Einer Gruppe von MolekularbiologInnen mit Beteiligung der Technischen Universität (TU) Wien
gelang es den genetischen Code des Schimmelpilzes Trichoderma reesei zu entschlüsseln
Wien (tu) - Während des zweiten Weltkrieges wurde auf den Salomon-Inseln im Südpazifik
ein Pilz entdeckt, der Baumwolle, beispielsweise die Kleidung und Zelte der Soldaten auffraß. Aufgrund dieser
seltenen Eigenschaft wird Trichoderma reesei seit den siebziger Jahren für die Herstellung von Enzymen zum
Abbau von Zellulose eingesetzt. Pflanzenmaterialien bestehen aus Lignozellulose, einer Kombination aus Lignin und
Zellulose. Bei Treibstoffen wie Bioethanol wandeln die Enzyme des Pilzes Zellulose in Glucose (Stärke, Zucker)
um. Dieser Prozess wird in der Industrie zwar bereits eingesetzt, ist jedoch noch verbesserungswürdig. Ziel
wäre es aus pflanzlichen Reststoffen wie Stroh oder Holzreste Biokraftstoffe erzeugen zu können. Professor
Christian Kubicek vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften der TU
Wien: "Bioethanol aus stärkehältigen Lebensmitteln wie Kartoffeln, Mais oder Zuckerrohr ist - nicht
zuletzt wegen der Konkurrenzsituation zum Lebensmittelmarkt - in ein ungünstiges Licht gerückt. Durch
die Entschlüsselung des Genoms von Trichoderma reesei kann dessen Enzymsystem, mit dem Lignozellulose bisher
abgebaut wurde, nun durch Einbringung entscheidender Komponenten aus anderen Organismen verbessert werden."
Das Genom des Schimmelpilzes konnte Kubicek in einer gemeinsamen Arbeit mit Projektassistentin Dr. Monika Schmoll
und zahlreichen weiteren ForscherInnen in der Maiausgabe der Fachzeitschrift "Nature Biotechnology" publizieren.
"Aufgrund der Genomsequenz können wir jetzt feststellen, wie das Enzymsystem des Pilzes für industrielle
Anwendungen verbessert werden kann. Ungewöhnlich ist, dass dieser Pilz ein sehr kleines Genom hat, ungefähr
um 2000 Gene weniger als seine nächsten Nachbarn. Damit liegt also die Idee nahe, aus verwandten Pilzen oder
anderen Organismen zusätzliche Enzyme einzubringen. Dann würde dieser Cocktail, der schon sehr effizient
ist, um weitere Komponenten bereichert, die dann wirklich den Abbau der Lignozellulose beträchtlich verbessern
können", so Schmoll. Der Pilz bildet pro Liter circa 60 bis 70 Gramm an Enzymen. Gelingt es den Zelluloseabbau
mit weniger Material, in einer kürzeren Zeiteinheit und ohne Abfallprodukte zu bewerkstelligen, wäre
dies eine entscheidende Verbesserung.
Mit der Weiterentwicklung des Enzymcocktails soll der großflächigen Produktion von auf Stärke basierendem
Ethanol entgegengewirkt werden. Die Herstellung von Treibstoffen aus Lebensmitteln hat zu Preissteigerungen am
Markt geführt, die Grundnahrungsmittel wie Brot und Reis teurer werden ließen. Der Abbau von Lignozellulose
und die Umwandlung in Glucose auf enzymatischen Weg wären eine Alternative dazu. |