Auftragsplus der öffentlichen Hand von 26,3 Prozent – Hohe Inflationsrate und niedrige Verkaufspreise
schmälern Ertragslage weiter
Wien (pwk) - Etwas schlechter als im Vergleichszeitraum des Vorjahres präsentiert sich die Konjunkturentwicklung
von Gewerbe und Handwerk. „Wir haben für das 3. Quartal etwas zurückhaltende Erwartungen. Während
in den investitionsgüternahen Branchen sich weiterhin eine positive Entwicklung abzeichnet, verzeichnet der
konsumnahe Bereich einen Rückgang“, betonte der Obmann der Bundessparte Gewerbe und Handwerk, Georg Toifl,
am 30.06. Für das 2. Quartal melden die 29 Prozent der Betriebe in der Konjunkturbeobachtung der KMU
Forschung Austria einen guten und 58 Prozent einen saisonüblichen Geschäftsverlauf. Dass es in den investitionsgüternahen
Branchen derzeit gut läuft, führt Toifl einerseits auf das Auftragsplus der öffentlichen Hand und
andererseits auf die noch gestiegene private und gewerbliche Nachfrage zurück.
Hohe Energie- und Materialpreise bereiten Probleme
„Das relativ hohe Plus von 26,3 Prozent bei den öffentlichen Aufträgen darf aber nicht darüber hinwegtäuschen,
dass sich hier der Auftragsbestand erst wieder an das Ausgangsniveau von 2001 angleicht“, so der Gewerbe-Obmann.
Insgesamt sei die Planbarkeit für die Betriebe besser. Der Vorlauf beträgt rund 14,2 Wochen, also mehr
als drei Monate. „Das ist für die gesamte Disposition sehr wichtig“, so Toifl. Probleme bereiten den Betrieben
aber die stark steigenden Vormaterialpreise und Materialengpässe bei Eisen und Stahl. Vor diesem Hintergrund
sei es für viele Unternehmen noch schwieriger sich an öffentlichen Ausschreibungen zu beteiligen, weil
darin eine Preisgarantie von 12 Monaten verlangt werde, sich aber Energie- und Materialpreise sich in immer kürzeren
Abständen erhöhen. „KMU können diese – auferlegten - Kosten einfach nicht mehr tragen. Eine Regelung
wie es in Amerika mit dem Small Business Act gibt, der 10 bis 15 Prozent der öffentlichen Aufträge an
KMU zwingend vorschreibt, wäre denkbar“, fordert Toifl.
Im Zusammenhang mit der Inflationsentwicklung die wohl in der nächsten Zeit auf über 3 Prozent bleiben
wird und einem Wirtschaftswachstum von etwas über zwei Prozent kommen die Betriebe in eine Schere, die „ihnen
den Kopf kosten kann“, so Walter Bornett, Direktor der KMU Forschung Austria:„Wenn die Preisentwicklung davongaloppiert
und die Verkaufspreise von Gewerbe und Handwerk wie bisher unter der Inflationsrate liegen, ist die Ertragslage
stark gefährdet. Eigentlich müsste nun regulierend eingegriffen werden um wieder in die Nähe einer
Inflationsrate von zwei Prozent zu kommen.“
Beschäftigungssituation im Gewerbe weiterhin gut
Die Beschäftigungssituation im Gewerbe ist weiterhin gut. 75 Prozent der Betriebe melden, dass sie ihren Beschäftigungsstand
halten wollen, 21 Prozent beabsichtigen, Personal einzustellen. Lediglich 4 Prozent befürchten, Personal reduzieren
zu müssen. Im Hinblick auf das Personal von morgen und den bereits eingetretenen Facharbeitermangel bewertete
Toifl im Rahmen der Pressekonferenz das Jugendbeschäftigungspaket, von dem Teile bereits in den vergangenen
Tagen in Kraft getreten sind. Aktuell beträgt die rechnerische Lehrstellenlücke Ende Mai 364, gegenüber
dem Mai des Vorjahres hat sie damit um knapp 40 Prozent abgenommen. Von den rund 120.600 Lehrlingen werden etwa
47 Prozent im Gewerbe ausgebildet.
Gewerbe fordert Berufsorientierung sowie Berufseignungstests
„Mit dem Jugendbeschäftigungspaket wurde die flexible Auflösung der Lehrverträge gemeinsam mit dem
Sozialpartner erreicht. Insgesamt wurde die Lehrlingsförderung auf neue Beine gestellt. Wir hoffen, dass die
Abwicklung der Förderungen durch die Lehrlingsstellen unbürokratisch von statten geht“, so Toifl. Gefordert
wird vom Gewerbe eine Berufsorientierung sowie Berufseignungstests für Schüler von der 3. bis zur 9.
Schulstufe sowie Mindeststandards und eine Lehrvertragsreife bei den Pflichtschulabgängern. |