Menschen oftmals empfänglicher für Lebensfragen als am Tag, sagte der evangelische
Pfarrer Tilmann Knopf. Dem wolle man u.a. auch mit seelsorglichen und spirituellen Angeboten entsprechen. Darüber
hinaus bietet das bunte Programm aber etwa auch eine Turmbesteigung, Gospelkonzerte, Kunstdiskussionen, Ausstellungen
oder Bibelworkshops.
Der Startschuss für die "Lange Nacht" fällt in der evangelischen Christuskirche mit einem Ökumenischen
Gottesdienst um 18 Uhr. Die "Lange Nacht" endet um 24 Uhr mit einem ökumenischen Nachtgebet in der
Franziskanerkirche.
67 offene Kirchen in Vorarlberg
In Vorarlberg öffnen am 30. Mai landesweit 67 Kirchen ihre Tore und laden zu rund 200 Programmpunkten ein.
"Vieles und sehr Unterschiedliches wird in dieser Nacht in den Kirchenräumen einkehren: Stille, Wort,
Musik, Bild und Bewegung, Vertrautes und Fremdes. Und der Raum und diese Lebensäußerungen werden sich
in ihrer Begegnung für die Besucherinnen und Besucher neu erschließen", so Walter Schmolly, Leiter
des Pastoralamts der Diözese Feldkirch.
Die Kirchen in Vorarlberg nehmen heuer erstmals an der "Langen Nacht der Kirchen" teil.
Tiroler Gastfreundschaft
In Tirol stehen insgesamt 53 Kirchen und Kapellen in der "Langen Nacht" offen: 24 in Innsbruck, 15 im
Außerfern, 12 im Raum Lienz sowie je eine in Zirl und Schwaz. Mit dabei sind vier evangelische Kirchen in
Innsbruck, Lienz und Reutte sowie die serbisch-orthodoxe Kapelle in Innsbruck.
Zum Auftakt der "Langen Nacht" finden im Innsbrucker Dom und in der Pfarrkirche Breitenwang um 19 Uhr
ökumenische Gottesdienste statt. In den meisten Kirchen und Kapellen dauert das Programm bis 24 Uhr, in der
Jesuitenkirche in Innsbruck wird die "Lange Nacht" bis zum Samstagmorgen ausgedehnt.
Die "Lange Nacht der Kirchen" solle dazu beitragen, die Schönheit und Kostbarkeit der Kirchen neu
zu entdecken und kirchliche Gastfreundschaft erlebbar zu machen. Das betonten Innsbrucks Diözesanbischof Manfred
Scheuer, die Superintendentin der evangelischen Diözese Salzburg/Tirol, Luise Müller, und Gordana Nadler
von der serbisch-orthodoxen Gemeinde in Innsbruck am Dienstag bei der Vorstellung des Programms im Innsbrucker
Dom. |