TU-Forscher sind Mechanismen der heimtückischen Krankheit auf der Spur
Darmstadt (idw) - Wissenschaftler der TU Darmstadt haben gemeinsam mit Forscherkollegen von der Mayo
Clinic, der Harvard Medical School und drei weiteren Universitäten Forschungsergebnisse erzielt, die insbesondere
für die Therapie der Alzheimer-Krankheit von großer Bedeutung sein könnten.
Ihre Ergebnisse stellen sie in einer Veröffentlichung in der morgen erscheinenden Ausgabe von Nature, einer
der renommiertesten naturwissenschaftlichen Fachzeitschriften weltweit, vor. Den Wissenschaftlern ist es gelungen,
die Regulationsmechanismen so genannter Sekretasemodulatoren aufzuklären, die die Produktion der im Gehirn
von Alzheimerpatienten im Krankheitsverlauf abgelagerten Peptide verringern. Von der TU Darmstadt waren Prof. Dr.
Boris Schmidt und Dr. Rajeshwar Narlawar vom Clemens-Schöpf-Institut für Organische Chemie und Biochemie
an den Forschungen beteiligt.
Diese sogenannten Amyloid beta-Peptide bilden sich durch die falsche Spaltung eines Proteins (APP, Amyloid Precursor
Protein), das durch mehrere Enzyme - so genannte Sekretasen (alpha, beta, gamma)- in kleinere Bruchstücke
geschnitten wird. Der Schnitt der gamma-Sekretase führt schließlich zur Freisetzung von Amyloid beta-Peptiden
unterschiedlicher Länge, unter anderem das aus 42 Aminosäuren bestehende Peptid Abeta42, das als besonders
krankheitsfördernd gilt.
In gemeinsamen Experimenten mit Thomas Kukar und Todd E. Golde von der Mayo Clinic/Florida konnten die Darmstädter
Forscher die Bindungsstelle und damit die Wirkweise von Tarenflurbil, einem Abeta42-senkenden gamma-Sekretasemodulator
sowie von Fenofibrat, einem Abeta42-erhöhenden gamma-Sekretasemodulator, identifizieren. Dabei zeigte sich,
dass diese Substanzen nicht wie bisher angenommen direkt an das Enzym binden, sondern an das Substrat, also an
APP bzw. Abeta. Diese ungewöhnliche Substratanbindung verändert schließlich das Schnittmuster des
Enzyms und führt zu einer veränderten Freisetzung von Abeta42.
Dieses Ergebnis könnte nicht nur für die Alzheimer-Therapie von großer Bedeutung sein, sondern
für alle biochemischen Prozesse, bei denen in der Membran schneidende Proteasen beteiligt sind. Eine überraschende
Erkenntnis aus der Sicht der Medizinischen Chemie ist zudem, dass die Wirkstoffe eher wasserunlöslich sein
sollten, was jedoch eine Verabreichung in Tablettenform erschwert.
Originalpublikation: Thomas L. Kukar, Thomas B. Ladd, Maralyssa A. Bann, Patrick C. Fraering, Rajeshwar Narlawar,
Ghulam M. Maharvi, Brent Healy, Robert Chapman, Alfred Welzel, Robert W. Price, Brenda Moore, Vijayaraghavan Rangachari,
Bernadette Cusack, Jason Eriksen, Karen Jansen-West, Christophe Verbeeck, Debra Yager, Christopher Eckman, Wenjuan
Ye, Sarah Sagi, Barbara A. Cottrell, Justin Torpey, Terrone L. Rosenberry, Abdul Fauq, Michael S. Wolfe, Boris
Schmidt, Dominic M. Walsh, Edward H. Koo & Todd E. Golde, Substrate-targeting-secretase modulators, Nature
2008, 453, 7197, doi:10.1038/nature 07055. |