In Österreich begann die Getreideernte – Flut und Dürre in USA sowie Ölpreis befestigen
Notierungen
Wien (bmlfuw(aiz) - In Österreich begann gegen Ende der vorigen Woche die Getreideernte. Wie
üblich starteten die Mähdrescher mit dem Einbringen von Wintergerste im Süden und Südosten
von Wien - im Wiener Becken und auf der Parndorfer Platte. Qualität und Erträge seien zufriedenstellend,
heißt es, im Wiener Becken seien sogar Hektarerträge bis zu 60 dt erzielt worden. Mittlerweile soll
der Gerstendrusch im Burgenland schon ziemlich weit fortgeschritten sein.
Dank deutlich höherer Erträge an diesen sonst oft von Misserträgen heimgesuchten Trockenstandorten
auf extrem leichten Böden und dank Nachfrage von Viehhaltern im Voralpengebiet und südlich des Alpenhauptkammes
entwickelte sich auch rasch ein Marktgeschehen. Landwirte berichten von Erzeugerpreisen ab Feld von EUR 140,- bis
150,- pro t exkl. MwSt. und auch auf Großhandelsstufe haben sich schon Preise gebildet.
Die Wiener Börse für landwirtschaftliche Produkte notierte am Mittwoch dieser Woche erstmalig Futtergerste
der Ernte 2008. Mit EUR 153,- bis 163,- pro t weist die Notierung ein breites Preisband aus. Dieses bringe laut
Beobachtern die immer noch herrschende Unsicherheit in der Branche über die generellen Preistrends 2008/09
und einen härteren Preispoker als im Vorjahr zum Ausdruck. Man habe sich etwas mehr erwartet, berichten Landwirte.
Andererseits merken Beobachter auch an, dass diese ersten Gerstenpartien unter relativ hohen Frachtkosten zu marktfernen
Abnehmern gingen und auch Spekulation des Erfassungshandels mit im Spiel sei. Die Erstnotierung 2008 liegt daher
am unteren Rand des Preisbandes spürbar unter der Erstnotierung 2007 von damals EUR 148,- bis 152,- pro t.
Dafür kam die Ernstnotierung heuer eine Woche früher als 2007 zustande.
Die Weizenernte scheint sich wegen der unbeständigen Witterung dagegen nach hinten zu verschieben und nicht
vor Mitte Juli einzusetzen. Die Preisbildung dürfte auch hier schwierig werden, da niemand weiß, wie
weit die jüngste Preisbefestigung am Weltmarkt im weiteren Saisonverlauf von Dauer sein wird. Die Unwetter
der letzten Tage verursachten in Niederösterreich entlang der Donau Lagerfrucht und zerstörten etliche
Maiskulturen. Das nördliche Wein- und Waldviertel blieb von den Unwettern zwar verschont, klagt dagegen eher
über Trockenheit.
Flut und Dürre in USA sowie Ölpreis befestigen Notierungen
Nach der Flutkatastrophe im Corn Belt der USA (Maisanbaugürtel) erreichten die Maisnotierungen an der CBOT
in Chicago diese Woche neue Allzeit-Höchststände. Dies beflügelt weltweit auch die Weizennotierungen.
Viel Energie verleiht den internationalen Getreidenotierungen weiterhin auch der extrem hohe Erdölpreis. Die
Überflutungen im Corn Belt der USA und gleichzeitige Rekord-Hitze und Trockenheit im Westen der Vereinigten
Staaten hätten nach Angaben des American Farm Bureaus (AFP) Schäden an der Ernte 2008 im Ausmaß
von USD 8 Mrd. (EUR 5,1 Mrd.) angerichtet. Exzessiver Regen behindert auch die Weizenernte und schmälert die
Qualität. Sorgen machen sich die Weizenproduzenten weiterhin auch in Australien und Argentinien wegen Trockenheit
sowie Maisproduzenten in Brasilien um Fröste. Weiters soll der Nahe Osten eine enttäuschende Weizenernte
einfahren und noch mehr importieren müssen. In Europa klagt der Ostseeraum von den neuen deutschen Bundesländern
über Polen bis ins Baltikum über Trockenheit. Generell wird aber hier eine ebenso größere
Ernte erwartet wie im Schwarzmeerraum, wo die Zeichen auf besonders große Zuwächse stehen.
Das ukrainische Landwirtschaftsministerium rechnet etwa 2008/09 mit Getreideexporten von 13,5 bis 14 Mio. t. Dies
ist eine gewisse Steigerung gegenüber der bisherigen Prognose von 13,5 Mio. t. Diese Werte sollten erreicht
werden, wenn die Getreideernte wie erwartet nicht kleiner als 40 Mio. t ausfallen würde, erläuterte Landwirtschaftsminister
Jurij Melnik gegenüber der Presse in Kiew. Dem stehe aber nach seinen Worten bislang nichts im Wege. Auch
die Erntefläche werde sich kaum von der Anbaufläche unterscheiden.
An der euronext.liffe (ehemals Matif) in Paris ging es damit mit den Weizenterminkursen nach einem kurzen zwischenzeitlichen
Abschwung auch wieder spürbar nach oben. Der August-Weizenfuture schloss gestern, Donnerstag, bei EUR 207,-
pro t mit EUR 6,50 im Plus und der für die neue Ernte maßgebliche November-Weizenfutures bei EUR 210,25
pro t mit EUR 5,75 im Plus.
euronext.liffe verteuert Spekulation und Preisabsicherung
Übrigens erhöhte die Clearingstelle der euronext.liffe die sogenannten initial margins (Einschuss der
Handelsteilnehmer beim Eingehen einer Futures-Position als Besicherung der Ernsthaftigkeit der Position beziehungsweise
zur Abdeckung des damit verbundenen Verlustrisikos) für die Kontrakte (je 50 t) von Mahlweizen, Raps und Mais.
So sind beim Eingehen einer Futures-Position pro Weizenkontrakt nunmehr EUR 1.150,- anstatt früher EUR 1.000,-
zu hinterlegen, für Raps EUR 1.850,- anstatt von EUR 1.750,- und für einen Mais-Kontrakt EUR 1.000,-
anstatt von EUR 725,-. Die Verteuerung der Engagements an Warenterminbörsen steigert einerseits die Kosten
für die Teilnehmer am physischen Markt, über den Terminhandel Preise für ihre Ware abzusichern (Hedging)
und verlangt spekulativen Teilnehmern am Futures-Markt wie Hedge-Fonds quasi einen höheren "Wetteinsatz"
für ihre Abschlüsse ab. Dies wird daher als ein Signal gewertet, dass Spekulation erschwert werden soll.
Österreich: Maisnotierungen ziehen deutlich an
Einen ziemlich deutlichen Sprung nach oben um EUR 9,50 pro t machte diese Woche die Notierung für Futtermais
der Ernte 2007 an der Wiener Produktenbörse auf EUR 192,50 pro t im Mittel des Preisbandes. Marktbeobachter
sehen dies in Linie mit der internationalen starken Befestigung der Maiskurse ausgehend von den USA. Der August-Maisfutures
an der euronext.liffe schloss gestern, Donnerstag, etwa bei EUR 216,- pro t, um EUR 4,25 im Plus. Diese Befestigung
des Maispreises habe bei den Lagerhaltern, die dem Vernehmen nach noch auf ordentlichen Mengen aus der Ernte 2007
sitzen sollen, doch umgehend Bewegung und Abgabebereitschaft ausgelöst. Die Nachfrage im Inland werde zurzeit
vor allem vom Bedarf in der Fütterung getragen, heißt es, sie sei aber nicht allzu rege.
Dennoch bleiben die Maisnotierungen in Wien nach wie vor hinter jenen an der euronext.liffe zurück. Dort notiert
der Mais zurzeit sogar höher als der vorderste Weizen-Termin. Die Preisdifferenz zwischen Paris und Wien zeigt
offenbar wiederum die Zweiteilung des nur vermeintlich einheitlichen Binnenmarktes in der EU mit einem deutlichen
Gefälle zuungunsten der mit hohen Transportkosten zu den Verbrauchszentren und Seehäfen behafteten zentraleuropäischen
Kornkammer rund um Ungarn. So gab die EU-Kommission aus den geringen Restbeständen in den ungarischen Interventionslagern
am Donnerstag 6.073 t Mais für den Verbrauch am Binnenmarkt zu einem Mindestpreis von nur EUR 178,50 pro t
frei.
IGC revidiert Weizenprognose nach oben und Maisprognose nach unten
In seinem Juni-Getreidemarktbericht revidierte der Internationale Getreiderat IGC mit Sitz in London gestern seine
Prognose für die globale Weizenernte 2008/09 gegenüber dem Mai-Bericht von 650 Mio. t auf 658 Mio. t
nach oben, die für die weltweite Maisernte aber von 763 Mio. t auf 756 Mio. t nach unten. Die Welt soll damit
um gut 8% mehr Weizen einbringen als 2007/08 mit 608 Mio. t, aber um fast 4% weniger Mais als 2007/08 mit 786 Mio.
t. Mit einem auf 634 Mio. t (2007/08: 612 Mio. t) steigenden Weizenverbrauch sieht der IGC eine Erholung der Lagerbestände
am Ende des Wirtschaftsjahres 2008/09 um 24 Mio. t auf 143 Mio. t nach nur 119 Mio. t 2007/08. Beim Mais dürfte
ebenfalls der Verbrauch steigen, sodass sich die Bilanz am Ende von 2008/09 um 25 Mio. t ins Rote dreht und die
Endbestände auf nur 97 Mio. t (Ende 2007/08: 122 Mio. t) abschmelzen.
Die gesamte Getreideerzeugung der Welt 2008/09 prognostiziert der IGC mit 1.711 Mio. t um 1 Mio. t niedriger als
noch im Mai, aber doch deutlich über der Welternte 2007/08 von 1.686 Mio. t. Der Verbrauch soll im Jahresabstand
von 1.689 Mio. t auf 1.711 Mio. t wachsen, sodass sich die Versorgungsbilanz am Ende von 2008/09 gerade auf null
ausgehen und der Lagerbestand der Welt an Getreide unverändert gegenüber 2007/08 bei 274 Mio. t liegen
wird.
EU: Letzte Sitzung des Verwaltungsausschusses Getreide
Zum letzten Mal trat am Donnerstag in Brüssel der Verwaltungsausschuss Getreide der EU in seiner bisherigen
Form zusammen. Ab dem kommenden Wirtschaftsjahr geht der Verwaltungsausschuss Getreide im Gemeinsamen Verwaltungsausschuss
für verschiedene pflanzliche Erzeugnisse auf. Mit diesem Schritt soll die Marktverwaltung durch die EU-Kommission
vereinfacht werden. Der Getreideausschuss hat eine lange Geschichte. Er tagte zum ersten Mal am 09.03.1962. So
wird berichtet, selbst während der "Politik des leeren Stuhls" (Boykott der Teilnahme an EU-Gremien)
des französischen Präsidenten Charles de Gaulle im Jahr 1965 hätten die Franzosen keine Ausschusssitzung
versäumt. In den 46 Jahren sind 2.062 Sitzungen zusammengekommen, in denen die EU ihren Getreidehandel lenkte. |