Genossenschaftsbanken sichern die finanzielle Nahversorgung   

erstellt am
05. 06. 08

Oliver Wyman-Studie analysiert Lage der Genossenschaftsbanken in Europa – Untersuchung attestiert besondere Kundennähe und exzellenten Service
Wien (rzb) - Mit ihren mehr als 140 Millionen Kunden – das ist jeder fünfte Europäer – sind die Genossenschaftsbanken eine tragende Säule des europäischen Bankenmarkts. Wegen ihrer großen Bedeutung, insbesondere als finanzieller Nahversorger, hat die renommierte Managementberatung Oliver Wyman für die EACB, die Europäische Vereinigung der Genossenschaftsbanken, eine Studie zur Lage dieses Banksektors erstellt. Dabei wurden die Genossenschaftsbanken in Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Spanien und im United Kingdom unter die Lupe genommen.

"Die Genossenschaftsbanken zeichnen sich durch besondere Nähe zum Kunden aus", so Guido Merz, Partner in der Praxisgruppe Retail & Business Banking von Oliver Wyman. "Sie weisen eine deutlich höhere Bankstellendichte auf als kommerzielle Banken – speziell in ländlichen Gebieten – und betreuen weniger Kunden pro Bankstelle. Sie sind leichter zugänglich und können mehr Zeit für den einzelnen Kunden aufwenden. Genossenschaftsbanken sind der 'Kunden-Champion' unter den europäischen Banken."

Oliver Wyman attestiert den Genossenschaftsbanken, dass sie als lokal und regional tätige Institute über einen stabilen Einlagenüberhang verfügen, vor allem durch Spareinlagen. Sie weisen daher – weitgehend unabhängig von internationalen Entwicklungen – eine hohe Liquidität aus, die vor allem eine kontinuierliche Kreditvergabe an Klein- und Mittelbetriebe ermöglicht. Damit haben Genossenschaftsbanken über ihre bedeutende Rolle als finanzieller Nahversorger hinaus eine wesentliche stabilisierende Funktion für die Volkswirtschaften in Europa.

Mitgliedschaft als wesentlicher Vorteil

Einen wesentlichen Vorteil sieht der Oliver Wyman-Bericht in der Eigentümerstruktur. In Genossenschaftsbanken sind die Mitglieder und damit Kunden die Eigentümer der Banken. Damit verschiebt sich die Informationsasymmetrie, die ansonsten zu Gunsten der Banken besteht, deutlich in Richtung Mitglied bzw. Kunden. Das verhindere, so Oliver Wyman, unangemessene Preise und nicht-bedarfsgerechten Verkauf von Produkten und Dienstleistungen.

Hans Hofinger, der Vorsitzende des Volksbanken-Verbands ÖGV, zeigte sich erfreut, dass der Wyman-Report die Mitgliedschaft als ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal bezeichnet: "Mitgliedschaft ist für Genossenschaftsbanken ein strategisches Asset. Ein vertieftes und erneuertes Bekenntnis zur Mitgliedschaft und die Überzeugung, dass man für die Mitglieder arbeitet, kann den wesentlichen Unterschied im Bankgeschäft ausmachen. Die hervorragenden Werte bei der Kundenzufriedenheit und die hohen Weiterempfehlungsquoten sind Beweise für die Aktualität unseres Geschäftsmodells".

Zufriedenere Kunden
Die Untersuchung von Oliver Wyman zeigt auch, dass es eine klare Korrelation zwischen dem Marktanteil von Genossenschaftsbanken und Kundenzufriedenheit gibt. Je höher der Genossenschaftsbanken-Marktanteil in den untersuchten Ländern, desto weniger Beschwerden sind bei Ombudsstellen zu verzeichnen.

Die Studie zeigt außerdem, dass die Genossenschaftsbanken im Wettbewerb bestens gerüstet und für die Zukunft hervorragend positioniert sind. Das entsprechende "Mantra", so Oliver Wyman, sei "kommerzielle Realisierung genossenschaftlicher Werte." Oliver Wyman schließt aus den vorliegenden Fakten, dass das genossenschaftliche Geschäftsmodell bei der derzeitigen Instabilität der Finanzmärkte gefragter ist denn je.

Künftige Herausforderungen

Zur Stärkung dieser Position empfiehlt die Studie den europäischen Genossenschaftsbanken, Wachstum und Effizienz weiter zu steigern, das volle Potenzial der genossenschaftlichen Mitgliedschaft auszuschöpfen, grenzüberschreitende Kooperationen zu suchen und die Kapitalbasis diszipliniert zu managen. Die österreichischen Genossenschaftsbanken sieht Oliver Wyman dabei auf einem vorbildlichen Weg.

Österreich gut positioniert

Im europaweiten Vergleich sind Österreichs Genossenschaftsbanken hervorragend platziert. So liegt die Raiffeisen Bankengruppe Österreich bei den Marktanteilen an dritter Stelle, übertroffen nur von in hochkonzentrierten Märkten tätigen Gruppen: der Rabobank in den Niederlanden und der Okobank in Finnland. Auch die Mitgliederquote unter den Kunden ist in Österreich besonders hoch. Mit 61 Prozent führt Österreich noch vor Frankreich (57 Prozent), Deutschland (53 Prozent) und der Schweiz (45 Prozent). Schlusslichter sind Italien (22 Prozent) und die Niederlande (18 Prozent).

Besonders erfreulich ist außerdem, dass die österreichischen Genossenschaftsbanken sowohl bei der Umsetzung der genossenschaftlichen Ideale als auch bei wirtschaftlichen Kennziffern erfolgreich sind. In einer entsprechenden Matrix haben sie die im europäischen Vergleich beste Position inne.

"Die internationale Studie belegt die Zukunftsfähigkeit des genossenschaftlichen Geschäftsmodells. Genossenschaftsbanken punkten mit Kundennähe, Leistung und Sicherheit; sie sind die finanziellen Nahversorger", sagt Andreas Pangl, Generalsekretär des Fachverbands der Raiffeisenbanken. "Für die Kunden in Österreich ist entscheidend, dass unsere Raiffeisenbanken und Volksbanken bei der Qualität der Bankdienstleistungen im europäischen Vergleich ganz vorne mitspielen. In dieser Europameisterschaft sind die Österreicher bereits im Finale", freut sich Pangl.

Mehr als 4.500 selbstständige Genossenschaftsbanken

Der genossenschaftliche Banksektor besteht in Europa aus rund 4.500 selbstständigen Genossenschaftsbanken mit einem Filialnetz von 60.000 Bankgeschäftsstellen und einem Marktanteil von rund 20 Prozent. In Österreich sind die beiden genossenschaftlichen Bankengruppen klare Marktführer. Raiffeisen und Volksbanken kommen auf einen gemeinsamen Kundenanteil von 48 Prozent (Raiffeisen 39 Prozent, Volksbanken 9 Prozent). Mit einer gemeinsamen Bilanzsumme von 331 Milliarden Euro (Raiffeisen 236 Mrd. Euro, Volksbanken 95 Mrd. Euro) sind sie um mehr als 100 Milliarden Euro größer als die größten Mitbewerber (UniCredit 209 Mrd. Euro, Erste Bank inklusive Haftungsverbundsparkassen 201 Mrd. Euro, BAWAG/P.S.K. 45 Mrd. Euro).
 
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