| Mit Ajay Vashee wird erstmals Entwicklungsland-Vertreter Präsident Wien (bmlfuw/aiz) - Agrarrohstoffknappheit und gestiegene Lebensmittelpreise standen im Mittelpunkt
			des 38. IFAP-Weltbauernkongresses, der auf Einladung der polnischen Mitgliedsorganisation Kzrkior von 30.05. bis
			06.06. in Warschau stattfand. Insgesamt 370 agrarische Interessenvertreter aus 70 Staaten nahmen daran teil, darunter
			auch Vertreter von Österreich. Die Lösungsvorschläge der Landwirte im Hinblick auf die Lebensmittelknappheit
			wurden in einer Erklärung zusammengefasst.
 
 Dazu zählen insbesondere Investitionen in die Landwirtschaft, der Aufbau von funktionierenden Wertschöpfungsketten
			und eines funktionierenden Risikomanagements, die Bewältigung des Klimawandels, die Sicherung der Ökosysteme
			sowie der Handel zur Nutzung entstehender Marktpotenziale. Nationalen Programmen unter Einbeziehung der landwirtschaftlichen
			Organisationen wird dabei große Bedeutung beigemessen.
 
 Einfache Lösungen entfalten oft enorme Wirkung
 Zu Beginn des Kongresses unterstrich IFAP-Präsident Jack Wilkinson den Beitrag, den die Landwirte zur Ernährung
			der Weltbevölkerung leisten. Oft könnten bereits einfache Lösungen große Wirkung zeigen. So
			gingen in machen Staaten bis zu 50% der Produktion nach der Ernte wegen ungeeigneter Speichermöglichkeiten,
			Ausrüstung und Infrastruktur verloren. Allein schon die Bereitstellung von Getreideaufbereitungs-Anlagen und
			Silos, um Ratten fern zu halten, könnte die Verfügbarkeit und Qualität der Nahrung dramatisch verbessern,
			so Wilkinson. Auch gelte es, gemeinsam mit den Regierungen eine Strategie für und mit den Landwirten zu entwickeln,
			bei der Produktion und Nahrungsmittelsicherheit im Mittelpunkt stehen.
 
 Der Generalsekretär der Weltmeteorologieorganisation (WMO), Michel Jarraud, betonte in seinem Referat, dass
			90% der Naturkatastrophen hydrologischen Ursprungs seien. Diese Wetterereignisse hätten zumeist verheerende
			Auswirkungen und seien - im Gegensatz zu Dürrekatastrophen - schwer vorherzusagen. Auch sei der in Zusammenhang
			mit Naturkatastrophen stehende wirtschaftliche Schaden in den letzten Jahren stark angestiegen, im Gegenzug könne
			man allerdings heutzutage mehr Menschenleben retten.
 
 Tierisches Eiweiß gewinnt an Bedeutung
 Bernard Vallat, Generaldirektor der Welttiergesundheitsorganisation (OIE), hob die Bedeutung von tierischem Eiweiß
			in der Ernährung hervor. Laut eigenen Angaben rechnet er mit einer Nachfragesteigerung um 50% bis 2020. Weiters
			betonte er, dass der illegale Handel mit exotischen Tieren und der Klimawandel das Risiko für neue Tierkrankheiten
			steigern. Dies sei auch für die Weltbevölkerung von Bedeutung, da 60% der menschlichen Krankheiten auf
			Zoonosen zurückzuführen seien. Ziel der OIE sei auch deswegen die Vorbeuge und Kontrolle tierischer Krankheiten,
			wobei guten Verbindungen zu den Landwirten große Bedeutung beigemessen werde, da diese eine wichtige Rolle
			bei der frühzeitigen Erkennung von Infektionen spielten. In diesem Zusammenhang wurden zwei Positionspapiere
			zu Lebensmittelqualität und -sicherheit sowie zu Tierschutz angenommen.
 
 Klimaschutz und Biodiversität im Blickfeld
 Große Anstrengungen werden seitens der Weltbauernorganisation auch unternommen, um eine stärkere Berücksichtigung
			der Landwirtschaft im Kyoto-Nachfolgeprotokoll zu erreichen. Aufbauend auf den Ergebnissen der Konferenz in Bali
			von Herbst 2007 laufen die Vorbereitungen für die UN-Konferenz in Kopenhagen im Herbst 2009. IFAP-Vizepräsident
			Peter Gaemelke rief zu einer aktiven Beteiligung der landwirtschaftlichen Interessenvertretungen an der laufenden
			Diskussion auf. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass die Landwirtschaft wie die Industrie behandelt werde.
 
 Ähnlich begründet wurde die Beteiligung der Landwirtschaft an der Diskussion rund um die Biodiversität
			(Convention of Biological Biodiversity - CSD). Die Teilnahme von Wilkinson an der CSD-Tagung in Bonn im Mai 2008
			hat dazu geführt, dass das Feld nicht alleine Umwelt-Nichtregierungsorganisationen überlassen wurde.
			Ferner wurde auch zu diesem Thema ein Positionspapier verabschiedet.
 
 Ein weiterer Schwerpunkt des Kongresses waren Biokraftstoffe. Die ebenfalls in einem Positionspapier dargestellten
			Vorteile und Chancen für Landwirtschaft, Wirtschaft, Beschäftigung und den ländlichen Raum, insbesondere
			auch für die jungen Landwirte, wurden hervorgehoben. Biokraftstoffe müssten für Dinge herhalten,
			die ursächlich nichts mit der Verwertung von landwirtschaftlichen Rohstoffen für die Energieerzeugung
			zu tun hätten. Allgemein wurde betont, dass man sich als Landwirt nicht dafür entschuldigen müsse,
			auf dem Markt Gewinne zu erzielen.
 
 Bisher zu wenig in Landwirtschaft investiert
 Dass neuerdings auch die Weltbank die Bedeutung der Landwirtschaft bei der Bekämpfung der Armut und
			des Hungers anerkennt, wurde von den Delegierten als Chance für einen weiterführenden Dialog begrüßt.
			Der Vertreter der Weltbank musste allerdings zugeben, dass bisher nur ein geringer Prozentsatz der Entwicklungshilfegelder
			in die Landwirtschaft investiert wird. Bedauerlicherweise steckten die am meisten von der Landwirtschaft abhängigen
			Staaten zudem nur sehr wenig finanzielle Mittel in Forschung und Entwicklung, hieß es beim Kongress. Mängel
			gebe es außerdem beim Ausbau der Infrastruktur. Erwähnt wurde auch die außerordentliche Produktivität
			Chinas, das im wesentlichen Selbstversorger bei Nahrungsmitteln sei. Demnach ernährt China auf 9% der globalen
			Landwirtschaftsfläche 22% der Weltbevölkerung.
 
 In einer Videokonferenz betonte schließlich der Agrarausschussvorsitzende der WTO-Doha-Entwicklungsrunde,
			Crawford Falconer, dass die wesentlichen Arbeiten zur Vorbereitung politischer Entscheidungen im Bereich Landwirtschaft
			abgeschlossen seien. Problematisch sei allerdings das fehlende Gleichgewicht zu den Verhandlungen beim Marktzugang
			für industrielle Güter. Nicht unerwartet war, dass Falconer die Bedeutung eines Abschlusses der WTO-Verhandlungen
			im Lichte der gegenwärtig unsicheren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beleuchtete.
 
 Neues Präsidium gewählt, weitere Termine
 Weiters wurde mit Ajay Vashee (Sambia) erstmals ein Repräsentant eines Entwicklungslandes zum Präsidenten
			gewählt. Neue Vize-Präsidenten sind Elisabeth Gauffin (Schweden), Raul Montemayor (Philippinen) und Carlos
			Simancas (Kolumbien). Zum Schatzmeister wurde Peter Gaemelke (Dänemark) bestimmt. Für eine weitere Periode
			wurden die 20 Mitglieder des Exekutivausschusses und damit auch der Präsident der LK NÖ, Hermann Schultes,
			bestätigt.
 
 Gaemelke soll auch die IFAP-Konferenz "Climate Change: Farmer's Solutions" organisieren, die für
			27.05.2009 fixiert worden ist. Dabei soll die IFAP-Position bezüglich des Post-Kyoto-Abkommens festgelegt
			werden, die dann beim UN-Klimakongress Ende November 2009 in Kopenhagen einfließen soll. Für den nächsten
			Weltbauernkongress im Jahre 2010 hat die algerische Landwirtschaftskammer eine Einladung ausgesprochen. Eine Entscheidung
			darüber soll bei der Sitzung des Exekutivausschusses fallen, die von 11. bis 13.11.2008 in Canberra stattfindet.
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