Khol und Blecha präsentieren aktuelle Forderungen des Österreichischen Seniorenrates
Wien (seniorenrat) - Im Rahmen der Pressekonferenz der Präsidenten des Österreichischen
Seniorenrates Dr. Andreas Khol und Karl Blecha kamen am 21.05. nachfolgende aktuelle Forderungen der überparteilichen
Seniorenvertretung zur Sprache:
Krankenkassenfinanzierung
Der vorliegende Entwurf des BMGFJ hat die nachhaltige Sicherung der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung
- somit unseres bewährten Gesundheitssystems - zum Ziel, was grundsätzlich zu begrüßen ist.
Allerdings ist zu betonen, dass weitere Schritte notwendig sind, so wird eine umfassende Reform des Spitalswesens
unter Einbeziehung aller Verantwortungsträger, insbesondere auch der Länder, unbedingt erforderlich sein.
Bei allen vorgesehenen Maßnahmen muss unabdingbar gewährleistet werden, dass die älteren Menschen
nicht zu Schaden kommen, etwa durch Schmälerung oder Verschlechterung der medikamentösen oder ärztlichen
Versorgung.
Nachweis über die erbrachten Leistungen; Patientenquittung Um "eine weitergehende Sensibilisierung der
Versicherten für die mit einer Inanspruchnahme der Vertragspartner/innen einhergehenden Leistungen zu erreichen",
sollen Vertragsärzte nach dem Gesetzesentwurf zwingend und unmittelbar nach jeder Inanspruchnahme einen Nachweis
über die erbrachten Leistungen ausstellen. Es fehlt noch jede praktikable Lösung für dieses Vorhaben.
Quittungen bzw. Einzelabrechnungen gibt es bei verschiedenen Krankenkassen bereits. Wenn eine einfache und kostengünstige
Durchführung mit den Ärzten vereinbart werden kann, wäre dagegen nichts einzuwenden.
Aut-idem-Regelung
Ziel dieser Regelung wäre es, dass Ärzte in Zukunft nur noch den Wirkstoff verschreiben soll
und die Apotheken das dementsprechende günstigste Medikament abgeben. Die grundsätzliche Intention des
Gesetzgebers, durch einen verstärkten Einsatz von Generika Kosten einzusparen, ist durchaus verständlich.
Ob allerdings das genannte Einsparungspotential von 35 Millionen Euro erreicht werden kann, wird bezweifelt, da
von einer Substitutionsrate von 70 % ausgegangen wird.
Gerade ältere Menschen leiden häufig an chronischen Erkrankungen, gegen diese sie bisher immer dasselbe
Medikament verschrieben bekommen haben. Es ist für den Österreichischen Seniorenrat unabdingbar, dass
dies auch weiterhin so gehandhabt wird. Obwohl im Zuge der aktuellen Diskussion diese Vorgangsweise wiederholt
von politischen Verantwortungsträgern versprochen wurde, findet sich nichts davon im Gesetzestext.
Die vorgesehene Aufzahlungspflicht, wenn der Patient auf die gewohnten Arzneimittel besteht, wäre eine massive
Verschlechterung. Ohne eine eindeutige gesetzliche Regelung, die den Anspruch auf dasselbe Medikament bei chronisch
Kranken sicherstellt, wäre die im Gesetzesvorschlag vorgesehene Lösung nicht akzeptabel.
Von entscheidender Bedeutung wird es jedenfalls sein, dass die Versorgung mit hochwertigen Arzneimittelspezialitäten
weiterhin gewährleistet bleibt. Eine Verschlechterung der Versorgungsqualität ist für den Österreichischen
Seniorenrat nicht annehmbar. Man sollte vor der Einführung jedenfalls auch die internationalen Erfahrungen
mit der aut-idem-Regelung prüfen und bedenken, dass die Umsetzung nur mit der gleichzeitigen Einführung
des sog. "Arzneimittelsicherheitsgurtes" verwirklicht werden kann.
Hauptverband / SV Holding
Zum dem im Gesetzesentwurf des BMSK vorgesehenen Umbau des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger
in eine SV-Holding beschränkt sich der Österreichische Seniorenrat in seiner Stellungnahme auf jene Bereiche,
die die Vertretung der Interessen der älteren Menschen im Bereich der Sozialversicherung betreffen.
Verwaltungsrat
Das neue Organ der SV-Holding ist der Verwaltungsrat, der die bisherige Trägerkonferenz und den Verbandsvorstand
ersetzt. In der bisherigen Trägerkonferenz des Hauptverbandes hatte der Österreichische Seniorenrat 3
Vertreter mit Sitz und Stimme. In der vorgesehenen Neuregelung sind lediglich 2 nicht stimmberechtigte Vertreter
des Österreichischen Seniorenrates vorgesehen, womit 2 Millionen Beitragszahler von der aktiven Mitwirkung
in der Selbstverwaltung ausgeschlossen werden.
Der Österreichische Seniorenrat als die gesetzliche Interessenvertretung der älteren Generation fordert
zumindest 2 Vertreter mit Sitz und Stimme im Verwaltungsrat um seinem - im Bundes-Seniorengesetz definierten -
gesetzlichen Vertretungsauftrag nachkommen zu können.
Spartenkonferenzen
Die Verbindung zu den Versicherungsträgern bzw. zu den Versicherten und Leistungsbeziehern haben bisher
einerseits die Trägerkonferenz und andererseits der Beirat beim Hauptverband wahrgenommen. An deren Stelle
sollen nun - völlig unzureichend - drei Spartenkonferenzen für die Bereiche Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung
treten, die im Verwaltungsrat durch ihren jeweiligen Vorsitzenden durch beratende Stimme beigezogen sind.
Der Österreichische Seniorenrat hält jedenfalls die Errichtung eines Beirates auch bei der neuen SV-Holding
(Hauptverband) für unbedingt geboten, weil nur damit die Verbindung zur Basis der Beitragszahler und Leistungsbezieher
gewährleistet ist.
Erhöhung des Hebesatzes
Als Ansatz für einen zusätzlichen finanziellen Beitrag zur Sicherung der Krankenversicherung
kann man die zeitlich beschränkte Erhöhung des Hebesatzes um 3% auf 183% in der Beitragskonstruktion
der Pensionistenkrankenversicherung ansehen. Es wird in dem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Hebesatz
für die meisten Pensionisten ursprünglich 200 betragen hat, bei bestimmen Versicherungsträgern (z.B.
SVB, SVA) sind die Hebesätze deutlich höher.
Die ab 2013 vorgesehene Möglichkeit, dass mit Verordnung des Bundesministeriums für Soziales und Konsumentenschutz
im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen der Zusatzhebesatz für ein oder mehrere Jahre festgelegt
werden kann, wird ausdrücklich begrüßt.
Vorschläge zur Steuerreform 2010
Der Österreichische Seniorenrat begrüßt die seitens der anderen Sozialpartner bereits vorgelegten
Vorschläge zur Steuerreform, schließt sich - soweit sie Pensionen betreffen - im Großen und Ganzen
an, beschränkt sich entsprechend seinem Aufgabenbereich aber auf jene steuerlichen Bereiche, die Pensionistinnen
und Pensionisten besonders betreffen und fordert die grundsätzliche steuerliche Gleichbehandlung von Pensionsbeziehern
und sonstigen Lohnsteuerpflichtigen bzw. Aktiven, unbeschadet der nur für Pensionisten gegebenen Möglichkeiten,
bestimmte Freibeträge unmittelbar bei der pensionszahlenden Stelle geltend zu machen.
An Vorschlägen wird eingebracht:
Senkung des Steuereingangssatzes
Die vorgeschlagene Senkung des Eingangssteuersatz auf eine Höhe von 33 Prozent wird seitens des Österreichischen
Seniorenrates als ein erster Schritt in die richtige Richtung angesehen.
Verbreiterung der Tarifstufen
Entsprechend den Vorschlägen wird eine angemessene Verbreiterung der Tarifstufen unterstützt,
um eine Entlastung der mittleren Pensionen zu erreichen.
Gleichbehandlung von Pensionistenabsetzbetrag und Arbeitnehmerabsetzbetrag samt Verkehrsabsetzbetrag; Wegfall
der Einschleifregelung
Die steuerliche Gleichbehandlung von Pensionsbeziehern und sonstigen aktiven Lohnsteuerpflichtigen setzt
grundsätzlich voraus, dass der Pensionistenabsetzbetrag wie die beiden Absetzbeträge für Arbeitnehmer
(Arbeitnehmerabsetzbetrag und Verkehrsabsetzbetrag) behandelt wird.
Auch bei Pensionisten liegt ein allgemeines Mobilitätsbedürfnis vor. Dieser Tatsache ist Rechnung zu
tragen.
Gleichstellung der Pensionisten mit Arbeitnehmern hinsichtlich der Negativsteuer
Damit kleinere und mittlere Pensionen von der angekündigten Steuerreform überhaupt profitieren
können, ist die Gleichbehandlung in den Regelungen der Negativsteuer für Pensionistinnen und Pensionisten
unerlässlich. Die beschlossene bzw. angekündigte Absenkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge
bei Geringverdienern hat keinerlei entlastende Wirkung für Pensionsbezieher. Eine Anhebung der bestehenden
Negativsteuer für Aktive und für Pensionisten ist daher geboten.
Anhebung der pauschalierten Freibeträge (Außergewöhnliche Belastungen) wegen Behinderung
bzw. Krankheitendiätverpflegung
Die teilweise seit 15 Jahren unverändert geltenden pauschalierten Freibeträge wegen Behinderung
bzw. Krankheitendiätverpflegung bedürfen dringend einer Anpassung an die nicht nur in letzter Zeit gestiegenen
Lebenshaltungskosten.
Pflegekosten als Außergewöhnliche Belastungen; Wegfall des Selbstbehaltes
Der Selbstbehalt für Zahlungen an Pflegeheime oder private Pfleger/Betreuer - auch an betreuende Familienangehörige
- ist zu streichen.
Anpassung bzw. Erhöhung weiterer Absetzbeträge und der Sonderausgaben
Vorgeschlagen wird weiters die Erhöhung des Alleinverdiener- bzw. Alleinerzieherabsetzbetrages sowie
der Zuverdienstgrenze für Ehepartner sowie die Einführung einer jährlicher Valorisierung dieser
Absetzbeträge, sodass beispielsweise ein Pensionistenehepaar mit nur einer Pension eine Steuerfreistellung
bis ca. 1.500 Euro (1.100 + 400) erhält, um so ein steuerfreies Existenzminimum zu sichern.
Weiters sind die Einschleifregelung bei Beträgen für freiwillige Krankenversicherungen zu erhöhen
und eine Erweiterung der Sonderausgaben auch auf freiwillige Pflegeversicherungen vorzunehmen.
Steuerliche Absetzbarkeit von Spenden
Ausweiten der Liste der begünstigten Empfänger auch auf beispielsweise Hilfsorganisationen und
Seniorenorganisationen.
Vermögenszuwachssteuer
Die beabsichtigte Vermögenszuwachssteuer wird begrüßt, wenn bei strikter Zweckbindung zur
Sicherung des Gesundheitssystems angemessene Grenzbeträge (Eigenheime, Alters- und Pflegevorsorgekapital usw.)
vorgesehen werden.
Besteuerung des kleinen Glückspiels
Die Schaffung einer Glückspielsteuer nach italienischem Modell betreffend Automatenspiele als Beitrag
zur Gegenfinanzierung wird unterstützt.
Umsatzsteuer
Wie auch die Sozialversicherungsträger fordert der Österreichische Seniorenrat eine völlige
Streichung der Umsatzsteuer auf rezeptpflichtige Medikamente. In der Umstellphase wäre zur Überwachung
der Preisentwicklung ein Monitoring ratsam. Zu berücksichtigen ist dabei der Umstand, dass es sich bei der
Leistbarkeit von Medikamenten um ein elementares Lebensbedürfnis handelt. |