Werner
Faymann auf Vorschlag Gusenbauers gf. Parteivorsitzender
Doris Bures SPÖ-Bundesgeschäftsführerin – SPÖ mit Verstärkung
an der Spitze neu aufgestellt
Wien (sk) - "Wie kann die Sozialdemokratie mehr Kraft in Österreich entfalten?", das
sei die Kernfrage gewesen, über die Bundeskanzler Alfred Gusenbauer in den letzten Tagen und Wochen mit vielen
Menschen gesprochen habe. In Folge sei er zur Auffassung gelangt, dass es mit Werner Faymann als gf. Bundesvorsitzenden
und Doris Bures als Geschäftsführerin eine Verstärkung und Neuaufstellung geben soll, sagte Gusenbauer
am 16.06. in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Doris Bures und Werner Faymann im Anschluss an das SPÖ-Parteipräsidium.
Ergebnis der Präsidiumssitzung sei auch, dass Gusenbauer Kanzler bleibe und als nächster Spitzenkandidat
der SPÖ feststehe.
Die Sozialdemokratie befinde sich in einer "sehr anspruchsvollen Situation", so Gusenbauer. Auf der einen
Seite gebe es eine gute und konstruktive Arbeit der Regierung, auf der anderen Seite konnte diese schwer kommuniziert
werden.
Gusenbauer sei zum Schluss gekommen, dass er dem Parteipräsidium eine Neuaufstellung vorschlage. Und es habe
eine einvernehmliche Meinung darüber gegeben, dass Faymann als gf. Parteivorsitzender im Herbst beim Bundesparteitag
kandidierten solle. Gusenbauer verwies etwa auf Franz Vranitzky und Viktor Klima, die ebenfalls in ihrer Amtszeit
mit Reibungsverlusten kämpfen mussten, "wenn beides in einer Hand liegt" - Bundskanzler und Parteivorsitzender.
Die Ämtertrennung habe etwa in Wien mit Helmut Zilk und Hans Mayr sehr gut funktioniert. "Im Wesentlichen
zählt die persönliche Erfahrung und Chemie der Personen", die diese Ämtertrennung tragen. "Ich
bin überzeugt: Wir können das", sagte Gusenbauer. Faymann werde "die kommunikative Kraft nach
innen und nach außen" verstärken.
Gusenbauer erklärte, er habe die Funktion des Bundesparteivorsitzenden achteinhalb Jahre inne gehabt nachdem
er "die Sozialdemokratie in ihrer wahrscheinlich tiefsten Krise übernommen" habe. Es sei gelungen,
Erfolge für die SPÖ bei den Landtags- und Gemeinderatswahlen, sowie den letzten Nationalratswahlen zu
erringen. Nun sei er zur Auffassung gelangt, dass "eine Neuaufstellung" nötig sei.
Gusenbauer drückte seinen Dank für die Arbeit von Reinhard Winterauer und Josef Kalina aus, und erklärte,
dass es auch dort "eine Verstärkung der politischen Arbeit" geben werde. Alleinverantwortliche Bundesgeschäftsführerin
werde Doris Bures, da Gusenbauer "die Beste für diese Position" haben will.
Die Nachfolge für Doris Bures im Amt der Frauenministerin werde "in absehbarer Zeit" - in den nächsten
Tagen - geklärt werden.
Bures - "deutlich aufzeigen, was die SPÖ erreicht hat"
Die designierte SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures erklärte, man müsse in
der Politik die Lebenssituation der Menschen wahrnehmen und darauf eingehen aber auch "noch stärker zeigen,
was die Sozialdemokratie in den letzten 15 Monaten erreicht hat". "Und auch formulieren, was wir in Zukunft
vor haben." Wesentlich sei es auch, dass "alle an einem Strang ziehen". Bures habe nach dem Präsidium
"den Eindruck, dass jetzt die Bereitschaft dazu besteht". Sie werde sich daher "mit großer
Freude und Engagement als Bundesgeschäftsführerin um die Sozialdemokratie kümmern".
Zielsetzung und Grundstruktur der Gesundheitsreform nicht verhandelbar
Behandelt wurde im Präsidium auch das Thema Gesundheitsreform. Es gelte, das gute System zu erhalten
und "dafür zu sorgen, dass die Menschen auch in Zukunft am medizinischen Fortschritt teilhaben".
Im parlamentarischen Prozess bestehe noch die Möglichkeit zu Änderungen. Gusenbauer hielt allerdings
fest, dass die Zielsetzung und Grundstruktur der Gesundheitsreform nicht verhandelbar sei.
Faymann: SPÖ muss soziales Profil stärken
Die SPÖ müsse wieder "klar machen, dass sie auf Seiten der Arbeitnehmer steht", dass
sie für Sicherheit, gesellschaftliche Gerechtigkeit, für Beschäftigung stehe, betonte der designierte
Vorsitzende der SPÖ, Werner Faymann in der Pressekonferenz nach dem SPÖ-Präsidium und dankte für
das ihm entgegengebrachte Vertrauen seitens des Parteipräsidiums. "Die SPÖ", so Faymann, "hat
sich immer für eine sozial gerechte Gesellschaft eingesetzt." Allerdings sei es in der Opposition leichter
gewesen, dies zu verdeutlichen. In der Regierung sei dies schwieriger und es sei eine gewisse Verunsicherung eingetreten.
Es sei nun an der Zeit, diese Unsicherheiten zu beseitigen. "Eine Verunsicherung, dass wir auf Seiten der
Arbeitnehmer stehen, darf es nicht geben", so der designierte SPÖ-Vorsitzende.
"Wir haben unter Bundeskanzler Alfred Gusenbauer die höchste Beschäftigung erreicht, die es in Österreich
je gegeben hat", so Faymann. Der hohe Beschäftigungsstand habe auch ein gutes Budget gebracht, "weil
Arbeitslosigkeit teuer ist". Diese Erfolge der Bundesregierung unter Alfred Gusenbauer seien aber nicht bei
der Bevölkerung angekommen. Die SPÖ müsse deshalb ihr soziales Profil stärken und Glaubwürdigkeit
zurückgewinnen. Es müsse Gewissheit geben, dass die SPÖ für Sicherheit in Österreich eintritt.
"Wir haben viel sozialpolitisch durchgesetzt", legte Faymann dar und nannte als Beispiele die Erfolge
für kleine Einkommensbezieher, die Bereiche Pensionen, Infrastruktur oder Beschäftigungslage. Es sei
nun wichtig, darauf hinzuweisen, welche Leistungen die Regierung erbracht habe.
Man werde, so Faymann, die inhaltliche Position schärfen, es gebe klare unterschiedliche Positionen zwischen
ÖVP und SPÖ. Diese müssten aber "ohne tägliche Streitereien", Polemiken und Gehässigkeiten
dargestellt werden. Zur Reform des Pensionssystems etwa erklärte Faymann, dass nur eine gesetzliche Reglegung
dieses nachhaltig sichern könne, es müsse das Parlament auf Grundlage der Vorschläge des Sozialministers
die Entscheidungen treffen. Die SPÖ werde klar machen, warum sich die Menschen keine Pensionsautomatik wünschen.
Faymann kündigte auch eine Initiative gegen die Teuerung und das besondere Augenmerk auf die Mittelschicht
hinsichtlich der Steuerreform an.
"Mit gegenseitigem Vertrauen, einer guten Abstimmung kann ich versprechen, dass ich alles unternehmen werde,
dass wir gemeinsam und damit gestärkt die Sozialdemokratie und die Diskussionen in der Sozialdemokratie mit
einem Neubeginn durchstarten", kündigte Werner Faymann an. Dazu brauche die SPÖ auch "eine
bessere Kommunikation, mehr miteinander reden, mehr innerparteiliche Diskussion und eine bessere Abstimmung zwischen
Gewerkschaft und SPÖ, das Zusammenwirken zwischen Länder und Bund muss enger werden", so der designierte
SPÖ-Vorsitzende.
Faymann bleibt Regierungskoordinator, Bundeskanzler Gusenbauer habe ihn gebeten, diese Position beizubehalten.
Auf die Frage, wer der SPÖ-Spitzenkandidat bei der nächsten Nationalratswahl sein werde, antwortete Faymann,
dass er für Alfred Gusenbauer eintrete. "Es ist eindeutig, Alfred Gusenbauer ist unser nächster
Spitzenkandidat." Im Gegensatz zur Diskussion in Deutschland sei bei der SPÖ festgelegt, wer Spitzenkandidat
ist, so Faymann. |
Molterer: Entscheidung löst das Problem der SPÖ nicht
Die Konsequenzen für die Regierung werde die ÖVP "in den nächsten Tagen"
bewerten
Wien (övp-pd) - Vizekanzler und ÖVP-Chef Wilhelm Molterer zu den Personalrochaden in der SPÖ:
"Die SP-Entscheidungen, soweit sie mir bis jetzt bekannt sind, lösen das Problem der SPÖ nicht,
wie es Verkehrsminister Werner Faymann in einem Zeitungsinterview geschildert hat (Anm.: dass die den Umstieg
von der Opposition in die Regierung nie wirklich geschafft hat). Ich werde zusammen mit meinen Freunden diese
Situation neu bewerten und danach zu dieser Bewertung Stellung nehmen."
"Prolongierung der SPÖ-Krise"
Auch ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon sieht in den Entscheidungen des SPÖ-Präsidiums eine
"Prolongierung der SPÖ-Krise". Damit sei "ein weiterer Mitspieler am Feld", für die
Koordination sei "eine weitere Telefonnummer" nötig, sie Situation sei damit "noch unklarer"
geworden, erklärte Missethon. Die ÖVP müsse nun die Situation in der Regierung "neu bewerten".
Die Frage, ob dies möglicherweise auch Neuwahlen bedeuten könnte, ließ der ÖVP-Generalsekretär
offen.
Die Konsequenzen für die Regierung werde die ÖVP "in den nächsten Tagen" bewerten, wenn
der "Gesamtumfang der Entscheidung" der SPÖ bekannt sei, sagte Missethon. Diese Neubewertung schließe
die Frage der inhaltlichen und der personellen Positionierung der SPÖ ein. Auf die Frage, ob damit auch Neuwahlen
eine Möglichkeit wären, meinte Missethon nur, die ÖVP werde sich ein Urteil bilden, wenn die gesamte
Tragweite der SPÖ-Entscheidungen bekannt sei. Man solle jetzt nicht spekulieren oder Vorurteile bilden.
"Sehr überrascht" zeigte sich der ÖVP-Generalsekretär jedenfalls darüber, dass die
SPÖ in ihrem Präsidium offensichtlich nicht ihre strukturelle Krise, sondern nur Personelles diskutiert
habe. Das ist aus der Sicht Missethons "zu wenig". Die SPÖ habe ein Problem mit unterschiedlichen
Zielsetzungen zwischen Bund und Ländern. Das sei offenbar nicht angesprochen worden.
Grillitsch: "Zeichen großer Ratlosigkeit"
Der Präsident des ÖVP-Bauernbundes, Fritz Grillitsch, hält die Einführung einer Doppelspitze
bei der SPÖ für "ein Zeichen großer Ratlosigkeit. Bisher haben alle SPÖ-Spitzenleute
eine Funktionstrennung Kanzler - Parteichef strikt abgelehnt." Von der Ablöse Josef Kalinas als Parteigeschäftsführers
erhofft sich Grillitsch "einen besseren Stil als bisher. Kalina, der immer wieder gerne unpassende Vergleiche
mit NS-Zeit und Ständestaat aufs Tapet brachte, hat viel böses Blut zwischen den Koalitionsparteien gemacht.
Offenbar hat die SPÖ auch erkannt, dass es keinen Sinn hat, immer wieder Politik gegen die Bauern und den
ländlichen Raum zu machen, wie Kalina es versucht hat", meinte Grillitsch. |
Strache: SPÖ installiert nächsten Apparatschik
Tiefe Demütigung für Gusenbauer – Prolongierung des Leidens, aber keine Lösung
– SPÖ in tiefer Personal- und Sinnkrise
Wien (fpd) - Eine Prolongierung des Leidens, aber keine Lösung sieht FPÖ- Bundesparteiobmann
HC Strache in der Bestellung von Infrastrukturminister Faymann zum geschäftsführenden SPÖ-Chef,
die eine tiefe Demütigung Gusenbauers darstelle. Zudem stelle sich die Frage, wie weit Faymann dann noch seinen
Verpflichtungen in einem der größten und wichtigsten Ressorts der Republik nachkommen werde.
Wie nicht anders zu erwarten, sei die Entscheidung des SPÖ-Präsidiums "weder Fisch noch Fleisch",
kommentierte Strache. Anstatt endlich neue Wege zu beschreiten installiere man den nächsten Apparatschik.
Faymann stehe ebenso wie Gusenbauer für Abgehobenheit und Bürgerferne, Basisarbeit sei ihm völlig
fremd. Schon in seiner Zeit als Wiener Stadtrat habe er die SPÖ-Mitglieder und -Wähler hauptsächlich
vergrault.
Mit Faymann mache die SPÖ einen weiteren großen Schritt auf ihrem rasanten Weg nach unten, führte
Strache weiter aus. Diese Partei habe die Zeichen der Zeit gründlich übersehen. Die Krise der SPÖ
sei ja nicht nur eine Personalkrise, sondern auch eine Sinnkrise. Allein mit dem Austauschen von Gesichtern sei
es nicht getan. Denn am asozialen Kurs der SPÖ werde sich dadurch nichts ändern. Der kalte Technokrat
Faymann sei auch kein Signal an die Arbeitnehmer. Das vorläufige Bauernopfer in diesem tristen Spiel heiße
Kalina, von Winterauer habe man ohnehin nie etwas gehört. Dass Doris Bures Bundesgeschäftsführerin
werde, könne man nur mehr als das I-Tüpfelchen auf der ganzen SPÖ-Groteske betrachten.
Insgesamt zeige diese ganze Entwicklung, wie notwendig die FPÖ als soziale Heimatpartei für Österreich
sei, meinte Strache. Mit Faymann werde der soziale Winter in dieser Republik noch frostiger. Die FPÖ sei das
einzige Gegenwicht und kümmere sich um die Interessen und Sorgen der österreichischen Bevölkerung. |