Innsbrucker Forscher grenzen Drogenzentrum im Gehirn weiter ein
Innsbruck (universität) - Wissenschafter der Abteilung für Experimentelle Psychiatrie an
der Univ.-Klinik für Psychiatrie (Leiter: Univ.-Prof. Dr. Hartmann Hinterhuber) haben im Gehirn Strukturen
untersucht, die für die Abhängigkeit von Suchtmitteln verantwortlich sind. In Tierversuchen konnten sie
nun das Drogenzentrum im Gehirn weiter eingrenzen. Die Ergebnisse bieten neue Ansatzpunkte für die Therapie
von Abhängigkeitserkrankungen.
Bereits im Jahr 2006 hatten die Forscher der Abteilung für Experimentelle Psychiatrie der Medizinischen Universität
Innsbruck an Experimenten mit Ratten zeigen können, dass bei beginnendem Interesse eines Versuchstiers für
eine Droge der "Lernbotenstoff" Azetylcholin und nicht das als "Glücksbotenstoff" bekannte
Dopamin vermehrt freigesetzt wird. "Nun haben wir Hirnregion und betroffenes Neurotransmittersystem weiter
eingrenzen können", sagen die Studienleiter Univ.-Prof. Dr. Gerald Zernig und Univ.-Prof. DI Dr. Alois
Saria von Univ.-Klinik für Psychiatrie. "Wir konnten erstmals zeigen, dass die lokalen Azetylcholin-Rezeptoren
im Nucleus accumbens, dem Suchtzentrum im Gehirn, präferenziell auf Drogen reagieren. Der Botenstoff Azetylcholin
wird wirklich nur dann aktiviert, wenn Drogen attraktiv sind."
Aktivierung nur bei Drogen, nicht bei Futter Die Attraktivität des Suchtmittels haben die Forscher auf verblüffend
einfache Weise ermittelt: Gemessen wurde die Geschwindigkeit, mit der ein Versuchstier auf eine Kammer zulief,
in der es eine intravenöse Drogen-Injektion erhielt. Dabei haben die Forscher die lokalen Rezeptoren im Kerngebiet
des Nucleus accumbens der Labortiere blockiert. Um die Drogenabhängigkeit von der Nahrungsaufnahme zu unterscheiden,
wurde der gleiche Versuch mit Futter als Lockmittel durchgeführt. "Die Ergebnisse zeigen, dass die Attraktivität
von Futter durch die Blockade der Azetylcholin-Rezeptoren nicht abnimmt, während die Attraktivität von
Drogen dadurch dramatisch absinkt", erzählt Gerald Zernig. "Das ist ein klarer Hinweis darauf, dass
Drogen diese Rezeptoren sehr selektiv deaktivieren können."
Neue Ansätze für die Therapie "Diese Erkenntnisse sind für die Behandlung von Suchterkrankungen
sehr interessant", erklärt Zernig, "weil wir damit sicherstellen, dass durch eine entsprechende
Medikamentengabe den Patienten nicht die so wichtige Lust auf andere, nicht-drogen-assoziierte Erlebnisse genommen
wird. Für die Entwicklung von Medikamenten bieten die Ergebnisse auch neue Ansatzpunkte: "Denn wir kennen
jetzt die Hirnregion, den Botenstoff und die Rezeptoren, die bei Abhängigkeitserkrankungen von zentraler Bedeutung
sind." Federführend an den Experimenten beteiligt war der spanische Postdoktorand Dr. Jose A. Crespo
aus der von Prof. Alois Saria geleiteten Abteilung für Experimentelle Psychiatrie. Unterstützt wurden
die Forscher bei den Forschungen vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF Projekt P18787-B05), dem D.
Swarovski-Förderungsfonds und dem Verein für Experimentelle Psychiatrie, Psychotherapie und Pharmakologie
(VEPPP). |