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Bleiberecht - Urteil des VfGH |
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erstellt am
27. 06. 08
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Betroffene müssen Bleiberecht auch selbst beantragen können
VfGH hebt Bestimmung im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz als verfassungswidrig auf
Wien (vfgh) - Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass jene Bestimmungen im Niederlassungs-
und Aufenthaltsgesetz, die festlegen, dass ein Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen nur "von
Amts wegen" vergeben werden kann, verfassungswidrig sind. Der VfGH legt eine Reparaturfrist von 9 Monaten
fest.
Wie funktioniert das mit Aufenthaltstiteln bisher?
Liegen bei einer Betroffenen/einem Betroffenen keine Asylgründe vor und gibt es auch sonst keine Grundlage
für einen Aufenthaltstitel, sieht das Gesetz vor, dass ausnahmsweise ein Aufenthaltstitel "aus humanitären
Gründen" verliehen werden kann (ein so genanntes Bleiberecht). Die Betroffene/der Betroffene selbst kann
aber keinen Antrag auf einen solchen Aufenthaltstitel stellen. Sie/Er ist davon abhängig, ob die Behörden
selbst tätig werden ("von Amts wegen") und, ob der Innenminister schließlich einem Vorschlag
der Behörden für ein Bleiberecht zustimmt oder nicht.
Was bedeutet jetzt die Entscheidung des VfGH? Was sind die zentralen Aussagen der 14 Verfassungsrichterinnen
und Verfassungsrichter?
- Die Menschenrechtskonvention (EMRK) garantiert mit Artikel 8 das Recht auf Privat- und Familienleben. Das bedeutet
aber nicht, dass jeder die freie Wahl hat, in welchem Staat er sich aufhalten und niederlassen möchte. Im
Allgemeinen ergibt sich daraus kein Recht von Ausländern, sich in einem bestimmten Staat aufhalten zu dürfen.
- Unter besonderen Umständen kann sich aber aus Artikel 8 EMRK die Verpflichtung des Staates ergeben, einer
Ausländerin/einem Ausländer den Aufenthalt im betreffenden Staat zu ermöglichen. Liegen solche Umstände
vor, dann muss dem Ausländer/der Ausländerin ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
- Gerade weil unter besonderen Umständen also ein Rechtsanspruch auf einen Aufenthaltstitel besteht, ist
es im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip verfassungswidrig, dass das Gesetz hier keine Antragsmöglichkeit
des Einzelnen vorsieht.
- Die Entscheidung des VfGH bewirkt, dass nun der Einzelne ein solches Antragsrecht erhält. Die Behörden
müssen über einen solchen Antrag auf Bleiberecht nachvollziehbar entscheiden. Die Entscheidungen sind
letztendlich vom Verfassungs- bzw. Verwaltungsgerichtshof kontrollierbar.
Ist nach wie vor die Zustimmung des Innenministers für ein solches Bleiberecht notwendig?
Diese Bestimmung hat der Verfassungsgerichtshof nicht aufgehoben. Ob im Rahmen des Verfahrens eine Zustimmung
notwendig ist, ist eine behördeninterne Angelegenheit.
Allerdings ist klar festzuhalten: Wird ein - aufgrund der vom VfGH mit der Aufhebung der Worte "von Amts wegen"
geschaffenen Rechtslage - Antrag auf Bleiberecht gestellt und ergibt das Verfahren, dass aufgrund des Artikel 8
EMRK Anspruch auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, hat der Innenminister keinen schrankenlosen Ermessensspielraum
bei seiner Entscheidung. Das Verhalten des Innenministers ist ein Bestandteil der Behördenentscheidung zum
Bleiberecht und somit auch letztendlich von den Gerichtshöfen kontrollierbar.
Muss ein solcher Antrag im Ausland gestellt werden oder kann er im Inland gestellt werden?
Laut Gesetz sind Anträge auf Aufenthaltstitel im Ausland zu stellen. Der VfGH hat jedoch schon im Dezember
2007 entschieden, dass bei Vorliegen besonderer Gründe und Umstände im Sinne des Artikel 8 EMRK die Behörden
eine Inlandsantragsstellung zulassen müssen. Warum gibt es eine Reparaturfrist von 9 Monaten? Die Bundesregierung
hat im Verfahren eine Frist von einem Jahr beantragt. Dies mit dem Hinweis auf einen "umfassenden Bedarf"
an legistischen Neuregelungen für den Fall einer Aufhebung.
Auch der VfGH glaubt, dass nun legistische Vorkehrungen zu treffen sind. Angesichts der bestehenden rechtsstaatlichen
Bedenken, die zur Aufhebung führten, wurde jedoch nur eine kürzere Reparaturfrist von 9 Monaten gesetzt.
Bis zur Reparatur, längstens jedoch bis zum 31. März 2009, bleiben die bisher geltenden Bestimmungen
bestehen.
Zahl der Entscheidung: G 246, 247/07 ua
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Innenministerium: VfGH-Entscheidung ist zu akzeptieren
Entscheidung wird sorgfältig und im Detail bewertet werden, sobald sie vorliegt
Wien (bmi) - Von Seiten des Innenministeriums wird festgehalten, dass Entscheidungen des VfGH natürlich
zu akzeptieren und umzusetzen sind. Eine weitergehende Bewertung werde vorgenommen, wenn die Entscheidung schriftlich
vorliegt und eine sorgfältige und detaillierte Beurteilung vorgenommen werden konnte.
Das Innenministerium hat seine grundsätzlichen Bedenken im Vorhinein geäußert. Durch diese Entscheidung
entstehe ein neuer, zusätzlicher Instanzenzug, der zu einer deutlichen Verzögerung und Verlängerung
von Verfahren führen kann. Es werden von Seiten des Innenministeriums die notwendigen Maßnahmen innerhalb
der vorgegebenen Frist erfolgen. |
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Parnigoni begrüßt VfGH-Entscheidung zu Bleiberecht
Wien (sk) - SPÖ-Sicherheitssprecher Rudolf Parnigoni begrüßt ausdrücklich die
Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, der Teile des humanitären Bleiberechts aufgehoben hat und dass
Betroffene ein Antragsrecht zukommen soll. "Ich bin aber dafür, dass die vom VfGH gewährte neunmonatige
Reparaturfrist nicht ausgenützt wird. Wir können gleich im Herbst die Reform des Bleiberechts beschließen",
unterstrich Parnigoni.
Die Entscheidung des VfGH entspricht dem SPÖ-Konzept, das bereits vor einem Jahr präsentiert wurde. Die
neue Innenministerin sei nun gefordert, umgehend eine Vorlage für ein neues Bleiberecht auszuarbeiten, so
Parnigoni. "Entscheidend ist nun, dass die Betroffenen selbst das Verfahren auslösen können und
nicht nur davon abhängig sind, dass dies von der Behörde getan wird", schloss der SPÖ-Sicherheitssprecher. |
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Donnerbauer: Neue Instanzen bedeuten längere Verfahren
Wien (övp-pk) - "Neue Instanzen bedeuten natürlich längere Verfahren", betont
ÖVP-Justizsprecher Mag. Heribert am 26.06. zur heutigen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) zum
humanitären Bleiberecht: "Wenn jetzt den einzelnen Personen das Recht gegeben wird, selbst Anträge
einzubringen, dann entsteht damit eine neue Instanz". Dies würde den Bemühungen der ÖVP zur
deutlichen Verkürzung der Verfahren klar widersprechen.
"Gerade aus dem VfGH hat es immer wieder Kritik an der Dauer der Verfahren gegeben. Die heutige Entscheidung
bewirkt genau eines: nämlich eine Verfahrensverlängerung", betont Donnerbauer. Es sei gelungen,
die Verfahrensdauer deutlich zu reduzieren. "Die Einrichtung des Asylgerichtshofes sei ein weiterer, sehr
wichtiger Schritt um eine weitere Verkürzung der Verfahren zu erreichen. Binnen einem Jahr sollen die Asylverfahren
abgeschlossen sein", so Donnerbauer. Die Auswirkung der heutigen Entscheidung würde das Gegenteil bedeuten.
"Eine Verlängerung und Verzögerung der Verfahren kann eigentlich nicht im Sinne Österreichs
und der Bevölkerung sein", betont der ÖVP-Abgeordnete. Die tatsächlichen Auswirkungen seien
derzeit nicht abschätzbar. Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes sind natürlich zu akzeptieren
und das Innenministerium wird die notwendigen Schritte setzen. |
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Glawischnig: VfGH-Entscheid zu Bleiberecht Ohrfeige für ÖVP
Wien (grüne) - Der heutige Entscheid des Verfassungsgerichtshofes ist auch ein Erfolg der zehntausend
Menschen, die im vergangenen Herbst für ein Bleiberecht auf die Strasse gegangen sind und für die 13.000
UnterzeichnerInnen der Grünen Bleiberechtspetition. Und es ist eine Ohrfeige für die ÖVP, die bis
zuletzt am Gnadenakt festgehalten hat und sich massiv gegen eine rechtsstaatliche Regelung gestemmt hat. "Nun
ist es endlich klar, dass die Willkür ein Ende haben und jene Menschen ein Anrecht auf ein rechtsstaatliches
Verfahren haben, die schon lange in Österreich leben und hier gut integriert sind", so Eva Glawischnig,
stv. Bundessprecherin der Grünen und 3. Nationalratspräsidentin. |
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Haimbuchner: FPÖ spricht sich gegen humanitäres Bleiberecht aus, da es dem Asylrecht widerspricht
Wien (fpd) - Nach Ansicht des Landesparteiobmann-Stellvertreters der FPÖ Oberösterreich,
NAbg. Dr. Manfred Haimbuchner "hat Innenminister Platter eine letzte Chance, seinen lächerlichen und
inkonsequenten Kurs im Fall Zogaj zu klären, indem er die Weichen für eine Familienzusammenführung
der Zogajs im Kosovo stellt."
Die gesamte Causa sei, so Haimbuchner weiters, beispielhaft für die Scheinheiligkeit der ÖVP. "Ganz
vorne in der Verantwortung stehen Platter und Pühringer. Jahrelang wurden nur Stehsätze und leere Worthülsen
zum Thema Sicherheit von sich gegeben. Gleichzeitig wurde jedoch das Asylrecht von zehntausenden Wirtschaftsflüchtlingen
missbraucht und es entstand ein unglaublicher Rückstand an Asylverfahren", sieht Haimbuchner hier die
letzte Chance für den scheidenden Innenminister. Der FP-Landesparteiobmann-Stellvertreter erneuerte die Forderung
nach einem zweiten seriösen medizinischen Gutachten und die Einleitung der Wiederzusammenführung der
Zogajs im Kosovo. "Immerhin warten dort zwei minderjährige Kinder - offenbar vom Vater verlassen - auf
die Mutter", so Haimbuchner.
"Wenn Platter, der sich angeblich als Hardliner profilieren möchte, diesen Schritt nicht mehr wagt, stellt
sich die Frage, ob die neue Innenministerin Fekter, welche sich gerne als Parteirechte darstellt, mutig genug ist,
den Gesetzen der Republik und den Wünschen der Bevölkerung zu folgen", ist nach Ansicht von Haimbuchner
"andernfalls die Glaubwürdigkeit der ÖVP in Sicherheitsfragen - die ohnehin schon wackelt - endgültig
dahin."
"Von der neuen Innenministerin erwartet sich die FPÖ klare Worte in Bezug auf das humanitäre Bleiberecht,
welches das Asylrecht unterwandert. Da es ein Asylrecht gibt, das den möglichen Schutz vor Verfolgung jeder
Art regelt, ist ein humanitäres Bleiberecht absolut überflüssig", schloss Haimbuchner. |
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Grosz: "Regierung soll BZÖ-6-Punkteprogramm umsetzen"
Wien (bzö) - Nach der VfGH-Entscheidung, Teile des humanitären Niederlassungsrechts aufzuheben,
gibt es nur mehr zwei Möglichkeiten, entweder man schafft das generelle Bleiberecht überhaupt ab oder
die Regierung setzt endlich das BZÖ-6-Punkteprogramm um", meinte BZÖ-Generalsekretär Gerald
Grosz, der diese sechs Punkte erläuterte:
- Der ausländische Staatsbürger hält sich bereits seit mehr als fünf Jahren durchgehend in
Österreich auf, wobei die lange Aufenthaltsdauer durch Behördenverzug verursacht ist.
- Er und gegebenenfalls seine Familienangehörigen beherrschen die deutsche Sprache.
- Er verdient - wenn er arbeiten darf - den Lebensunterhalt für sich und seine allenfalls in Österreich
lebenden Familienangehörigen mit legaler Arbeit bzw. hat das (negativ abgeschlossene) Asylverfahren nicht
mutwillig in Anspruch genommen oder verzögert.
- Er ist unbescholten und es liegen bei keiner Behörde Hinweise darauf vor, dass das familiäre Zusammenleben
nicht den in Österreich herrschenden Normen entspricht.
- Er kommt seinen Verpflichtungen gegenüber dem Staat z.B. im Bereich der Steuerpflicht, der Beitragspflicht
zur Sozialversicherung, der Schulpflicht etc. grundsätzlich ordnungsgemäß nach.
- Die Wohnsitzgemeinde erteilt ihre Einwilligung und bestätigt gegebenenfalls gemeinsam mit der Schule bzw.
dem Arbeitgeber die volle Integration in dem Sinne, dass der Betreffende nicht Teil einer Parallelgesellschaft
ist, sondern z.B. durch Mitarbeit und Mitgliedschaft in gemeinnützigen Vereinen, in denen überwiegend
Österreicher Mitglied sind, praktisch bewiesen hat, dass er auch gewillt ist, sich am gesellschaftlichen Leben
voll zu beteiligen, dass er die gemeinsamen Werte der österreichischen Gesellschaft und die österreichische
Rechtsordnung kennt, diese vorbehaltlos akzeptiert, und auch gewillt ist, diese Haltung seinen Familienangehörigen
weiterzugeben.
"Am Einzelfall kann man diese Punkte rasch einer Prüfung unterziehen. Dadurch kann es auch nicht passieren,
dass man nicht Integrationswillige und Kriminelle im Land behält. Es würden aber diejenigen Familien
in Österreich bleiben können, die gut integriert sind und sich an die Gesetze halten", schloß
Grosz.
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Zach: Humanitäres Bleiberecht darf nicht Willkür der Behörden unterworfen
sein
Wien (lif) - Die Liberalen begrüßen die Entscheidung des VfGH, die Bestimmung, wonach
der humanitäre Aufenthalt nur "von Amts wegen", sprich nur auf Initiative der Behörden, erteilt
werden könne, für verfassungswidrig zu erklären. Die Regierung sei nun aufgefordert eine rechtliche
Basis für ein humanitäres Bleiberecht zu schaffen, welches nicht der Willkür der Behörden unterworfen
ist sondern unter konkret bestimmbaren Voraussetzungen den Betroffenen erteilt werde. " Damit hat die neue
Innenministerin Maria Fekter ihren ersten Arbeitsauftrag erhalten" so Bundessprecher des Liberalen Forums
Alexander Zach. |
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