Krankenkassenfinanzierung, Hauptverband-Holding und Steuerreform   

erstellt am
21. 05. 08

Khol und Blecha präsentieren aktuelle Forderungen des Österreichischen Seniorenrates
Wien (seniorenrat) - Im Rahmen der Pressekonferenz der Präsidenten des Österreichischen Seniorenrates Dr. Andreas Khol und Karl Blecha kamen am 21.05. nachfolgende aktuelle Forderungen der überparteilichen Seniorenvertretung zur Sprache:

Krankenkassenfinanzierung
Der vorliegende Entwurf des BMGFJ hat die nachhaltige Sicherung der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung - somit unseres bewährten Gesundheitssystems - zum Ziel, was grundsätzlich zu begrüßen ist. Allerdings ist zu betonen, dass weitere Schritte notwendig sind, so wird eine umfassende Reform des Spitalswesens unter Einbeziehung aller Verantwortungsträger, insbesondere auch der Länder, unbedingt erforderlich sein.

Bei allen vorgesehenen Maßnahmen muss unabdingbar gewährleistet werden, dass die älteren Menschen nicht zu Schaden kommen, etwa durch Schmälerung oder Verschlechterung der medikamentösen oder ärztlichen Versorgung.

Nachweis über die erbrachten Leistungen; Patientenquittung Um "eine weitergehende Sensibilisierung der Versicherten für die mit einer Inanspruchnahme der Vertragspartner/innen einhergehenden Leistungen zu erreichen", sollen Vertragsärzte nach dem Gesetzesentwurf zwingend und unmittelbar nach jeder Inanspruchnahme einen Nachweis über die erbrachten Leistungen ausstellen. Es fehlt noch jede praktikable Lösung für dieses Vorhaben.
Quittungen bzw. Einzelabrechnungen gibt es bei verschiedenen Krankenkassen bereits. Wenn eine einfache und kostengünstige Durchführung mit den Ärzten vereinbart werden kann, wäre dagegen nichts einzuwenden.

Aut-idem-Regelung
Ziel dieser Regelung wäre es, dass Ärzte in Zukunft nur noch den Wirkstoff verschreiben soll und die Apotheken das dementsprechende günstigste Medikament abgeben. Die grundsätzliche Intention des Gesetzgebers, durch einen verstärkten Einsatz von Generika Kosten einzusparen, ist durchaus verständlich. Ob allerdings das genannte Einsparungspotential von 35 Millionen Euro erreicht werden kann, wird bezweifelt, da von einer Substitutionsrate von 70 % ausgegangen wird.

Gerade ältere Menschen leiden häufig an chronischen Erkrankungen, gegen diese sie bisher immer dasselbe Medikament verschrieben bekommen haben. Es ist für den Österreichischen Seniorenrat unabdingbar, dass dies auch weiterhin so gehandhabt wird. Obwohl im Zuge der aktuellen Diskussion diese Vorgangsweise wiederholt von politischen Verantwortungsträgern versprochen wurde, findet sich nichts davon im Gesetzestext.

Die vorgesehene Aufzahlungspflicht, wenn der Patient auf die gewohnten Arzneimittel besteht, wäre eine massive Verschlechterung. Ohne eine eindeutige gesetzliche Regelung, die den Anspruch auf dasselbe Medikament bei chronisch Kranken sicherstellt, wäre die im Gesetzesvorschlag vorgesehene Lösung nicht akzeptabel.

Von entscheidender Bedeutung wird es jedenfalls sein, dass die Versorgung mit hochwertigen Arzneimittelspezialitäten weiterhin gewährleistet bleibt. Eine Verschlechterung der Versorgungsqualität ist für den Österreichischen Seniorenrat nicht annehmbar. Man sollte vor der Einführung jedenfalls auch die internationalen Erfahrungen mit der aut-idem-Regelung prüfen und bedenken, dass die Umsetzung nur mit der gleichzeitigen Einführung des sog. "Arzneimittelsicherheitsgurtes" verwirklicht werden kann.

Hauptverband / SV Holding
Zum dem im Gesetzesentwurf des BMSK vorgesehenen Umbau des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger in eine SV-Holding beschränkt sich der Österreichische Seniorenrat in seiner Stellungnahme auf jene Bereiche, die die Vertretung der Interessen der älteren Menschen im Bereich der Sozialversicherung betreffen.

Verwaltungsrat
Das neue Organ der SV-Holding ist der Verwaltungsrat, der die bisherige Trägerkonferenz und den Verbandsvorstand ersetzt. In der bisherigen Trägerkonferenz des Hauptverbandes hatte der Österreichische Seniorenrat 3 Vertreter mit Sitz und Stimme. In der vorgesehenen Neuregelung sind lediglich 2 nicht stimmberechtigte Vertreter des Österreichischen Seniorenrates vorgesehen, womit 2 Millionen Beitragszahler von der aktiven Mitwirkung in der Selbstverwaltung ausgeschlossen werden.

Der Österreichische Seniorenrat als die gesetzliche Interessenvertretung der älteren Generation fordert zumindest 2 Vertreter mit Sitz und Stimme im Verwaltungsrat um seinem - im Bundes-Seniorengesetz definierten - gesetzlichen Vertretungsauftrag nachkommen zu können.

Spartenkonferenzen
Die Verbindung zu den Versicherungsträgern bzw. zu den Versicherten und Leistungsbeziehern haben bisher einerseits die Trägerkonferenz und andererseits der Beirat beim Hauptverband wahrgenommen. An deren Stelle sollen nun - völlig unzureichend - drei Spartenkonferenzen für die Bereiche Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung treten, die im Verwaltungsrat durch ihren jeweiligen Vorsitzenden durch beratende Stimme beigezogen sind.

Der Österreichische Seniorenrat hält jedenfalls die Errichtung eines Beirates auch bei der neuen SV-Holding (Hauptverband) für unbedingt geboten, weil nur damit die Verbindung zur Basis der Beitragszahler und Leistungsbezieher gewährleistet ist.

Erhöhung des Hebesatzes
Als Ansatz für einen zusätzlichen finanziellen Beitrag zur Sicherung der Krankenversicherung kann man die zeitlich beschränkte Erhöhung des Hebesatzes um 3% auf 183% in der Beitragskonstruktion der Pensionistenkrankenversicherung ansehen. Es wird in dem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Hebesatz für die meisten Pensionisten ursprünglich 200 betragen hat, bei bestimmen Versicherungsträgern (z.B. SVB, SVA) sind die Hebesätze deutlich höher.

Die ab 2013 vorgesehene Möglichkeit, dass mit Verordnung des Bundesministeriums für Soziales und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen der Zusatzhebesatz für ein oder mehrere Jahre festgelegt werden kann, wird ausdrücklich begrüßt.


Vorschläge zur Steuerreform 2010
Der Österreichische Seniorenrat begrüßt die seitens der anderen Sozialpartner bereits vorgelegten Vorschläge zur Steuerreform, schließt sich - soweit sie Pensionen betreffen - im Großen und Ganzen an, beschränkt sich entsprechend seinem Aufgabenbereich aber auf jene steuerlichen Bereiche, die Pensionistinnen und Pensionisten besonders betreffen und fordert die grundsätzliche steuerliche Gleichbehandlung von Pensionsbeziehern und sonstigen Lohnsteuerpflichtigen bzw. Aktiven, unbeschadet der nur für Pensionisten gegebenen Möglichkeiten, bestimmte Freibeträge unmittelbar bei der pensionszahlenden Stelle geltend zu machen.


An Vorschlägen wird eingebracht:
Senkung des Steuereingangssatzes
Die vorgeschlagene Senkung des Eingangssteuersatz auf eine Höhe von 33 Prozent wird seitens des Österreichischen Seniorenrates als ein erster Schritt in die richtige Richtung angesehen.

Verbreiterung der Tarifstufen
Entsprechend den Vorschlägen wird eine angemessene Verbreiterung der Tarifstufen unterstützt, um eine Entlastung der mittleren Pensionen zu erreichen.

Gleichbehandlung von Pensionistenabsetzbetrag und Arbeitnehmerabsetzbetrag samt Verkehrsabsetzbetrag; Wegfall der Einschleifregelung
Die steuerliche Gleichbehandlung von Pensionsbeziehern und sonstigen aktiven Lohnsteuerpflichtigen setzt grundsätzlich voraus, dass der Pensionistenabsetzbetrag wie die beiden Absetzbeträge für Arbeitnehmer (Arbeitnehmerabsetzbetrag und Verkehrsabsetzbetrag) behandelt wird.

Auch bei Pensionisten liegt ein allgemeines Mobilitätsbedürfnis vor. Dieser Tatsache ist Rechnung zu tragen.

Gleichstellung der Pensionisten mit Arbeitnehmern hinsichtlich der Negativsteuer
Damit kleinere und mittlere Pensionen von der angekündigten Steuerreform überhaupt profitieren können, ist die Gleichbehandlung in den Regelungen der Negativsteuer für Pensionistinnen und Pensionisten unerlässlich. Die beschlossene bzw. angekündigte Absenkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge bei Geringverdienern hat keinerlei entlastende Wirkung für Pensionsbezieher. Eine Anhebung der bestehenden Negativsteuer für Aktive und für Pensionisten ist daher geboten.

Anhebung der pauschalierten Freibeträge (Außergewöhnliche Belastungen) wegen Behinderung bzw. Krankheitendiätverpflegung
Die teilweise seit 15 Jahren unverändert geltenden pauschalierten Freibeträge wegen Behinderung bzw. Krankheitendiätverpflegung bedürfen dringend einer Anpassung an die nicht nur in letzter Zeit gestiegenen Lebenshaltungskosten.

Pflegekosten als Außergewöhnliche Belastungen; Wegfall des Selbstbehaltes
Der Selbstbehalt für Zahlungen an Pflegeheime oder private Pfleger/Betreuer - auch an betreuende Familienangehörige - ist zu streichen.


Anpassung bzw. Erhöhung weiterer Absetzbeträge und der Sonderausgaben
Vorgeschlagen wird weiters die Erhöhung des Alleinverdiener- bzw. Alleinerzieherabsetzbetrages sowie der Zuverdienstgrenze für Ehepartner sowie die Einführung einer jährlicher Valorisierung dieser Absetzbeträge, sodass beispielsweise ein Pensionistenehepaar mit nur einer Pension eine Steuerfreistellung bis ca. 1.500 Euro (1.100 + 400) erhält, um so ein steuerfreies Existenzminimum zu sichern.

Weiters sind die Einschleifregelung bei Beträgen für freiwillige Krankenversicherungen zu erhöhen und eine Erweiterung der Sonderausgaben auch auf freiwillige Pflegeversicherungen vorzunehmen.

Steuerliche Absetzbarkeit von Spenden
Ausweiten der Liste der begünstigten Empfänger auch auf beispielsweise Hilfsorganisationen und Seniorenorganisationen.

Vermögenszuwachssteuer
Die beabsichtigte Vermögenszuwachssteuer wird begrüßt, wenn bei strikter Zweckbindung zur Sicherung des Gesundheitssystems angemessene Grenzbeträge (Eigenheime, Alters- und Pflegevorsorgekapital usw.) vorgesehen werden.

Besteuerung des kleinen Glückspiels
Die Schaffung einer Glückspielsteuer nach italienischem Modell betreffend Automatenspiele als Beitrag zur Gegenfinanzierung wird unterstützt.

Umsatzsteuer
Wie auch die Sozialversicherungsträger fordert der Österreichische Seniorenrat eine völlige Streichung der Umsatzsteuer auf rezeptpflichtige Medikamente. In der Umstellphase wäre zur Überwachung der Preisentwicklung ein Monitoring ratsam. Zu berücksichtigen ist dabei der Umstand, dass es sich bei der Leistbarkeit von Medikamenten um ein elementares Lebensbedürfnis handelt.
 
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