Hirnzentrum vermittelt präferenziell die Lust auf Drogen  

erstellt am
03. 06. 08

Innsbrucker Forscher grenzen Drogenzentrum im Gehirn weiter ein
Innsbruck (universität) - Wissenschafter der Abteilung für Experimentelle Psychiatrie an der Univ.-Klinik für Psychiatrie (Leiter: Univ.-Prof. Dr. Hartmann Hinterhuber) haben im Gehirn Strukturen untersucht, die für die Abhängigkeit von Suchtmitteln verantwortlich sind. In Tierversuchen konnten sie nun das Drogenzentrum im Gehirn weiter eingrenzen. Die Ergebnisse bieten neue Ansatzpunkte für die Therapie von Abhängigkeitserkrankungen.

Bereits im Jahr 2006 hatten die Forscher der Abteilung für Experimentelle Psychiatrie der Medizinischen Universität Innsbruck an Experimenten mit Ratten zeigen können, dass bei beginnendem Interesse eines Versuchstiers für eine Droge der "Lernbotenstoff" Azetylcholin und nicht das als "Glücksbotenstoff" bekannte Dopamin vermehrt freigesetzt wird. "Nun haben wir Hirnregion und betroffenes Neurotransmittersystem weiter eingrenzen können", sagen die Studienleiter Univ.-Prof. Dr. Gerald Zernig und Univ.-Prof. DI Dr. Alois Saria von Univ.-Klinik für Psychiatrie. "Wir konnten erstmals zeigen, dass die lokalen Azetylcholin-Rezeptoren im Nucleus accumbens, dem Suchtzentrum im Gehirn, präferenziell auf Drogen reagieren. Der Botenstoff Azetylcholin wird wirklich nur dann aktiviert, wenn Drogen attraktiv sind."

Aktivierung nur bei Drogen, nicht bei Futter Die Attraktivität des Suchtmittels haben die Forscher auf verblüffend einfache Weise ermittelt: Gemessen wurde die Geschwindigkeit, mit der ein Versuchstier auf eine Kammer zulief, in der es eine intravenöse Drogen-Injektion erhielt. Dabei haben die Forscher die lokalen Rezeptoren im Kerngebiet des Nucleus accumbens der Labortiere blockiert. Um die Drogenabhängigkeit von der Nahrungsaufnahme zu unterscheiden, wurde der gleiche Versuch mit Futter als Lockmittel durchgeführt. "Die Ergebnisse zeigen, dass die Attraktivität von Futter durch die Blockade der Azetylcholin-Rezeptoren nicht abnimmt, während die Attraktivität von Drogen dadurch dramatisch absinkt", erzählt Gerald Zernig. "Das ist ein klarer Hinweis darauf, dass Drogen diese Rezeptoren sehr selektiv deaktivieren können."

Neue Ansätze für die Therapie "Diese Erkenntnisse sind für die Behandlung von Suchterkrankungen sehr interessant", erklärt Zernig, "weil wir damit sicherstellen, dass durch eine entsprechende Medikamentengabe den Patienten nicht die so wichtige Lust auf andere, nicht-drogen-assoziierte Erlebnisse genommen wird. Für die Entwicklung von Medikamenten bieten die Ergebnisse auch neue Ansatzpunkte: "Denn wir kennen jetzt die Hirnregion, den Botenstoff und die Rezeptoren, die bei Abhängigkeitserkrankungen von zentraler Bedeutung sind." Federführend an den Experimenten beteiligt war der spanische Postdoktorand Dr. Jose A. Crespo aus der von Prof. Alois Saria geleiteten Abteilung für Experimentelle Psychiatrie. Unterstützt wurden die Forscher bei den Forschungen vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF Projekt P18787-B05), dem D. Swarovski-Förderungsfonds und dem Verein für Experimentelle Psychiatrie, Psychotherapie und Pharmakologie (VEPPP).
 
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